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«Schade geht Hotelplan nach Deutschland»
Wie fallen die Reaktionen der Schweizer Reisebranche auf den Hotelplan-Verkauf aus? Travelnews hat bei einigen Exponenten nachgefragt und Meinungen eingeholt. Das sind die Statements:
Andrea Beffa, Geschäftsleiterin Schweizer Reise-Verband
«Grundsätzlich bedauern wir den Entscheid der Migros, Hotelplan zu verkaufen. Insbesondere, da Hotelplan ein erfolgreiches Unternehmen mit einem innovativen Management und damit ein wichtiger Player im Schweizer Reisemarkt ist. Doch wir sind überzeugt, dass sich Dertour strategisch mit langfristigen Zielen engagieren wird. Dies war auch damals bei der Kuoni-Übernahme der Fall: Heute zeigt sich, dass der Brand Kuoni gemeinsam mit Helvetic Tours und sämtlichen Spezialisten nicht nur als eigenständige Marken erhalten wurde, sondern sehr erfolgreich mit rund 1000 Mitarbeitenden in der Schweiz tätig ist.
Eine globale Lösung im Volume Touroperating kann durchaus sinnvoll sein und Wettbewerbsvorteile bringen. Dass gewisse strukturelle Veränderungen der Reiselandschaft eintreten werden, kann derweil nicht ausgeschlossen werden. Gemäss einer ersten Stellungnahme von Hotelplan und Dertour werden alle Produkte und Dienstleistungen der Hotelplan Group unverändert weitergeführt, die Marken und Angebote bleiben bestehen, und – aus unserer Sicht ganz wichtig – die Mitarbeitenden und Standorte werden übernommen. Wir hoffen sehr, dass dies auch langfristig der Fall sein wird.»
André Lüthi, CEO Globetrotter Group
«Zuerst mal ziehe ich den Hut vor den Mitarbeitenden und dem Kader der Hotelplan Group. Trotz der unglücklichen Kommunikationsstrategie der Migros-Spitze, was den Verkaufsprozess angeht, haben sie zum grössten Teil dem Unternehmen die Treue gehalten – dies spricht für eine gesunde Unternehmenskultur.
Dass renommierte Beratungsunternehmen die Zukunft und das Heil nur noch im Massengeschäft, in Skalierungen, Synergien und Volumen sehen, ist zu bedauern. Excel-Tabellen wird mehr vertraut als dem gesunden Menschenverstand. Wo bleibt der Unternehmergeist, der Mut der Verwaltungsräte, nicht gleich bei etwas Gegenwind das Heil in Beratungsunternehmen zu suchen? Im Speziellen wenn ein Unternehmen erfolgreich unterwegs ist und eine gewisse Rendite abwirft. Wo bleibt der unternehmerische Mut, ohne Verkauf des Unternehmens die Zukunft zu gestalten? Doch wird die optimale Rendite nicht abgeworfen, dann lieber weg damit – Verantwortung zu übernehmen, die Herausforderungen anzupacken mit einem tollen Management-Team ist eine Tugend, die leider immer mehr verloren geht. Meine Konklusion lautet: Schade geht Hotelplan nach Deutschland.
Das jetzige Versprechen, dass alles so weiterläuft, kann und muss nur so lauten. Doch es ist davon auszugehen, dass mittelfristig Dertour nicht alle seine rund 70 Reisebüros und die rund 80 von Hotelplan weiterführen wird. Aber auch im Touroperating wird es wohl zu Zusammenschlüssen kommen – Dertour will Kosten sparen; ein logischer unternehmerischer Entscheid. Spannend wird auch der Knackpunkt IT – Dertour hat in letzter Zeit ein neues System aufgebaut; lässt man Hotelplan parallel fahren oder wird nicht das ganze IT-System von Hotelplan gebraucht? Und zum Schluss. Die Globetrotter Group als Nummer 4 bleibt in Schweizer Händen.»
