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Sechs Antworten zum Weko-Dämpfer in der Reisebranche
Reto SuterDie Eidgenössische Wettbewerbskommission (Weko) steht auf die Bremse – und plötzlich ist alles wieder offen. Der geplante Verkauf grosser Teile der Hotelplan-Gruppe von der Migros an die Dertour Group schien nur noch Formsache. Doch diese Woche schlug die Weko Alarm: Die Transaktion wird vertieft geprüft.
Der Grund: Laut den Wettbewerbshütern besteht der Verdacht auf eine mögliche marktbeherrschende Stellung. Zusammen würden Hotelplan und Dertour Suisse zum grössten Reiseveranstalter der Schweiz. Travelnews beleuchtet sechs zentrale Fragen zur vorläufigen Bremse für den Mega-Deal.
Wie überraschend kam die vertiefte Prüfung der Weko?
In der Reisebranche gehen die Einschätzungen zur vertieften Prüfung weit auseinander. Während einige Stimmen betonen, es sei von Beginn an absehbar gewesen, dass die Weko hier besonders genau hinschauen werde, zeigen sich andere überrascht über das Ausmass der Bedenken. Auch die Einschätzung von Peter Georg Picht, Professor für Kartellrecht an der Universität Zürich, liess nicht zwingend darauf schliessen, dass der geplante Deal auf eine vertiefte Analyse hinauslaufen würde. Aufschlussreich ist zudem der Blick über die Landesgrenze: Marija Linnhoff, Präsidentin des Verbands unabhängiger selbstständiger Reisebüros (VUSR), äussert sich auf dem deutschen Branchenportal «FVW»: «Die Wettbewerbssituation in der Schweiz ist keineswegs so monopolistisch, dass eine solche Übernahme bedenklich wäre – ganz im Gegenteil: Der Reisemarkt ist vielfältig, und wer sich nur ein wenig mit der Branche befasst, wird sehen, dass genug Konkurrenz vorhanden ist. Diese Verzögerungen durch die Behörden wirken auf mich völlig übertrieben bürokratisch, blockieren unternehmerische Entscheidungen und kosten letztlich alle Seiten nur unnötig Geld.»
Was nimmt die Weko verstärkt unter die Lupe?
Die Untersuchung betrifft vor allem das klassische Reisegeschäft mit den über 150 Reisebüros von Hotelplan und Dertour, wie Weko-Vizedirektor Frank Stüssi auf Anfrage von Travelnews sagt. Im Zentrum der Prüfung steht die entscheidende Frage, ob Selbstbuchungen und Online-Plattformen für Konsumentinnen und Konsumenten als ausreichende Alternativen zu den Angeboten der fusionierten Reiseveranstalter gelten können.
Wann läuft die Frist für die vertieften Prüfung ab?
Die Frist für die vertiefte Prüfung hat laut Frank Stüssi am vergangenen Montag (26. Mai) begonnen. Sie beträgt per Gesetz vier Monate und läuft dementsprechend am 26. September 2025 ab. Bis dann muss ein definitiver Entscheid der Wettbewerbskommission vorliegen.
Könnte die Weko dem Deal nur mit Auflagen zustimmen?
Ja. Frank Stüssi von der Weko sagt dazu: «Sollte der Zusammenschluss zu einer marktbeherrschenden Stellung führen und zugleich die Möglichkeit zur Beseitigung des Wettbewerbs eröffnen, könnte die Weko Auflagen erteilen – oder die Transaktion im Extremfall untersagen. Welche konkreten Auflagen dabei zur Diskussion stehen könnten, lässt Stüssi offen.
Wie häufig schaut die Weko genauer hin?
Von durchschnittlich 30 jährlich geprüften Zusammenschlüssen prüft die Weko einen bis zwei pro Jahr vertieft.
Wie oft untersagt die Weko einen Zusammenschluss?
Seit der Jahrtausendwende hat die Weko drei Zusammenschlüsse untersagt. 2010 verbot die Wettbewerbskommission die geplante Fusion der Telekomanbieter Orange und Sunrise, da das neue Unternehmen zusammen mit der Swisscom eine kollektiv marktbeherrschende Stellung im Mobilfunkmarkt eingenommen hätte. 2017 untersagte die Weko den Zusammenschluss von Ticketcorner und Starticket, da er den wirksamen Wettbewerb im Fremdvertrieb von Tickets beseitigt hätte. 2024 verboten die Wettbewerbshüter die geplante Übernahme des privaten Zustelldienstleisters Quickmail durch die Schweizerische Post, weil sie befürchteten, dass dadurch der Wettbewerb im adressierten Briefmarkt erheblich beeinträchtigt würde.