Rail & Road

So sieht das neue Nachtzugnetz aus, welches die Schweiz gemeinsam mit Deutschland, Österreich und Frankreich ausgehandelt hat. Bild: Infografik Deutsche Bahn

Das europäische Nachtzug-Netz nimmt immer konkretere Formen an

Bis 2024 werden vier neue internationale Nightjet-Verbindungen aufgebaut. Die politische Unterstützung auf internationaler Ebene liegt vor. Das sind die Details dazu.

Travelnews-Leser wissen seit September, dass die Schweizerische Bundesbahn SBB gemeinsam mit ihrem österreichischen Pendant ÖBB die Aufnahme von Nightjet-Verbindungen nach Amsterdam, Rom und Barcelona plant. Dabei soll es nicht bleiben: Ins Auge gefasst wird ein europaweiter Effort im Nachtzugverkehr.

Für dieses Ziel des europäischen Zusammenwachsens über die Schiene braucht es internationale Kooperation. Dazu sollen die bereits erfolgreichen Kooperationen zwischen den vier Bahnunternehmen SBB, ÖBB, Deutsche Bahn (DB) und der französischen SNCF weiter ausgebaut werden. Darauf haben sich gestern (8. Dezember) am Rande der Konferenz der europäischen Verkehrsminister die vier Bahnchefs Dr. Richard Lutz (DB), Andreas Matthä (ÖBB), Jean-Pierre Farandou (SNCF) und Vincent Ducrot (SBB) verständigt. Die ersten konkreten Ergebnisse dieser Ausweitung der Kooperation sind vier neue Nightjet-Linien, die in den nächsten Jahren insgesamt 13 europäische Millionenmetropolen miteinander über Nacht verbinden werden:

  • Dezember 2021: Wien–München–Paris und Zürich–Köln–Amsterdam
  • Dezember 2022: Zürich-Rom
  • Dezember 2023: Wien/Berlin–Brüssel/Paris
  • Dezember 2024: Zürich–Barcelona

Die Erklärung der vier Bahnunternehmen bildet den Auftakt zum Europäischen Jahr der Schiene. Am 1. Dezember hatten sich die Europaabgeordneten des Verkehrsausschusses darauf geeinigt, das kommende Jahr der Stärkung des Schienenverkehrs zu widmen. Ein starkes Schienennetz ist demnach unverzichtbar, um die Klimaziele der EU zu erreichen. Dazu gehört auch ein starkes Nachtzugnetz, das Schlüssel zu einer nachhaltigen und umweltfreundlichen Mobilität ist. Gemeinsam im engen Schulterschluss mit der Politik haben sich die vier Partnerbahnen nun in einem klaren Bekenntnis zum Nachtzug auf eine noch stärkere Zusammenarbeit auf allen Ebenen festgelegt.

Der deutsche Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer erklärte: «Mit unserem Trans-Europ-Express TEE 2.0 und attraktiven Nachtzugangeboten auf der Schiene sind wir künftig in Europa noch klima- und umweltfreundlicher unterwegs. Das ist ein ganz konkretes Ergebnis unseres Schienengipfels und unserer EU-Ratspräsidentschaft.» Das Konzept «TEE 2.0» ist übrigens ein zusätzliches deutsches Konzept. Der ehemalige Trans-Europ-Express (TEE) war eine Zuggattung im internationalen Bahnverkehr, welche von 1957 bis 1987 existierte und danach vom EuroCity abgelöst wurde. Die DB ist Inhaberin der Markenrechte am TEE. Das genannte Konzept sieht einige wenige schnelle Züge vor, die tagsüber europäische Metropolen verbinden sollen.

Peter Füglistaler, Direktor des schweizerischen Bundesamts für Verkehr, sagte seinerseits: «Ich freue mich über diesen international abgestimmten Grundsatzentscheid. Nun haben die Bahnen die nötige politische Unterstützung, um mit attraktiven neuen Angeboten die Kunden zu überzeugen.» SBB-CEO Vincent Ducrot fügte hinzu: «Der Ausbau der internationalen Verbindungen im Tages- und Nachtverkehr auf der Schiene ist für die Schweiz sehr wichtig. Diese Kooperation ermöglicht, unsere Ausbaupläne nun auch schnell umzusetzen. Im Nachtverkehr werden wir so das Angebot ab der Schweiz bis 2024 von sechs auf zehn Linien zu 25 Destinationen ausbauen. Das ist ein sehr wichtiger Beitrag zur Förderung der klimafreundlichen Mobilität.»

Der Nachtzug als Erlebnis-Zug?

Mit Paris, Berlin, Amsterdam, Brüssel, Zürich, Wien und Barcelona werden also mehr europäische Metropolen künftig umweltfreundlich über Nacht mit dem Nightjet verbunden. Doch wie soll das konkret vor sich gehen?

«Komfort ist wichtiger als Geschwindigkeit», sagte Peter Füglistaler hierzu. Werde das berücksichtigt, werde sich auch die Schweiz gerne dem TEE 2.0-Konzept anschliessen, welches bislang eher skeptisch beäugt wird. Es gibt aber auch schon Vorschläge - als erste mögliche Linie unter diesem Label schlug Füglistaler jene von Zürich nach München vor, die mit dem Fahrplanwechsel am kommenden Sonntag aufgewertet wird.

In Bezug auf die Nachtzüge bedeutet dies, dass neues, modernes Rollmaterial gekauft werden muss und Nachtzüge künftig wohl mehr bieten müssen als nur die nächtliche Beförderung zu Tiefpreisen. Hierzu gibt es bereits ein interessantes Konzept namens «NighTrain: Der neue Nachtzug zum Genuss» von Kaspar P. Woker, dem langjährigen früheren Railtour-Direktor, wie Bahnexperte Kurt Metz festhält.

Mehr Züge nach München und Mailand

Wie oben erwähnt, tritt am kommenden Sonntag (13. Dezember) der neue SBB-Fahrplan in Kraft - zeitgleich nimmt die SBB den Ceneri-Basistunnel fahrplanmässig in Betrieb. Die Neue Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT) ist damit nach 28 Jahren Bauzeit fertiggestellt. Die wichtigsten Infos hierzu hat Travelnews bereits publiziert.

Die Flachbahn durch die Alpen bringt neue Angebote, mehr Kapazität und schnellere Verbindungen im nationalen und internationalen Güter- und Personenverkehr. Ebenfalls ausgebaut werden das Angebot zwischen Zürich und München sowie zahlreiche Verbindungen im nationalen Regional- und Fernverkehr.

Mit dem Fahrplanwechsel tritt auch die Kooperation der SBB mit der Schweizerischen Südostbahn AG (SOB) in Kraft. Unter der integralen Fernverkehrskonzession der SBB fährt die SOB neu stündlich alternierend zwischen Basel/Zürich und dem Tessin via Arth-Goldau und über die Gotthard-Panoramastrecke. Aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie erfolgt die vollständige Umsetzung bis Locarno erst ab 5. April 2021. Bis dahin verkehrt die SOB zwischen Basel/Zürich und Bellinzona.

Die SBB wird per Fahrplanwechsel vom 13. Dezember 2020 auch das Gratis-Internet «SBB FreeSurf» auf alle Fernverkehrszüge ausweiten. Das Angebot gilt auch auf den Linien, welche die SOB im Rahmen der entsprechenden Kooperation betreibt. Neben Kundinnen und Kunden von Salt, Sunrise, digitec connect und Quickline profitieren ab Spätsommer 2021 auch Abonnentinnen und Abonnenten von Swisscom von SBB FreeSurf.

(JCR)