Kurt Eberhard, Co-Präsident Travel Professionals Switzerland
«Die Übernahme der Hotelplan Group durch die Dertour Group markiert eine Zäsur in der Schweizer Reisebranche. Durch die Integration in einen grösseren internationalen Verbund eröffnen sich mittelfristig neue Chancen für Innovation und Angebotsvielfalt. Gleichzeitig wird die Marktkonzentration weiter voranschreiten, was sich sowohl auf den Wettbewerb als auch auf die Preisgestaltung auswirken könnte. Für die Vertriebspartner ändert sich in naher Zukunft gemäss Aussagen in den Mitteilungen nichts. Was die längerfristige Perspektive betrifft, erhoffen wir uns ebenfalls Kontinuität, rechnen aber mit betriebswirtschaftlich begründeten Anpassungen in der Organisation und im Produkt- sowie Markenportfolio.
Welche Chancen und Herausforderungen ergeben sich für Reisebüros und Veranstalter? Antwort: Die Auswirkungen eines faktischen Duopols im Schweizer Reisemarktes werden sich erst mittel- bis langfristig bemerkbar machen. Für Reisebüros und Anbieter in der Schweiz wird es entscheidend sein, flexibel auf mögliche Veränderungen in den Vertriebs- und Geschäftsmodellen zu reagieren. Die TPS-Genossenschaft wird diese Entwicklung genau verfolgen und sich weiterhin für stabile Rahmenbedingungen und attraktive Konditionen für ihre Mitglieder einsetzen.»
Deniz Ugur, CEO Bentour Reisen
«Zunächst einmal bringt die nun erwartete und final genehmigte Entscheidung mehr Klarheit vor allem für die Stakeholder von Hotelplan. Doch man kann natürlich nicht ignorieren, dass die Schweiz und damit der Schweizer Reisemarkt dadurch ein weiteres bedeutendes Reiseunternehmen an eine deutsche Muttergesellschaft verliert. Dass das gute Schweizer Management sich auch künftig voll für die Belange der Schweizer Kundschaft einsetzen wird, stelle ich nicht infrage. Strategische Entscheidungen werden aber künftig auch am Wohl der Muttergesellschaft orientiert sein. Das ist nun einmal Part of the Deal und letztlich auch völlig legitim.
Für Reisebüros wird es sicherlich Synergien geben. Auch kann es Vorteile hinsichtlich der Produktabstimmung geben. Die Balance hinsichtlich dem Kräfteverhältnis zwischen Reiseveranstaltern und Reisebüros und den entsprechenden Abhängigkeiten müssen die Unternehmerinnen und Unternehmer in den Reisebüros natürlich für sich neu bewerten. Aus meiner Sicht aber wird das aktuelle Management die hinzugewonnene Marktmacht nicht zu Ihren Gunsten ausnutzen.»
Dominic Eckert, Geschäftsführer Dreamtime Travel
«Die Verlagerung der Gewinne grosser Schweizer Reiseveranstalter ins Ausland schwächt den hiesigen Markt und mindert die Wertschöpfung. Die Konzentration bei internationalen Konzernen dient vor allem den Eignern – nicht aber der Arbeitnehmerschaft, nicht den Konsumentinnen und Konsumenten und nicht der Gesellschaft. Doch das ist der Lauf der Zeit – Bedauern bringt uns nicht weiter. Ein grosser Teil des 08/15-Massengeschäfts im Tourismus ist ohnehin bereits globalisiert. Doch gerade im hochwertigen, massgeschneiderten Tourismus ist das Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft.
Wenn die Grossen grösser werden, werden die Kleinen besser – und genau hier liegen die Chancen. Lokale, innovative Unternehmen können mit persönlicher Beratung, kreativen Angeboten und hoher Servicequalität eine starke Alternative bieten. Entscheidend ist, dass Angebotsvielfalt, Wettbewerb und Servicequalität in der Schweiz erhalten bleiben. Das liegt in unserer Hand.»
Philipp von Czapiewski, Managing Director TUI Suisse
«Der Entscheid schafft Klarheit in der Schweizer Reisebranche und unterstreicht deren Dynamik. Als TUI Suisse und Teil der TUI Group verfügen wir über ein starkes Geschäftsmodell und eine klare Strategie, um Chancen im sich wandelnden Reisemarkt zu nutzen. In den vergangenen Jahren nach der Pandemie konnten wir im Schweizer Markt erfolgreich wachsen und unsere Marktposition ausbauen. Diese positive Entwicklung bestärkt uns darin, uns konsequent auf nachhaltiges Wachstum aus eigener Stärke zu konzentrieren.»