Rail & Road

Mit dem Reisebus in die Ferien fahren: Eine beliebte Art zu Reisen, auch an die bevorstehenden Weihnachtsmärkte. Bild: twerenbold.ch

«Wir gehen für die Zeit nach Corona von einem starken Nachholbedarf aus»

Wie geht es den Busreise-Unternehmen und wie gehen sie mit der Planungsunsicherheit um? Speziell auch im Hinblick auf den kommenden Winter eine aktuelle Frage. Travelnews hat bei Busreise-Spezialisten angefragt, und Antworten erhalten.

Travelnews hat bei Busreiseveranstaltern nachgefragt, wie die Situation aufgrund der Corona-Pandemie bei ihnen aussieht, wie die Unternehmen ihr Wintergeschäft 2020/2021 planen und was sie in Zukunft für die Busreisen erwarten. Luigi Massé, Marketing & PM Badeferien bei Ernst Marti AG und André Wilberger, Leiter Twerenbold Reisen AG, haben sich für unsere Fragen Zeit genommen.

Busreiseunternehmen sind, wie andere Outgoing-Reiseveranstalter, stark vom Ausland als Reiseziele abhängig. So ist es folglich gut vorstellbar, dass die Auslastungszahlen für die aktuellen Angebote nicht sehr rosig aussehen dürften. «Zurzeit machen wir 10-15 Prozent unserer Geschäfte, im Vergleich zum Vorjahr 2019. Erfreulich ist jedoch, dass die Auslastung von dem Wenigen was wir anbieten können, zufriedenstellen ist», äussert sich Massé zur aktuellen Auslastung bei den Busreisen von Ernst Marti AG. Auch bei Twerenbold Reisen AG sehen die Auslastungszahlen gut aus: «Die Auslastung bei den Reisen, die wir im laufenden Herbst fahren können, liegt aktuell bei rund 70 Prozent», gibt Wildberger bekannt. Wildberger meinte zudem weiter, dass es auch keine grossen destinationsbezogenen Abweichungen gäbe, da momentan sowieso nur noch Reiseziele angeboten werden, welche maximal einen Grenzübertritt beinhalten.

Auch in der Busreise-Branche ist die Risikoländerliste des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) ein Pferdefuss. So meint Massé zur aktuellen Lage mit den Risikoländern: «Aktuell müssen wir viele Reisen absagen, weil immer mehr Länder auf der Risikoländer-Liste auftreten. Somit haben wir seit ein paar Wochen unser Angebot im europäischen Raum nicht mehr gross ausgeweitet, da schlicht eine komplette Planungsunsicherheit herrscht».

Reduzierteres Angebot für den Winter

Bald ist auch wieder «Christchindli-Märit-Zyt» und die Weihnachtskonzerte in ganz Europa sind auch immer ein gutes Geschäft für die Busreise-Unternehmen. Doch haben schon jetzt einige Weihnachtsmärkte bekannt gegeben, dass sie dieses Jahr nicht stattfinden werden. Wie soll denn mit diesen Unklarheiten überhaupt eine Winterplanung gemacht werden? Wildberger meint zu diesem Thema: «Wir haben für den Winter ein um zirka 40 Prozent reduziertes Angebot aufgelegt, welches Advents- und Festtagsreisen mit dem Reisebus und unseren Excellence Flussschiffen beinhaltet. Wir spüren, dass die Städte die Veranstaltungen in angepasster Form, wenn immer möglich, durchführen wollen.» Jedoch hänge es letztlich von behördlichen Genehmigungen ab, ob eine Veranstaltung stattfinden könne, erklärt uns Wildberger weiter und fügt hinzu: «Wir müssen somit im Moment flexibel bleiben und kommunizieren dies auch.» Auch bei Marti Reisen AG wird trotz der Planungsschwierigkeiten vorausgeschaut: «Wir planen das Eine oder Andere. Angebote welche möglich sein könnten diesen Winter, sind jetzt online gestellt und diese werden wir natürlich auch vorabtreiben. Jedoch stets mit dem Wissen, dass es in einem Monat wieder anders aussehen könnte».

