On The Move
Kommentar «River of Change» – aber bitte ohne zu viel Wellengang
Reto SuterEin Motto wie «River of Change», das der Schweizer Reise-Verband (SRV) für seine diesjährige GV-Reise gewählt hat, verpflichtet. Es weckt Erwartungen an Erneuerung, Mut und zukunftsorientierte Entscheidungen.
Soll man dann gleichzeitig einen 65-jährigen, der schon viele Jahre im Gremium sitzt, für weitere drei Jahre in den Vorstand wählen? Eine legitime Frage, die Barbara Wohlfarth, Inhaberin von Reisecocktail, im Vorfeld der GV stellte. Und mehr noch: eine notwendige.
Denn, und das unterscheidet sie von manch anderem Kritiker, der bei André Lüthi gerne auch persönliche Ressentiments mitschwingen lässt: Wohlfarth stellt Fragen aus Prinzip, nicht aus Neid und Missgunst. Als engagierte Branchenstimme legt sie den Finger dorthin, wo es wehtut – und genau das braucht eine Branche, die sich erneuern will.
Verpasste Chance für echte Erneuerung
Rund um die GV wurde viel über Lüthis Wiederwahl diskutiert, aber an der Generalversammlung selbst war davon wenig zu spüren. Keine Wortmeldungen, keine Debatte, keine hörbaren Gegenstimmen.
Auch ein stilles Votum per Stimmzettel war nicht möglich. SRV-Präsident Martin Wittwer entschied sich, vom Protokoll abzuweichen, und liess André Lüthi per Applaus wiederwählen – ein loyaler Schutzschirm für den geschätzten Kollegen, aber kaum ein Beitrag zu Transparenz und innerer Erneuerung.
Dabei ist klar: Lüthi wäre auch bei einer ordentlichen Wahl gewählt worden. Vielleicht nicht mit dem Maximalresultat, aber mit überzeugender Mehrheit. Als Verantwortlicher für das Ressort «Politik» ist er aufgrund seines Netzwerks und seiner Erfahrung derzeit schlicht die beste Wahl.
Ist die Aufregung also ein Sturm im Wasserglas? Nein. Sie legt vielmehr offen, was der Verband zu lange vor sich hergeschoben hat: Nachfolgeplanung, Nachwuchsrekrutierung, Verjüngung. Ein Verband, der darüber sinniert, wie Reisebüros gute Nachfolgelösungen schaffen, sollte bei sich selbst mit gutem Beispiel vorangehen.
Lüthi kündigt an, in den kommenden zwei Jahren eine Nachfolgelösung aufzubauen – der Name sei bereits im Kopf. Ob zwei Jahre reichen, ist fraglich. Umso spannender wird sein, wer dereinst in seine grossen Fussstapfen tritt.
Eines aber steht fest: Wer Wandel predigt, muss ihn auch leben. Sonst bleibt der «River of Change» ein hübsches Bild – und kein Kurs für die Zukunft.