On The Move

Australien ist bei Schweizer Reisenden im Trend. Viele scheuen keine Kosten für das perfekte Reiseerlebnis in Down Under. Bild: Adobe Stock

Das steckt hinter dem Australien-Boom

Reto Suter

Seit dem Ende der Corona-Beschränkungen sind die Buchungen bei Schweizer Australien-Spezialisten stark gestiegen. Travelnews zeigt, wer am meisten für Australien-Reisen ausgibt, was Schweizer Reisende besonders reizt und wo es noch Herausforderungen gibt.

Travelhouse stimmte eine Lobgesang auf Australien an: Im kommenden Halbjahr zähle Down Under zu den Top-3-Destinationen der Schweizerinnen und Schweizer im Individualreisebereich, frohlockte die Hotelplan-Spezialistenmarke bei einem Ausblick auf die Herbst- und Wintersaison. Für Melbourne gebe es beispielweise über 30 Prozent mehr Buchungen als im vergangenen Jahr (Travelnews berichtete).

Melbourne sei ein idealer Ausgangspunkt für viele Mietwagen- und Campertouren», sagt Valentina Gril, Lead Product Manager Oceania bei Travelhouse, auf Anfrage. «Die Stadt ist ideal gelegen, um Victoria zu erkunden sowie für Reisen nach Südaustralien und in Kombination mit New South Wales und Queensland.»

Die hohe Nachfrage deckt sich mit den Erfahrungen anderer Schweizer Ozeanien-Spezialisten. Und zwar nicht nur für Melbourne, sondern für praktisch ganz Australien, wie eine Umfrage von Travelnews zeigt.

Westaustralien besonders hoch im Kurs

«Australien läuft dieses Jahr sehr gut bei uns», so Dominic Eckert, Inhaber von Dreamtime Travel. «Den grossen Zuwachs verzeichneten wir allerdings bereits im letzten Jahr.» Da seien die Buchungen förmlich explodiert. «Unsere Zahlen für 2024 liegen etwa fünf Prozent unter dem Rekordjahr 2023, womit wir mehr als zufrieden sind.»

Besonders abgelegene Gebiete wie Westaustralien, das Northern Territory und der Savannah Way bis Queensland seien gefragt. «In den letzten zwei Jahren ist zudem die Nachfrage nach Tasmanien stark gestiegen, vor allem bei Wiederholungsreisenden», erklärt Eckert.

Auch Fabio Merki, Geschäftsführer von Ozeania Reisen, zeigt sich zufrieden. «Australien war und ist immer eine gefragte Destination bei Herr und Frau Schweizer», sagt er. Die Nachfrage sei ungebrochen hoch. Besonders Westaustralien erfreut sich grosser Beliebtheit – oft in Kombination mit Tasmanien. Diese Region gilt bei Schweizer Australien-Reisenden als absoluter Trend. Auch Marco Russo von Nova Tours und Valentina Gril von Travelhouse berichten von einer aktuellen Vorliebe für den Westen.

Perth gilt als Tor zu den faszinierenden Landschaften Westaustraliens, das sich zunehmender Beliebtheit bei Schweizer Reisenden erfreut. Bild: Adobe Stock

Bessere Flugverbindungen tragen massgeblich zum Boom bei. «Nach Corona waren die Flugpreise sehr hoch, das hat den Kaufentscheid beeinflusst, besonders bei Familien», erklärt Russo. Inzwischen habe sich die Situation normalisiert.

Valentina Gril von Travelhouse ergänzt: «Die internationale Flugverbindungen wurden nicht nur wieder aufgenommen, sondern auch ausgebaut.» Fabio Merki von Ozeania Reisen streicht heraus, dass es inzwischen auch wieder deutlich Inland-Flüge gebe. Das mache es einfacher, massgeschneiderte Angebote für die Kundinnen und Kunden zu schnüren.

Klotzen statt Kleckern

Besonders erfreulich für die Australien-Spezialisten: Die Schweizer Reisenden knausern nicht. Ganz im Gegenteil. «Oft entscheiden sich die Kundinnen und Kunden für qualitativ hochwertige Hotels, Premium-Camper, und Ähnliches Man gönnt sich gerne etwas Besonderes», erzählt Dominic Eckert von Dreamtime Travel.

Das stellt auch Fabio Merki von Ozeania Reisen fest. Das Reiseverhalten habe sich seit der Grenzöffnung nach Corona dahingehend verändert, dass die Reisenden gewillt seien, den «Extra-Dollar» zu bezahlen, sagt er. «Sie gönnen sich vermehrt Fünf-Sterne-Hotels und luxuriöse Lodges.» Auch bei der Hin- und der Rückreise werde Komfort gross geschrieben. «Die wenigen Sitzplätze in der Premium Economy Class sind sehr beliebt», so Merki. Auch die Business Class sei hoch im Kurs.

Lange Aufenthalte werden ebenfalls immer beliebter. Einige Reisende seien mehrere Monate unterwegs, sagt Valentina Gril von Travelhouse. «Dabei legen sie Wert auf bewusstes Reisen und ‚Slow Travel‘, um Land und Leute intensiver kennenzulernen.» Bei Ozeania Reisen beträgt die durchschnittliche Aufenthaltsdauer vier bis sechs Wochen. Die Zielgruppe reicht von Familien über Paare bis hin zu Singles und Jugendlichen. Dominic Eckert von Dreamtime Travel hat vor allem Babyboomer und Familien als Hauptkunden identifiziert. «Familien nehmen oft ihre Kinder aus der Schule für längere Reisen oder Sabbaticals.»

Wie gut ist die Servicequalität?

Obwohl die Einschätzungen der Australien-Spezialisten in den meisten Punkten übereinstimmen, gehen ihre Meinungen bei einer Frage auseinander: Wie gut ist derzeit die Servicequalität in Australien?

Valentina Gril von Travelhouse findet: «Die Wiederbelebung des Tourismus nach der Pandemie erwies sich aufgrund des Mangels an qualifiziertem Personal teilweise als schwierig. Mittlerweile hat sich die Situation entspannt und der Tourismussektor stabilisiert sich.» Auch Marco Russo von Nova Tours sagt: «Langsam kommt wieder eine gewisse Stabilität in die Situation.»

Dominic Eckert von von Dreamtime Travel lässt durchblicken, dass er nach wie vor nicht restlos begeistert ist von der Servicequalität. Die Situation habe sich zwar etwas entspannt. «Im Vergleich zu anderen Destinationen hat Australien in diesem Bereich aber noch viel Luft nach oben», so der erfahrene Reiseprofi.

Am kritischsten äussert sich Fabio Merki von Ozeania Reisen: «Der Fachkräftemangel ist leider weiterhin deutlich spürbar», bemerkt er. Das zeige sich unter anderem in langen Wartezeiten bei der Übernahme von Motorhomes, unzureichender Sauberkeit in Unterkünften sowie eingeschränkten Öffnungszeiten von Restaurants. «In unseren Beratungsgesprächen machen wir die Kundinnen und Kunden bewusst darauf aufmerksam, um unrealistische Erwartungen zu vermeiden.»

Trotz gelegentlicher Abstriche bei der Servicequalität und teilweise hohen Preisen sind Schweizer Reiseveranstalter überzeugt, dass Australien weiterhin eine gefragte Destination bleibt – und im besten Fall sogar noch weiter zulegen kann.