On The Move

Nicole Pfammatter, Ex-CEO von Hotelplan Suisse, machte die SRV-Reise auf dem Rhein mit und genoss die Zeit im Kreis der Reisebranche in vollen Zügen. Bild: TN

«Im ersten Moment zog es mir den Boden unter den Füssen weg»

Reto Suter

Nicole Pfammatter geniesst nach ihrem Abschied von Hotelplan Suisse ihre neu gewonnene Freiheit. Im Interview mit Travelnews spricht die ehemalige CEO über die intensive Zeit nach der Verkaufsankündigung der Migros, ihren emotionalen letzten Arbeitstag, und die Frage, wohin ihr beruflicher Weg sie als Nächstes führen könnte.

Nach 17 Jahren bei Hotelplan Suisse – davon dreieinhalb als CEO – verabschiedete sich Nicole Pfammatter Ende September 2025 von ihrem langjährigen Arbeitgeber. Mit Blick auf die Übernahme durch die Dertour Group hatte die leidenschaftliche Touristikerin für sich entschieden, einen neuen beruflichen Weg einzuschlagen.

Bis zur Generalversammlung des Schweizer Reise-Verbands (SRV) vergangene Woche war sie noch als Verantwortliche für das Ressort «Aus- und Weiterbildung» im Vorstand tätig. Weil sie derzeit keine Funktion in der Touristik ausübt, verzichtete sie auf eine erneute Kandidatur, genoss die SRV-Reise jedoch umso mehr als Teil der Schweizer Reisebranche.

Travelnews sprach mit ihr an Bord über die intensive Zeit nach der Migros-Verkaufsankündigung, ihren emotionalen Abschied in Glattbrugg und darüber, wohin sie ihr beruflicher Weg künftig führen könnte.

Frau Pfammatter, am 30. September 2025 hatten Sie Ihren letzten Arbeitstag bei Hotelplan Suisse. Mit welchen Gefühlen blicken Sie heute darauf zurück?

Nicole Pfammatter: Die letzten Stunden im Unternehmen waren unglaublich emotional. Ich habe einen Rundgang durch den Hauptsitz in Glattbrugg gemacht und mich von allen verabschiedet – und sie sich von mir. Es gab zahlreiche Umarmungen, sehr persönliche Worte, und in meinem Kopf liefen unzählige gemeinsame Erlebnisse wie ein Film ab. Viele Kolleginnen und Kollegen erinnerten an besondere Momente aus unseren 17 gemeinsamen Jahren, was die Abschiede noch intensiver machte. All das in nur zwei Stunden – und doch fühlte es sich an wie eine Reise durch fast zwei Jahrzehnte. Mir wurde noch einmal bewusst, was für ein aussergewöhnliches Team wir waren, wie wir zusammen durch Dick und Dünn gegangen sind und wie viel wir gemeinsam erreicht haben. Dieses Gefühl macht mich rückblickend sehr stolz und dankbar.

Wie hat sich das Management-Team von Ihnen verabschiedet?

Es hatte mich eigentlich zu einem Mittagessen eingeladen, doch wir verweilten lange im Sitzungszimmer, weil plötzlich das gesamte Kader dort versammelt war. Es überraschte mich mit sehr persönlichen Geschenken, die mich tief berührt haben: ein handgefertigtes Kissen mit den griechischen Inseln, meine Lieblingsinsel Symi liebevoll mit einem Herz markiert, dazu ein wunderschönes Buch, Reisegutscheine und viele weitere Aufmerksamkeiten. Besonders überwältigend waren die unzähligen Botschaften und Erinnerungen in den Abschiedskarten.

Wie schwer war der Moment, als sich die Türe am Hauptsitz in Glattbrugg endgültig hinter Ihnen schloss – welche Gedanken gingen Ihnen da durch den Kopf?

Ich hatte mich innerlich lange auf diesen Moment vorbereitet. Mit dem Entscheid, Hotelplan Suisse zu verlassen, war auch klar, dass der 30. September 2025 mein letzter Arbeitstag sein würde. Entsprechend hatte ich alles Schritt für Schritt geregelt: mein Büro geräumt, den Laptop zurückgegeben und die letzten Pendenzen sauber abgeschlossen. Als ich dann tatsächlich hinausging, fühlte es sich erstaunlich stimmig an. Ich konnte diesen Abschied guten Gewissens annehmen, mit dem Bewusstsein, auf eine wunderschöne, prägende Zeit zurückblicken zu dürfen.

