Rail & Road

Bernie Lehmann auf einem der Fraserway-Camper in Westkanada: Der Berner weilt immer mal wieder in der Schweiz, um seine Young Boys zu verfolgen. Bild: Fraserway RV

Was macht eigentlich Bernie Lehmann?

Jean-Claude Raemy

Seit fast genau 25 Jahren ist der Berner Bernie Lehmann beim Motorhome-Unternehmen Fraserway im kanadischen Vancouver tätig und zu grossen Teilen mitverantwortlich für deren Erfolg gerade in der Schweiz. Wir haben uns mit dem Motorhome-Profi und eingefleischten YB-Fan über dessen Anfänge in Kanada und seinen Übernamen unterhalten.

Seit mittlerweile 25 Jahren arbeitet Bernie Lehmann beim kanadischen Motorhome-Unternehmen Fraserway RV in Delta, einem Vorort von Vancouver. Vor fast 27 Jahren war er der Liebe wegen ins ferne Kanada ausgewandert, ist aber stets eng mit der Schweiz verbunden geblieben. Einerseits durch seinen Job, andererseits aber auch durch seine glühende Liebe zum Fussballteam der Young Boys Bern, deren Spiele er trotz der erheblichen Zeitdifferenz von neun Stunden so gut es geht regelmässig verfolgt. Einigen engen Kollegen ist er als «Dr Goalie» bekannt. Warum das so ist, wird im folgenden Interview des Schweizer Branchen-Originals, welches die kanadisch-schweizerische Reisebranche seit Jahren prägt, erklärt.


Herr Lehmann, wie kamen Sie überhaupt nach Kanada und zu Fraserway?

Bernie Lehmann: Im November 1992 bin ich offiziell nach Vancouver ausgewandert und hatte dort zunächst keinen Job. Im Frühjahr 1993 hab ich mich dann auf eine Annonce gemeldet - eine Campervermietungsfirma namens «Canada Campers» suchte einen deutschsprachigen Mitarbeitenden. Ich stellte mich vor und konnte bereits am nächsten Tag mit der Arbeit beginnen - für uns Schweizer ziemlich ungewohnt... Obwohl ich von Campern eigentlich keine Ahnung hatte, merkte ich schnell, dass mir diese Industrie behagt, zumal die Zielgruppe meist Europäer waren und die Geschäftspartner Reiseveranstalter, darunter auch solche aus der Schweiz wie Kuoni, Hotelplan oder die damalige SkyTours.

Nach einem turbulenten Jahr geriet die Firma in arge Nöte, und ich wechselte im August 1994 zu Fraserway RV.  Eigentlich liebäugelte ich mit einem «Beamten-Job», aber Fraserway machte mir ein gutes Angebot und der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte.

In welcher Funktion waren Sie denn angestellt?

Am Anfang war ich als administrativer «Gib Häb Zünd» angestellt, was für mich in Ordnung war: Meine Vielseitigkeit kam voll zur Geltung. Danach war ich im Sales Support/Marketing tätig und habe wesentlich dabei mitgeholfen, Fraserway bekannt zu machen - auch und vor allem in der Schweiz.

Heute ist mein offizieller Titel «Manager Guest Services». Zusammen mit 14–20 Mitarbeitenden bin ich für das Wohl unserer Gäste in Vancouver verantwortlich. Zudem unterstütze und berate ich meine Kollegen und Kolleginnen in all unseren Vermietstationen, wenn es um Kundenbetreuung und das dafür verantwortliche Personal geht. Apropos Personal: Ich rekrutiere jeden Sommer einige Europäer; hier kann ich immer auf die Unterstützung der IST in Zürich und deren Vorsteher, Thomas Jenzer - der ja selber lange im Kanada-Touroperating tätig war -, zählen. Definitiv eine «win-win-Situation». Es eröffnet jungen Menschen die Gelegenheit, eine wichtige Erfahrung im Ausland zu sammeln. Uns wiederum hilft es, den grossen europäischen Kundenstamm optimal zu betreuen.

Was haben Sie eigentlich vor dem Einstieg ins Motorhome-Business gemacht?

Auf meinem Weg zur Matura habe ich nach zwei Jahren Wirtschaftsgymnasium das Handtuch geworfen und stattdessen eine KV-Lehre im Treuhand-Bereich absolviert. Nach einem kurzen beruflichen Gastspiel im Bereich der Mehrwertsteuer habe ich gemerkt, dass die Finanzwelt nicht wirklich mein Ding ist, und bin dann in den Tourismus eingetaucht. Zuerst war ich beim Verkehrsverein Bern, so hiess damals Bern Tourismus. Das war eine sehr gute wie auch sehr intensive Zeit. Unter der damaligen Führung des Berner Urgesteins Wale Rösli ging so richtig die Post ab. Irgendwann wurde es sogar mir zu intensiv und ich wechselte in die Tourismus-Abteilung des Schweizerischen Metall- und Uhrenarbeiter-Verbands, der heutigen UNIA. Nach einer kleinen Auszeit in Kanada ging mir die Destination nicht mehr aus dem Kopf und so landete ich letztlich an der Westküste Kanadas.

«Fraserway rekrutiert jeden Sommer einige Mitarbeitende aus Europa.»

Sie haben das Geschäft von Fraserway mit Schweizer Reiseveranstaltern grundlegend aufgebaut. Wie ging das vonstatten?

