Rail & Road

Kann schon mal knirschen: die abenteuerliche Seilbahn auf die Alp Selun. Bild: Swiss-Image / Roland Lichtensteiger

In der Holzkiste oder mit Hightech auf den Berg

Uralt, brandneu; simpel oder technisch höchst aufwändig: diese 15 Schweizer Seilbahnen erfüllen sämtliche Superlative.

Der Betrieb der Schweizer Bergbahnen war wegen der Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus seit Mitte März eingestellt. Jetzt kehrt eine Art Normalität zurück; die meisten Bahnen haben seit dem 6. Juni ihren Betrieb wieder aufgenommen. Nur noch ihre Schutzkonzepte erinnern an die Pandemie. Die Aussichten bleiben bestechend.

Die Historische

Von der Schiffsanlegestelle Giessbach am Brienzersee, Kanton Bern, führt die älteste noch funktionierende Standseilbahn der Schweiz hinauf zum Grandhotel gleichen Namens, das einst von Franz Weber vor dem Abbruch gerettet wurde. Die Standseilbahn, 345 Meter lang und mit einem Höhenunterschied von 104 Metern, wurde 1879 erbaut. www.giessbach.ch

Mit der ältesten noch funktionierenden Standseilbahn zum Grandhotel Giessbach. Bild: Swiss-Image / Markus Bühler

Die Touristische

Sankt Moritz begann seinen Aufstieg als führender Wintersportort 1913 mit der Chantarella-Standseilbahn. Für die Olympischen Winterspiele 1928 wurde die Chantarella-Corvigliabahn gebaut, die erste rein für den Skisport entwickelte Bahn. Im Ortsteil Suvretta wurde 1935 auch der erste Skilift der Schweiz eröffnet. Der Hollywood-Star Douglas Fairbanks senior durchschnitt das Band und benutzte den Lift als erster. Die Sommersaison auf Corviglia beginnt am 27. Juni. www.mountains.ch

Wurde für die Olympischen Winterspiele 1928 gebaut: die Chantarella-Corvigliabahn. Bild: Wikipedia

Die Steile

1926 wurde die Gelmerbahn für den Bau einer Staumauer und der Wasserzuleitung zum Kraftwerk Handeck im bernischen Haslital gebaut. 2001 wurde sie erneuert und für den öffentlichen Betrieb zugelassen. Die Fahrt im offenen Wagen vermittelt Achterbahn-Feeling: Die Bahn weist an der steilsten Stelle eine Steigung von 106 % auf und war bis 2017 Europas steilste Standseilbahn. Dann wurde sie von der Stoosbahn im Kanton Schwyz entthront, die bis zu 110 % steigt – allerdings mit geschlossenen Wagen. www.grimselwelt.ch

Könnte auch im Europapark stehen: die steile Gelmerbahn. Bild: David Birri

Die Schnelle

Die Urdenbahn zwischen dem Hörnli (Arosa) und dem Urdenfürggli (Lenzerheide) ist die schnellste Pendelbahn der Schweiz. Ihre zwei Kabinen für je 150 Passagiere verkehren mit 12 m pro Sekunde oder 43 km/h. Mit 7.6 cm Durchmesser besitzt sie auch die dicksten Seile aller Personenseilbahnen. Die Urdenbahn fährt wieder ab dem 27. Juni. www.arosalenzerheide.ch

Die Urdenbahn fährt schneller als ein Töffli: 43 km/h. Bild: abb-conversations.com

Die Saubere

Die Staubernbahn, eröffnet 2018, verbindet Frümsen, Gemeinde Sennwald, im St. Galler Rheintal mit dem Wandergebiet Alpstein und ist die erste energetisch unabhängige Seilbahn der Welt. Die Elektrizität für den Antrieb stammt aus einer Batterie, die ihrerseits durch die bahneigene Solaranlage und durch Rückgewinnung der Bremsenergie gespeist wird. www.staubern.ch

Gewinnt die Energie von sich selber: die Staubernbahn. Bild: HO

Die Übelriechende

Das Funiculaire gehört zu den Sehenswürdigkeiten Freiburgs – und manchmal auch zu den Riechwürdigkeiten, sozusagen. Denn die 120-jährige Standseilbahn vom Stadtzentrum hinab in die Unterstadt wird mit dem Ballast städtischen Abwassers betrieben, das in der Bergstation eingefüllt und in der Talstation wieder abgelassen wird. Die Bahn ist im Inventar der nationalen Kulturgüter verzeichnet. www.tpf.ch/funiculaire

Das «Funi» in Fribourg verbindet das Stadtzentrum mit der Unterstadt. Bild: fribourgregion.ch

Die Hohe

Der neue «Matterhorn Glacier Ride» auf das Klein Matterhorn oberhalb von Zermatt kann bis zu 2000 Passagiere pro Stunde befördern, und zwar hinauf in die höchste Bergstation der Alpen: Sie wirkt wie ein angeklebtes Riesenvogelnest aus Beton und liegt auf 3820 m.ü.M. (Die Jungfrau-Zahnradbahn fährt «nur» auf 3454 m.ü.M.) Die Bahn besteht aus 25 Kabinen mit je 28 beheizten Sitzplätzen; das Design stammt von Pininfarina. www.zermatt.ch