«In diesem Moment wurde mir bewusst: Meine Zeit bei Hotelplan geht zu Ende»

Wann fiel der Entscheid, Hotelplan Suisse nach der Übernahme durch Dertour zu verlassen?

Der Entschluss reifte im Sommer, irgendwann im Juli oder August, als sich immer klarer abzeichnete, wie sich die Strukturen und Abläufe unter Dertour verändern würden. In diesem Moment wurde mir bewusst: Meine Zeit bei Hotelplan geht zu Ende. Nach diesen intensiven Jahren wollte ich mir ganz bewusst eine Auszeit gönnen und Raum schaffen für Neues.

Wie sehr gingen Ihnen die anderthalb Jahre der Ungewissheit nach der Verkaufsankündigung der Migros im Februar 2024 an die Substanz?

Als ich Anfang Februar 2024 erfuhr, dass die Migros Hotelplan verkaufen will, zog es mir im ersten Moment den Boden unter den Füssen weg. Ich fragte mich: Warum gibt man ein so starkes, gesundes Unternehmen ohne Not auf? Wir hatten gezeigt, dass wir etwas können, dass wir uns weiterentwickeln, mutig nach vorne gehen und gleichzeitig unsere Wurzeln pflegen. Doch für grosse Grübeleien blieb kaum Zeit. Ich musste sofort wieder funktionieren. Gerade lief die Fespo in Zürich, und dort brauchten die Menschen Orientierung, Zuversicht und jemanden, der ihnen glaubhaft vermittelt: Wir stehen das durch. Nach einer Woche war mir klar: Ich ziehe das durch, bis alles geregelt ist und klar ist, wohin die Reise geht. Mein Motto war: Jetzt erst recht – zeigen wir allen, was in uns steckt.

War es dennoch ein emotionales Auf und Ab in den folgenden Monaten?

Erstaunlicherweise konnte ich emotional gut damit umgehen. Natürlich gab es Herausforderungen, aber ich habe in dieser Zeit unglaublich viel gelernt – über mich selbst, über unsere Mitarbeitenden und über das Unternehmen. Die grosse Frage war: Wie nehmen wir all diese Menschen mit auf eine Reise, deren Ziel völlig ungewiss ist? Manche brauchten vor allem Sicherheit, andere Wertschätzung oder Klarheit. Für mich persönlich war es keine Achterbahnfahrt, eher ein stetiges Wiederholen derselben Botschaften und Haltungen, die in dieser Phase gefragt waren. Was mir jedoch zusetzte, waren die Begegnungen mit Mitarbeitenden, die unter der Unsicherheit litten und echte Angst hatten. Das ging mir nahe – und war der schwierigste Teil dieser anderthalb Jahre.

Nicole Pfammatter auf der Excellence Crown im Gespräch mit Travelnews-Chefredaktor Reto Suter. Bild: TN

Der Integrationsprozess von Hotelplan in die Dertour Group läuft derzeit auf Hochtouren. Beobachten Sie ihn weiterhin aufmerksam – oder haben Sie innerlich bereits Abstand gewonnen?

Ich halte mich gedanklich bewusst zurück. Die Dertour Group hat ihre Pläne und Überlegungen, und es steht mir nicht zu, mich von aussen einzumischen. Ich wünsche mir einfach sehr, dass die gemeinsame Zukunft erfolgreich wird – für all die grossartigen Menschen, die in beiden Unternehmen arbeiten und nun gemeinsam diesen Weg gehen.

«Die Worte von Martin Wittwer und der lange Applaus aus dem Saal haben mich tief bewegt»

Wie geht es Ihnen heute, knapp zwei Monate nach Ihrem Abschied?