Die Schweiz und Schweizer Gäste liegen mir auch heute noch sehr am Herzen und wir haben uns immer als den ehrlichen, bodenständigen und dynamischen Vermieter vermarktet, was Herr und Frau Schweizer immer zu schätzen wussten. «What you see is what you get», so lautete die Devise. Das Ganze ging nicht von heute auf morgen, denn mit Go West und deren Schweizer Geschaeftsführerin Irene Sturzenegger hatten wir  starke «Schweizer Konkurrenz» mit hoher Fahrzeugqualität. Also mussten wir uns über eine besonders hohe Kundenfreundlichkeit und den Fakt, dass Fraserway eine Familien-AG ist und bereits seit 1969 gut im RV-Geschäft unterwegs ist, Marktanteile verschaffen. Was uns auch gelang.

Wie hoch ist eigentlich der Anteil der Schweizer Kunden bei Fraserway?

Wir sind stolz darauf, dass der Kunden-Anteil aus der Schweiz bei rund 15 Prozent liegt. Dies, obwohl einige Schweizer Veranstalter mittlerweile vom «Grossen Kanton» aus gesteuert werden. Wir unterhalten nach wie vor hervorragende Beziehungen mit «kleinen aber feinen» Anbietern wie etwa Para Tours, aber natürlich auch mit grösseren Spezialisten wie Globetrotter, Hotelplan oder Knecht Reisen. Unsere engen persönlichen Beziehungen mit Product Managers bzw. «Decision Makers» wie Bruno Jäger von Hotelplan, Nick Gerber von Globetrotter, Hanspeter Riesen und Wilma Stigter von Para Tours oder Tinu Reber von Schär Reisen - um nur einige zu nennen - helfen da natürlich enorm. Viele unserer Geschäftspartner sind über die Jahre auch persönliche Freunde geworden.

Wie beurteilen Sie das aktuelle Motorhome-Geschäft in Kanada allgemein und bei Fraserway im Besonderen?

Gute Frage. Das Vermietungsgeschäft läuft bei uns gut und sehr beständig, das hat auf der einen Seite mit der relativ sicheren Destination Kanada und dem erschwinglichen Canada-Dollar zu tun und auf der anderen Seite mit unserem Hersteller Adventurer Manufacturing Ltd., welcher jedes Jahr bessere, effizientere Camper baut. Ich muss an dieser Stelle erwähnen, dass Fraserway zu den wenigen Motorhome-Unternehmen gehört, welche vertikal integriert sind. Das heisst, wir stellen Camper her, verkaufen und warten diese; wir verfügen über eines der grössten Ersatzteil- und Zubehör-Lager in Kanada und haben inzwischen 1300 Fahrzeuge an 7 Vermietstationen im Angebot.

Allgemein läuft die Vermietung in Kanada sehr gut, aber die anderen Geschäftsteile haben zwischen 15 und 20 Prozent eingebüsst.

«Wir sind stolz darauf, dass der Kunden-Anteil aus der Schweiz bei rund 15 Prozent liegt.»

Sie sind bekannt als eingefleischter YB-Fan und haben Ihr Büro in Delta mit YB-Wimpeln und -Postern tapeziert. Sie hatten sich eigentlich geschworen, zu einer Meisterfeier nach Bern einzufliegen. Hat das geklappt, jetzt, da YB zwei Mal hintereinander Schweizer Meister wurde?

Die letzten beiden Meisterschaften habe ich leider nicht live in Bern miterlebt, das liess sich leider einfach nicht einrichten. Dafür war ich vor 33 Jahren auf der Neuenburger Maladiere beim damaligen YB-Meistertitel dabei, also stehe ich nicht ganz mit leeren Händen da... So oder so gilt für mich: «YB for ever» und «Ich YB Dich», da gibt's kein Wenn und Aber!

Können Sie denn die Spiele verfolgen?

Am TV bzw. am Computer geht es schon, sofern ich mir es einrichten kann. Wenn ich mir die Spiele nicht live ansehen kann, vertraue ich auf die Jungs von Radio Gelb-Schwarz, die ich auch schon persönlich kennen lernen durfte. Ich habe darüber hinaus das Glück, dass ich in der YB-Administration diverse Leute persönlich kenne. Barbara Schild, Leiterin Betrieb und Projekte bei YB, hat mal bei Fraserway gearbeitet und ist die Zuverlässigkeit in Person, wenn ich mal Tickets benötige, wie etwa im letzten Herbst für das Spiel gegen Valencia. Zudem kenne ich aus meiner eigenen Fussballzeit den aktuellen YB-Sportchef Christoph «Wuschu» Spycher und den Pressechef Albi Staudenmann.

Wann gibt es einen Camper in YB-Farben?

Wer weiss, vielleicht «wrappen» wir einen unserer Camper tatsächlich mal in ein gelb-schwarzes Outfit - spätestens dann, wenn YB ein Trainingslager in Vancouver absolviert. Aber bis dahin ist es noch ein langer Weg.

Warum werden Sie von vielen «Dr Goalie» genannt?

Ich habe selbst einmal das Tor bei den YB-Junioren gehütet; ich bin ganz nahe des damaligen Wankdorf-Stadions aufgewachsen. Spätestens seit Erscheinen des Buchs «Dr Goalie bin Ig» von Pedro Lenz - das inzwischen verfilmt wurde, ein Plakat des Films hängt an der Tür zu meinem Büro - haftet mir der Übername «Dr Goalie» an.

«Dr Goalie bin ig»: Bernie Lehmann mit dem Meister-Leibchen von 2018. YB-Goalie Marco Wölfli lenkte damals einen Penalty an die Tor-Latte, was YB den Sieg sicherte und somit den ersten Meistertitel seit 32 Jahren bescherte. Bild: zVg