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Cyberkriminelle haben es neuerdings auch auf Reiseleistungen abgesehen. Bild: Adobe Stock

Fälle von Identitätsklau in der Reisebranche

In der Schweiz ist der Identitätsdiebstahl im Internet ein zunehmendes Problem. Auch Reiseunternehmen sind betroffen und versuchen der Problematik entgegenzutreten.

Ob für Sofas, Kopfhörer, Lebensmittel oder Reiseleistungen: der Online-Handel blüht  – und zieht damit auch immer mehr Cyberkriminelle an. Konnten in den letzten Jahren Kreditkarten-Betrügereien dank verbesserter Sicherheitsschranken deutlich reduziert werden, macht sich das Problem des Identitätsdiebstahls breit.

Cyberkriminelle nutzen dabei Phishing-Angriffe oder gefälschte Profile, um Zugang zu Konten zu erhalten oder persönliche Informationen zu stehlen – um daraufhin unter falschem Namen Waren für sich oder eine Drittperson zu beschaffen. Jüngst kam es bei Hotelplan zu vereinzelten Fällen, wie Travelnews erfahren hat.

Die Betrugsmasche

Auf Anfrage erläutert Björn Eckardt, CFO Finance Switzerland von Hotelplan Group, das Problem: «Wir hatten jüngst mit Betrugsfällen zu tun, es handelt sich dabei aber nicht etwa um ‘unlautere Kunden’, sondern um internationale Cyberkriminelle und Identitätsdiebstahl.» Das Problem stelle sich branchenübergreifend jedem Anbieter, der online auf Rechnung verkaufe.

Denn diesen Ansatz nutzen die Betrüger. Sie kaufen bei einem Händler – zum Beispiel Kopfhörer – mit einer falschen Adresse und falscher Email-Adresse und der Zahlungsoption «Rechnung» ein, fangen dann das Paket im besagten Briefkasten ab. Oder im Fall einer Reise: jene Person, die dann wirklich reist – nennen wir ihn Max Muster – ist zum Beispiel als zweite Person im Dossier erfasst.

Max Muster buchte die Reiseleistung bei einem Online-Reisebüro, sei es im Darknet oder irgendwelchen Foren, und kaufte das einem Betrüger ab, der die Reise bucht.

Abwehr per Auge, Algorithmen und KI

Doch wie kann das einem Händler passieren? Schliesslich gilt es doch erst die Zahlung abzuwarten? «Im Inkasso merken wir das nicht, weil wir die Zahlung zunächst erhalten, die Forderung ist an ein Factoring Unternehmen abgetreten. Und dieses muss dann schauen, wie es an das Geld gelangt», erläutert Björn Eckardt. Hotelplan arbeitet hierzu mit Cembra Pay und zahlt eine Gebühr für die Abwicklung – ein klassisches Factoring, wie das jeder grosse Händler mache. «Im Fall eines Betrugs nimmt der Factor Regress bei uns und der Schaden liegt dann bei uns. Wer aber in keinem Fall zu Schaden kommt, ist der vermeintliche Kunde, jene Person, deren Identität gestohlen wurde, diese Person bleibt schadlos.»

Doch kann ein Anbieter wie Hotelplan diese Problematik überhaupt abwenden? «Uns stehen Möglichkeiten zur Verfügung», erklärt Hotelplans Finanzchef für die Schweiz. «Uns ist es ein Anliegen, solche Fälle frühzeitig zu entdecken. Es gibt Auffälligkeiten bei solchen Buchungen, die erkennen wir und lernen daraus – da ziehen wir auch Künstliche Intelligenz hinzu, um die Überprüfung zu automatisieren. Solche Betrugsbuchungen weisen Gemeinsamkeiten auf. Das können sprachliche Fehler sein oder sonstige Unstimmigkeiten, denn solche Betrüger operieren meist aus dem Ausland. Viele Fälle lassen sich per Auge oder Algorithmen erkennen und ausschliessen. Die wenigen verbliebenen Fälle versuchen wir nun mit Hilfe von KI auszumachen.»

Jüngere Kunden ohne Kreditkarte

Wie im Gespräch mit Hotelplan zu erfahren ist, handelt es sich bei den vereinzelten Betrugsfällen in der Regel um reine Hotelleistungen, meist in hochpreisigen Häusern – bei Flügen funktioniert die Masche wegen des höheren Entdeckungsrisikos kaum.

Das Problem stellt sich also vor allem für einen Online-Anbieter, der grosse Massen an Buchungen abwickelt und es dabei mit Betrügern zu tun hat, die versuchen, sich die automatischen Abläufe zu Nutze zu machen. Beim Ombudsman der Schweizer Reisebranche nachgefragt, ob Fälle von Cyberkriminalität auf seinem Tisch liegen, verneint Ombudsman Walter Kunz. Fügt aber an: «Aus meiner Zeit beim SRV kenne ich die Diskussion noch über jüngere Kunden, die noch über keine Kreditkarten verfügen». Für jüngere Kunden ohne Kreditkarten sei aber nicht nur der Rechnungsablauf eine Option, sondern auch der physische Gang ins Reisebüro, unterstreicht Kunz.

An der Option «Rechnung» hält Hotelplan fest angesichts der nur einzelnen Problemfälle. Angekommen ist die Cyberkriminalität nun auch in der Reisebranche. Und Reiseunternehmen, die im Massentourismus tätig sind, sind gefordert, schon frühzeitig Abwehrmechanismen anzuwenden, wie dies Hotelplan macht.

(GWA)