Der neue «Matterhorn Glacier Ride» auf das Klein Matterhorn. Bild: zermatt.ch

Die Starke

Die Luftseilbahn von der Station Betten der Matterhorn-Gotthard-Bahn im Oberwallis hinauf auf die Bettmeralp auf 1850 m.ü.M. transportiert alles, denn auf die Alp führt keine Strasse. So wird auch der Kehricht-Lastwagen an die 120-Personen-Kabine geschnallt und so hinauf auf die Alp und nach getaner Arbeit wieder ins Tal befördert. www.aletscharena.ch

Auch der Kehrichtwagen wird mit der Luftseilbahn auf die Bettmeralp transportiert. Bild: Swiss-Image / Rolf Wilms

Der Filmstar

Die Luftseilbahn von Mürren im Berner Oberland aufs Schilthorn wurde 1969 weltbekannt: Im Streifen «Im Geheimdienst ihrer Majestät», in welchem George Lazenby zum ersten und einzigen Mal James Bond 007 verkörperte, hatte Gegenspieler Blofeld (gespielt von Telly Savalas) sein Hauptquartier auf dem Berg. Dieser hiess im Film «Piz Gloria». Am Schluss explodierte die Anlage, aber nur filmisch; im richtigen Leben steht sie noch immer, samt dem Drehrestaurant, das sich weiterhin «Piz Gloria» nennt. www.schilthorn.ch

James Bond stand schon auf der Schilthornbahn. Bild: Swiss-Image / Jost von Allmen

Die Grosse

Die Seilbahn von Samnaun auf die Alp Trida auf 2500 m.ü.M. führt ins riesige Skigebiet, das die Engadiner Gemeinde zusammen mit dem österreichischen Ischgl betreibt. Mit Platz für je 180 Passagiere verkehren hier die grössten Seilbahnkabinen der Schweiz. Bei der Eröffnung 1995 waren sie die weltweit ersten mit zwei Stockwerken. Der Beginn des Sommerbetriebs ist für den 16. Juni geplant. www.samnaun.ch

180 Passagiere kann die Samnauner Doppelstockbahn befördern. Bild: Swiss-Image / Josef Mallaun

Die Luftige

Ebenfalls zweistöckig ist die Bahn auf das knapp 1900 Meter hohe Stanserhorn in Nidwalden. Allerdings fahren die Passagiere im oberen Stockwerk oben ohne, denn es handelt sich hier um die weltweit erste Cabrio-Luftseilbahn. Vom Panoramadeck hat man eine unglaubliche Aussicht auf den Vierwaldstättersee und die Berge. www.stanserhorn.ch

Oben ohne aufs Stanserhorn. Bild: Swiss-Image / Christian Perret

Die Trümmlige

Bei der Titlis Rotair oberhalb von Engelberg OW rotieren die Fahrgäste, wie der Name besagt: Von der Zwischenstation Stand hinauf zur Gipfelstation auf 3020 müM sind seit 2014 neuartige Gondeln im Einsatz, die sich während der Fahrt um 360 Grad drehen. So kommt jeder Passagier mindestens einmal in den Genuss der besten Aussichtsposition. Die Bahn fährt wieder ab 4. Juli. www.titlis.ch

Die Titlis Rotair dreht sich um die eigene Achse. Bild: Swiss-Image / Roger Grütter

Die Nostalgische

Die nur 186 Meter lange Jugendstil-Standseilbahn Interlaken–Heimwehfluh wurde 1903 bis 1906 erbaut. Die Bahn mit ihren zwei Kabinen, die sich in der Streckenmitte kreuzen, ist weitgehend im Originalzustand. www.heimwehfluh.ch

War schon vor dem 1. Weltkrieg in Betrieb: die Jugendstil-Standseilbahn Interlaken–Heimwehfluh. Bild: HO

Die Abenteuerliche

Die Seilbahn Selun, erbaut 1911 für den Gütertransport von Alt St. Johann im sanktgallischen Toggenburg auf die Alp Selun auf 1579 müM, ist seit 1986 nach einem Umbau auch für den Personentransport zugelassen. Die Fahrt in einer knirschenden und klappernden, kistenförmigen Holzkabine ist der pure Nervenkitzel. selunbahn.business.site

Kein Platz für Klaustrophobie auf der Seilbahn Selun. Bild: HO

Die Halsbrecherische

Der Schmied Remigi Niederberger aus Dallenwil NW und seine Söhne bauten mehr als 300 Seilbahnen. Einige sind noch in Betrieb, zum Beispiel jene von Obermatt OW hinauf auf die Alp Unter Zingel NW, errichtet 1923. Die zwei Fahrzeuge, die im Wesentlichen aus einer Holzkiste und einem Wassertank bestehen, der gleichzeitig als Rückenlehne für den Passagier dient, stammen von 1931. Der 200-Liter-Blechtank wird in der Bergstation mit Wasser gefüllt und zieht mit diesem Gewicht bei der Talfahrt die zweite Gondel nach oben. Die Geschwindigkeit muss in der Bergstation mit einer Trommelbremse manuell reguliert werden. Die Bahn hat keine Webseite.

Eigentlich für Waren gedacht, aber auch von Pesonen benutzt: die Seilbahn auf die Alp Unter Zingel. Bild: Wikipedia

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