(strahlt) Hervorragend! Ich war unglaublich dankbar, dass ich als abtretendes Vorstandsmitglied an der SRV-Reise auf den Excellence-Schiffen teilnehmen durfte. Und ich habe für mich entschieden: Ich lasse mich nicht wiederwählen, weil ich im Moment noch nicht weiss, wohin meine berufliche Zukunft führt. Es wäre nicht richtig, ein solches Amt zu behalten, wenn ich nicht aktiv in der Branche tätig bin.

Und an der SRV-Generalversammlung wurden Sie dann auch noch besonders verabschiedet …

Ja, und das hat mich wirklich berührt. Die Worte von Martin Wittwer und der lange Applaus aus dem Saal haben mich tief bewegt – damit hatte ich nicht gerechnet. Umso mehr habe ich diese Anerkennung geschätzt. Besonders schön war für mich, im Vorstand mit Menschen zusammenzuarbeiten – teilweise auch mit Konkurrenten –, die ich vorher kaum kannte. Diese Begegnungen und der Austausch waren für mich sehr bereichernd.

Viele in der Branche fragen sich: Was macht Nicole Pfammatter seit ihrem Abschied bei Hotelplan? Wie sieht Ihr neues Leben aus?

Ich reise viel, lasse mir aber gleichzeitig bewusst Raum für spontane Begegnungen und kurze Verabredungen. Freunde, Bekannte und langjährige Weggefährten wissen inzwischen: Man kann mich morgens um acht anrufen und spontan auf einen Kaffee oder ein Mittagessen treffen – egal, ob bei mir um die Ecke, im Wallis oder in der Romandie. Ebenso suche ich selbst aktiv den Kontakt zu Menschen, die mir wichtig sind. Diese neu gewonnene Freiheit geniesse ich sehr.

Wie fühlt sich das an – nach so vielen Jahren im «Hamsterrad» der Reisebranche mit Termindruck, Meetings und Abendanlässen?

Am Anfang fühlte es sich an wie Ferien. Mittlerweile ist es mein Alltag – und es tut unglaublich gut. Wenn ich morgens auf mein Handy schaue und nicht gleich 40 neue E-Mails warten, ist das ein völlig neues Lebensgefühl. Es ist befreiend und sehr wohltuend.

«Nach 29 Jahren in dieser Branche liegt es nahe, dass ich dem Tourismus in irgendeiner Form treu bleibe»

Sie erwähnten bereits Ihre Reisen. Wohin hat es Sie geführt – und was steht noch an?

Ich war bereits in Griechenland, auf Madeira, in Rotterdam und in Köln an einer Karnevals-Veranstaltung – all das hätte früher nie zusammen in meinen Kalender gepasst. Demnächst fliege ich in den Oman und mache dort eine Rundreise: Muscat, Wüste, Berge, Oasen und ein paar Tage am Meer. Danach steht Skifahren im Wallis an, später besuche ich Freunde in Mauritius. Und mein persönliches Highlight folgt im Februar: eine Reise nach Uganda und Ruanda – ein Geschenk an mich selbst.

Welche beruflichen Pläne haben Sie für die Zeit nach Ihrem Time-out?

Ich habe mir bei meinem Abschied gesagt: Bis zum 30. November 2025 tue ich beruflich gar nichts und schaue mir auch keine Angebote an. Einige Anfragen sind trotzdem gekommen, doch keine hat mich wirklich gereizt. Ich lasse mir bewusst Zeit, bis ich etwas finde, das sich richtig anfühlt, etwas mit Wow-Effekt.

Bleiben Sie dem Tourismus erhalten?

Grundsätzlich bin ich offen, was meine berufliche Zukunft betrifft. Nach 29 Jahren in dieser Branche liegt es allerdings nahe, dass ich dem Tourismus in irgendeiner Form treu bleibe. Ob Incoming, Outgoing, Transport, Bergbahnen, Freizeit oder Events: Ich möchte mich noch nicht festlegen.

Könnten Sie sich auch eine Beraterrolle vorstellen?

Eigentlich liebe ich das Tempo des Tagesgeschäfts und die Herausforderungen, die es mit sich bringt. Gleichzeitig kann ich mir durchaus vorstellen, beratend tätig zu werden. Im Moment halte ich mir alle Optionen offen.