On The Move

Sun Express steht in der Kritik: Technische Probleme beim Check-in sorgen für Ärger bei Passagieren und Reisebüros. Bild: Facebook / Sun Express

Sun Express raubt den Schweizer Reisebüros den letzten Nerv

Reto Suter

Chaos beim Check-in, genervte Passagiere und frustrierte Reisebüros: Der deutsch-türkische Ferienflieger Sun Express steht wegen anhaltender technischer Probleme in der Kritik. Schweizer Reiseprofis fordern endlich Lösungen.

Der Online-Check-in bleibt für viele Passagiere von Sun Express eine Herausforderung. Bereits im vergangenen Sommer sorgten technische Probleme mit dem System-Dienstleister und der neu gestalteten Website für Ärger. Viele Reisende mussten auf den Check-in am Flughafen ausweichen, der mit einer Gebühr von fünf Euro verbunden ist.

Diesen bot die Airline zeitweise kostenlos an, um die Unannehmlichkeiten zu mildern. Doch seit der Stabilisierung des Online-Systems im August wird die Gebühr wieder erhoben – obwohl die Schwierigkeiten längst nicht aus der Welt sind.

«Wir bauen unsere Website gerade zu einer Retail-Plattform um», sagt eine Sprecherin von Sun Express gegenüber dem Branchenportal «FVW». «Dafür haben wir grosse Veränderungen im Hintergrund vornehmen müssen, um die entsprechenden technischen Voraussetzungen zu schaffen. Das umfasse unter anderem Schnittstellen zu anderen Systemen.

«Für die auftretenden Probleme können wir uns nur entschuldigen, sind nun aber auf einem guten Weg», so die Sprecherin. Viele Schweizer Reisebüros sind allerdings skeptisch, wie eine Umfrage von Travelnews zeigt.

Reisebüros schlagen Alarm

Bei Jonas Sulzberger vom Reisebüro Sulzberger liegen die Nerven blank, wenn es um Buchungen für Sun Express geht. Nach einem turbulenten Jahr voller Probleme ist der Frust gross. «Ich habe diverse Notfallanrufe bekommen, auch an Wochenenden. In den Schulferien kann man sich mittlerweile darauf einstellen», sagt er auf Anfrage.

Auch Barbara Wohlfarth, Gründerin und Inhaberin von Reisecocktail, ist alles andere als begeistert. Sie erklärt: «Sun Express gestaltet den Online-Check-in so, dass bei vielen Kundinnen und Kunden der Eindruck entsteht, sie müssten für zusammenhängende Sitzplätze extra bezahlen. Beim Check-in werden zunächst kostenpflichtige Sitzplätze zur Auswahl angezeigt, die direkt bezahlt werden können.» Erst wer diesen Schritt bewusst überspringt, erfährt laut Wohlfarth, ob die Familie oder Reisegruppe auch ohne Zusatzkosten nebeneinander sitzen wird.

Jonas Sulzberger ergänzt: «Für die Reisenden ist der Check-in ohnehin schon eine Stresssituation. Werden sie dann durch technische Probleme daran gehindert, den Online-Check-in zu nutzen, bleibt nur der Schalter-Check-in als Option – wo es in einigen Fällen sogar dazu kommt, dass Familien getrennt werden.»

Beatrice Biner, Inhaberin des Reisebüros CTravel, hat derweil radikal einen Schlussstrich gezogen. «Ich tätige bei Sun Express keine Check-ins und Sitzplatzreservationen mehr», so Biner. Sie weise ihre Kundinnen und Kunden bereits bei der Buchung auf die potenziellen Herausforderungen hin. «So können sie bewusst entscheiden, ob sie lieber eine andere Airline wählen oder die fünf Euro pro Person für den Schalter-Check-in am Flughafen in Kauf nehmen möchten – um den Ärger mit dem Online-Check-in und der Sitzplatzvergabe zu vermeiden.»

Reiseprofis fordern mehr Unterstützung

Die technischen Schwierigkeiten von Sun Express haben spürbare Auswirkungen auf die Kundenzufriedenheit und den Arbeitsalltag der Reisebüro-Betreiber. Barbara Wohlfarth von Reisecocktail schildert die Konsequenzen: «Wir hatten Kunden, die uns für komplett unfähig hielten, weil wir nicht in der Lage waren, bei den Check-in-Problemen zu helfen. Wer einen Online-Check-in anbietet, soll bitte auch dafür sorgen, dass dieser funktioniert.»

Für Beatrice Biner von CTravel ist die Situation schlicht untragbar: «Wir haben keine Zeit, stundenlang gratis die Probleme der Airlines zu lösen – und das noch ohne Kommission.» Auch Jonas Sulzberger bringt seinen Unmut klar zum Ausdruck: «Dass wir als Reisebüro die gleichen Telefonnummern wählen müssen wie die Endkunden, ist frustrierend. Der Wille zur Hilfe seitens der Airline ist dabei oft stark begrenzt.»

Barbara Wohlfarth bringt ihre Erwartung an Sun Express den Punkt: «Check-in am Flughafen kostenlos! Ein Helpdesk, das für uns Reisebüros bei Problemen erreichbar ist, und unkomplizierte Hilfestellungen für die Kundinnen und Kunden, wenn der Online-Check-in nicht klappt.» Gerade bei wiederkehrenden technischen Problemen sei es wichtig, dass die Airline schnell und unkompliziert unterstützt – sowohl Kunden als auch Partner.

Auch Jonas Sulzberger sieht Handlungsbedarf, betont jedoch auch die Stärken der deutsch-türkischen Airline: «Eigentlich buchen wir Sun Express gerne. Die Airline bietet Stabilität im Flugplan nach Antalya mit verlässlichen Flugzeiten, und das Onboard-Produkt war aus eigener Erfahrung auch okay.»

Doch er kritisiert, dass die Reisebüros bei Problemen oft ins Leere laufen: «Die grossen Probleme, die wir hatten, konnten wir schlichtweg nirgends bei der Airline deponieren. Dass sie sich bei Flugverspätungen auf die türkischen Fluggastrechteverordnungen berufen und nicht auf die der EU, hilft auch nicht.» Sulzberger wünscht sich, dass Reisebüros als wichtige Partner mehr Anerkennung finden: «Wir möchten als Reisebüro, das über einen Veranstalter Sun Express bucht, sichtbar sein.»

Die Botschaft der Reisebüros ist klar: Ohne konkrete Verbesserungen droht weiterer Unmut – und möglicherweise der Verlust wertvoller Partnerschaften.