On The Move

Kommentar Fragwürdige Light-Tarife auf der Langstrecke
Gregor WaserSeit bald zehn Jahren gibt's auf Flugstrecken innerhalb Europas Light-Tarife, die bloss noch das Mitführen von Handgepäck vorsehen. Wer ein Gepäckstück bis 20 Kilogramm einchecken will, zahlt deutlich drauf. Bei einem Weekend-Trip nach Berlin oder Mallorca mag ein Light-Tarif vielleicht Sinn machen, wenn nicht viel mehr als die Zahnbürste oder die Badehose im Handgepäck mitgeführt wird.
Die Low-Cost-Airlines Easyjet, Ryanair & Co. haben diese niedrigste Tarifstufe erfunden, die Netzwerk-Carrier von KLM über Iberia bis Lufthansa/Swiss sind mittlerweile aus Konkurrenzdruck alle mitgezogen. Zudem lassen sich diese Tiefpreise ja auch überaus laut in der Werbung verwenden, um Passagiere anzulocken – um diese bei Bedarf für zusätzliches Gepäck draufzahlen zu lassen.
Überteuerte Neuausstellung
Nun greift dieser Trend auch auf die Langstrecke über. Bereits bekannt sind Light-Tarife auf Transatlantik-Flügen mit American Airlines. Jüngst sorgen nun aber solche «Basic»-Tarife von Etihad Airways für Ärger.
Travelnews hat davon gehört und bei diversen Schweizer Reisebüros nachgefragt, denn offenbar geht bei der Buchung dieser Light-Tarife im Reisebüro-System Travelport/Galileo auf den ersten Blick nicht hervor, dass kein Gepäckstück zum Einchecken inkludiert ist. Dabei wäre für zusätzliche 10 Franken pro Strecke ein Tarif inklusive Gepäck verfügbar.
Wenn nun aus Versehen ein Ticket ohne Gepäck ausgestellt wird, zeigt sich Etihad nicht kulant. Auch wenn der Aufpreis für ein Ticket mit Gepäck nur 10 Franken mehr kosten würde, vergibt Etihad keine sogenannten Waiver Codes, um das Ticket spesenfrei oder zu einer erträglichen Gebühr zu annullieren und neu mit Gepäck auszustellen – so wie es American Airlines bei ihren Light-Tarifen handhabt. Mittlerweile haben diverse Reisebüros ADMs (Agency Debit Memos / Nachbelastungen) im drei- und vierstelligen Franken-Bereich erhalten, was für diese mehr als ärgerlich ist.
Offenbar hat Etihad seit letztem Sommer stufenweise auf diese Tarife mit und ohne Gepäck umgestellt. Die betroffenen Reisebüros beklagen, dass Etihad früher stets Tarife in Angebot hatte, die sich mit einer geringen Gebühr umbuchen liessen. Doch dass nun für Dossiers mit zwei Personen über 2000 Franken Zusatzkosten bei einer Ticket-Neuausstellung anfallen sollen, sei eine Frechheit. Der Clinch zwischen Reisebüros und Airline dauert an. Die Antwort auf eine Travelnews-Anfrage, wie die Airline das künftig handhaben werde, ist noch offen.
Auf die Langstrecke ohne Gepäck – wer will das?
Der Konkurrenzdruck zwischen den Airlines ist jedenfalls wieder so gross wie vor der Pandemie, wenn nicht sogar grösser. Auf den vielgebuchten Strecken zwischen Europa und Asien liefern sich europäische, arabische und asiatische Airlines einen harten Preiskampf. Wer in den Suchmaschinen Skyscanner, Kayak und Co. oben aufgelistet werden will, muss Tiefpreise publizieren, sogar solche ohne Gepäck.
Doch geschätzte Airlines, gepäckfreie Tarife auf der Langstrecke sind doch, mit Verlaub, bescheuert. Welcher Passagier geht auf einen zwölfstündigen Flug nur mit Handgepäck? Ein Light Tarif ohne Gepäck macht auf der Langstrecke absolut keinen Sinn. Wenn dann obendrauf noch hohe Annullierungskosten verlangt werden, muss sich die Airline nicht wundern, auch von langjährigen Vertriebspartnern kritisiert zu werden.