Personal-Karussell

Ein Kanadier an der Spitze von Air France-KLM

Air Canada meldete gestern, dass ihr Kadermitglied Benjamin Smith (President Airlines und Chief Operating Officer) seine Kündigung per 31. August 2018 eingereicht habe, weil er die Rolle als CEO bei einer europäischen Airline angenommen habe. Inzwischen ist klar, wohin Smith ab September gehen wird: Er wird CEO bei Air France-KLM.

Smith tritt damit die Nachfolge des vor drei Monaten zurückgetretenen Konzernchefs Jean-Marc Janaillac an. Dieser war abgetreten, nachdem Mitarbeitende einen Gehaltsvorschlag der Firmenspitze in einer Abstimmung ablehnten - Janaillac hatte sein Weitermachen von dieser Abstimmung abhängig gemacht. Seitdem wird Air France-KLM von einem Übergangsteam geführt; bereits kolportierte Namen für die Nachfolge Janaillacs konkretisierten sich nie.

Nun wird also erstmals ein Nicht-Franzose oberster Chef beim französisch-niederländischen Airline-Gespann. Auf ihn wartet eine Herkulesaufgabe: Der monatelange Streit zwischen Arbeitnehmervertretern und Management über die künftige Bezahlung bei Air France ist noch nicht beigelet. Zur Erinnerung: Allein im ersten Halbjahr 2018 kam es dadurch zu 15 Streiktagen, welche den Konzern 335 Millionen Euro kosteten. Nun haben die notorisch kampflustigen französischen Gewerkschaften (die «Intersyndicale» allein bei Air-France umfasst die Gewerkschaften CGT, FO, SUD, SNPNC, Unsa-PNC, CFTC, SNGAF, SNPL, Alter) auch bereits wieder die Ernennung eines nicht-französischen Chefs heftig kritisiert, denn der neue Chef sollte sich ihren Vorstellungen nach über die französische Arbeitskultur im Klaren sein. Sie wollen am 27. August zusammenkommen, um über weitere Schritte zu diskutieren

Dabei bringt Smith einiges mit - primär vor allem Verhandlungsgeschick. Er war der Hauptverhandlungspartner auf Seiten von Air Canada, als es um Anstellungsbedingungen bei deren Low-Cost-Tochter Rouge ging. Er hat bei Air Canada seit 2002 eine blitzsaubere Karriere hingelegt und war massgeblich an der Expansion des globalen Netzwerks der Airline beteiligt. Doch nun muss er in Frankreich Kosten reduzieren und die Operations verbessern und gleichzeitig mit den Gewerkschaften klar kommen, welche bekanntlich sogar vor Gewalt nicht zurückschrecken - man erinnert sich an den Sturm auf die Direktionsbüros im Jahr 2015, als zwei Managern das Hemd vom Leib gerissen wurde und diese sich über einen Zaun vor den Gewerkschaftern in Sicherheit bringen mussten. Smith wird wissen, worauf er sich einlässt. Bonne Chance!

(JCR)