On The Move

Kommentar Fast zu schön, um wahr zu sein
Reto SuterNach monatelanger Ungewissheit für die Mitarbeitenden von Hotelplan ist es nun offiziell: Die Migros verkauft ihre Reisetochter an die deutsche Dertour Group, während sich Hometogo das Filetstück Interhome sichert. Auf den ersten Blick klingt das wie eine Erfolgsgeschichte – doch ist es wirklich so einfach?
Dass nicht eine anonyme Investorengruppe, sondern ein etabliertes Reiseunternehmen wie Dertour den Grossteil der Hotelplan Group übernimmt, ist zweifellos eine gute Nachricht. Die neue Eigentümerin kennt den Schweizer Markt, war bisher ein direkter Konkurrent und bringt entsprechend Erfahrung mit.
Auch die Mitarbeitenden können vorerst aufatmen, denn laut Dertour soll sich für sie erst einmal nichts ändern. «Wir wollen nachhaltig und profitabel wachsen, dafür brauchen wir die neuen Kollegen, die sehr viel Expertise mitbringen», sagt Ingo Burmester, CEO Central Europe bei Dertour. Ebenso sollen die Filialen weiterbestehen – persönliche Beratung bleibe ein Pfeiler des Geschäftsmodells, so Burmester.
Klingt gut – aber bleibt es so?
So überzeugend die Versprechen klingen, bleibt Skepsis angebracht. Übernahmen haben oft einen kurzfristigen Gewinner, aber nicht selten auch langfristige Verlierer. Denn wo Unternehmen zusammenkommen, entstehen zwangsläufig Doppelspurigkeiten.
Hotelplan und Dertour betreiben zahlreiche Spezialisten-Marken mit ähnlichem Angebot, Filialen existieren teilweise nur wenige Meter voneinander entfernt. Auch im Backoffice-Bereich dürfte Synergiepotenzial vorhanden sein. Und Synergien bedeuten in der Regel: Verschlankung.
Auch wenn aktuell keine Stellenstreichungen geplant sind: In den kommenden Monaten wird es laufende Überprüfungen geben, die zu einer schrittweisen Anpassung führen könnten. Heute bleibt eine Filiale bestehen, morgen ist sie nicht mehr rentabel. Heute wird auf die Expertise der Mitarbeitenden gesetzt, morgen erscheinen die Kosten zu hoch.
Für die Migros ist der Deal eine bequeme Lösung. Sie kann sich mit gutem Gewissen von ihrer Reisetochter trennen, ohne sich Vorwürfe wegen Massenentlassungen anhören zu müssen. Doch ob das Versprechen der Kontinuität hält, bleibt abzuwarten. Fakt ist: Hotelplan gehört nun einem gewinnorientierten deutschen Unternehmen, das nicht aus reiner Nächstenliebe investiert, sondern Profit erzielen will.
Vorerst also ein Happy End – doch das letzte Kapitel dieser Geschichte ist längst nicht geschrieben. Ein wirkliches Fazit wird sich erst in Monaten oder sogar Jahren ziehen lassen. Bis dahin gilt: Es ist fast zu schön, um wahr zu sein.