On The Move
Offene Fragen zu möglicher Schweizer Lösung bei Hotelplan-Verkauf
Der Countdown läuft: In wenigen Tagen dürfte die Migros bekannt geben, wer den Zuschlag für ihre Reisetochter Hotelplan erhält. Doch eines scheint klar: Für die traditionsreiche Reisegruppe wird die Migros keinen hohen Erlös erzielen. Insider beziffern den möglichen Kaufpreis im «Blick» auf 170 bis 200 Millionen Franken – inklusive 100 Millionen Franken Schulden, die Hotelplan noch beim Migros-Genossenschafts-Bund (MGB) abzutragen hat.
Das «Filetstück» der Gruppe, die profitablen Ferienhaus-Spezialisten von Interhome, wird mit «deutlich über 70 Millionen Franken» bewertet. Damit bliebe für den Rest der Hotelplan Group, die einen Umsatz von 1,7 Milliarden Franken und eine Gewinnmarge von 1,5 Prozent aufweist, kaum ein signifikanter Wert übrig.
Die Migros bevorzugt Berichten zufolge eine Komplettlösung, die ein Konsortium aus Dertour (Tochter der deutschen Rewe Group) und Hometogo bietet. Der Plan: Hometogo übernimmt Interhome, während Dertour Hotelplan und dessen Reisebüros schluckt. Das hätte wohl einschneidende Konsequenzen für viele Mitarbeitende von Hotelplan – unter anderem in den Filialen (Travelnews berichtete).
Statement von Globetrotter-Chef André Lüthi
André Lüthi, Chef der Globetrotter Group, äusserte am Wochenende in einem Beitrag auf der Netzwerk-Plattform Linkedin seine Besorgnis über die Entwicklung. Übernimmt Dertour Hotelplan, wären die drei grössten Reiseunternehmen der Schweiz in deutscher Hand – Hotelplan, Kuoni und TUI», schreibt er.
«Es wäre eine Tatsache, der wir ins Augen schauen müssten – und uns trotzdem fragen; Wie konnte es soweit kommen? Zuerst Kuoni und jetzt Hotelplan», so Lüthi weiter. «Sind wir Schweizer nicht mehr fähig auch mit grossen Tourismus-Unternehmen Geld zu verdienen? Oder reichen uns die bescheidenen EBIT-Margen im Tourismus einfach nicht?»
Weiter fragt sich der Reise-Manager, ob maximale Rendite vor Schweizer Eigengewächs und stolzen Mitarbeitenden kommt. «Die Swiss ist verkauft, Ski-Resorts werden verkauft – ja wo bleibt unser Stolz?», schreibt Lüthi.
Die Globetrotter Group mit ihren zwölf Unternehmen als momentane Nummer 4 (Anm. d. Red. auch die Knecht Reisegruppe sieht sich auf Platz 4) hinter Hotelplan, Kuoni und TUI sei zu 100 Prozent in Schweizer Besitz – und werde es auch bleiben. Für seine Zeilen erhält Lüthi auf Linkedin viel Lob und Unterstützung.
Eine Schweizer Lösung ist eher unwahrscheinlich
Eine Hintertür bleibt. Gerüchteweise soll auch ein Schweizer Family Office um Hotelplan mitbieten. Will da jemand die historische Marke Hotelplan schützen oder das Unternehmen in Schweizer Hand behalten? Eine Schweizer Lösung würde die Folgen für die Hotelplan-Angestellten zweifellos abfedern.
Der Schweizer Ferienreisemarkt scheint derzeit allerdings wenig attraktive Optionen für Investoren zu bieten. Nur wenige vermögende Schweizer mischen in diesem Geschäftsfeld mit – und auch bei Hotelplan zeichnet sich kaum Interesse ab.
Beat Zaugg, Mitbesitzer von Scott Sports und seit 2020 Teilhaber der Berner Globetrotter Group, hat abgewinkt. Milliardär Martin Ebner, Eigentümer von Helvetic Airways, investierte zuletzt vor allem in IT, Pharma und Biotech.
Auch Samih Sawiris dürfte zurückhaltend sein. Sein Engagement bei der mittlerweile insolventen FTI Group hat ihn 200 Millionen Franken gekostet. Die Tessiner Familie Mantegazza, die mit ihrem Unternehmen Group Voyagers auf US-Kundschaft spezialisiert ist, verfolgt ebenfalls andere Prioritäten.
Auch die Stiftung F.G. Pfister, die sich für den Erhalt von Schweizer Unternehmertum einsetzt, hat im «Blick» ein Interesse an Hotelplan dementiert. Thomas Knecht, ehemaliger Chef von McKinsey Schweiz und Eigentümer von Knecht Reisen in Windisch AG, könnte für sein Unternehmen zusätzliche Reisebüros und ein Badeferiengeschäft kaufen. Das erscheint aber wenig realistisch.
Den Mitarbeitenden von Hotelplan wäre es zu wünschen, dass bald Klarheit geschaffen und transparent kommuniziert wird. Gerade in der Weihnachtszeit, die für viele mit Besinnung und Hoffnung verbunden ist, kann die Ungewissheit über die eigene berufliche Zukunft besonders belastend sein. Eine rasche und offene Entscheidung wäre ein Zeichen des Respekts gegenüber den Angestellten.