Wie schon öfters erwähnt, werden von den Kunden in solch unsicheren Zeiten gute Stornierungsbedingungen erwartet. Die beiden Busreise-Unternehmen klärten uns auf, dass sie trotz der Corona-Pandemie ihre Bedingungen nicht anpassen mussten. «Wir haben traditionell sehr kundenfreundliche ARVB (Allgemeine Reise- und Vertragsbedingungen). Unsere Busreisen können bis einen Monat vor Abreise ohne Annullationsspesen, lediglich mit einer Bearbeitungsgebühr, storniert werden», sagt uns Wildberger. «Nein, wir mussten die Stornierungsbedingungen aufgrund der Corona-Pandemie nicht anpassen - auch die AGB’s nicht. Der Grossteil der Reisen mussten sowieso wir von uns aus absagen, somit stand für den Kunden fest, dass er 100 Prozent der Reise rückvergütet bekommt. Gab es doch Fälle, bei denen Kunden von sich aus auf eine Reise verzichteten, haben wir versucht so kulant wie möglich zu sein», meint auch Massé.

Medien haben grossen Einfluss auf die Kundschaft

Viel Geduld und Flexibilität sind gefragt bei den Busreise-Unternehmen diesen Herbst und Winter. Und wenn wir die Corona-Pandemie erstmal etwas im Griff haben und wieder mehr und unbeschwerter Reisen können, wie sieht dann das Busreise-Geschäft aus? «Unsere überwiegend landgestützten Reisen liegen im Trend, und wir gehen für die Zeit nach Corona von einem starken Nachholbedarf aus. In der Zwischenzeit bleibt uns – wie allen anderen touristischen Unternehmungen – keine andere Möglichkeit, als situativ mit den Gegebenheiten umzugehen und mit unserer Kundschaft systematisch, sorgfältig und transparent zu kommunizieren sowie entsprechend zu handeln», teilt uns Wildberger mit.

So ist man sich auch bei Ernst Marti AG bewusst, dass das Coronavirus nicht von heute auf morgen verschwinden wird: «In nächster Zeit wird es nur ein Reisen mit Corona geben. So auch weiterhin im Jahr 2021. Wir sind vom europäischen Raum abhängig und wie sich jedes Land hinsichtlich Regeln und Richtlinien entwickelt. Mittelfristig wird die Planungsunsicherheit jedoch bleiben.» äussert sich Massé. Man könne schon auch Schweiz-Angebote machen, jedoch sei das Kerngeschäft von Ernst Marti AG das nähere Ausland. «Bei Busferien ist man eher auf einer Rundreise unterwegs, zu Ortschaften, welche zum Teil auch nicht so gut erschlossen sind. Deshalb sind für uns auch Schweiz-Angebote eher schwierig. Hier ist alles gut vernetzt und man kann sehr schnell einfach auf das eigene Auto oder den Zug umsteigen», ergänzt Massé.

Zudem spielen die Medien eine grosse Rolle, wie sich die Nachfrage entwickeln wird, ist Massé der Meinung: «Wir sind abhängig von den Medien und wie sie das Virus und die Entwicklungen in den kommenden Monaten weiterhin kommunizieren werden. Sie nehmen grossen Einfluss auf unsere Kunden ein, vor allem auf die etwas ältere Generation. Die Lust zum Reisen ist hier, doch ist die Unsicherheit gross.» Nichtsdestotrotz ist Massé zuversichtlich für die Zukunft der Busreisen: «Wir sind zuversichtlich, gerade auch im Hinblick zum aktuellen Thema «Klimaschutz». Dies kann eine Chance für die Busunternehmen sein. Wenn ein Gast in Zukunft ökologischer Reisen will, ist die Busreise definitiv attraktiv. Dies müssen wir als Branche einfach noch besser kommunizieren und das Potenzial ausschöpfen».

(NIM)