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Die Problemzonen für Airline-Chefs breiten sich aus. Bild: Adobe Stock

Die Schmerzpunkte des Airline-Managers

Nach einem Goldgräberjahr kehrt bei vielen Airlines Ernüchterung ein. Die aktuellen Herausforderungen türmen sich. Eine Übersicht.

Wo drückt's überall? Läge heute im August 2024 ein Airline-Manager auf der Behandlungsliege, wären zahlreiche Pain Points auszumachen. Dabei war doch nach den Corona-Krisenjahren 2020 bis 2022 vieles wieder gut. Die Einnahmen schossen im letzten Jahr in die Höhe, jeder noch so teure Flugsitz liess sich fast mühelos verkaufen.

In diesem Jahr schwimmen die Felle aber wieder davon. Den Airlines pfeift ein frostiger Wind entgegen. Das sind die zehn Problemzonen:

Gewinn bricht ein

Beispiel Swiss: trotz 12 Prozent mehr Passagieren im ersten Halbjahr 2024, bricht der Gewinn um 22 Prozent ein, von 338 auf 264 Millionen Franken. Beispiel Austrian Airlines: 15 Millionen Euro Plus im Vorjahr, 62 Millionen Euro Minus in diesem Halbjahr. Beispiel Lufthansa Airlines: 149 Millionen Euro Gewinn im ersten Halbjahr 2023, ein Verlust von 427 Millionen von Januar bis Juni 2024.

Flugtarife im freien Fall

Nach der Goldgräberphase 2022/2023 – alle wollten reisen, es fehlte aber an genügend Kapazität, Flugpreise gingen in die Höhe – kommen die Ticketpreise runter und schon tauchen wieder zahlreiche, ungesunde Aktionspreise auf (Travelnews berichtete gestern).

Fiese Konkurrenz

Der Blick auf die Konkurrenz verursacht beim mitteleuropäischen Airline-Manager heftige Kopfschmerzen. Billigairlines wie Ryanair verdichten die Kabine immer mehr. Statten andere Airlines etwa eine Boeing 737 mit 160 bis 180 Sitzen aus, erhöht Ryanair nun auf 197 Sitze – und damit den Druck auf die Kurzstreckenpreise. Aber auch auf der Langstrecke gibt's Ungemach: neue Players wie Saudia kennen kein Pardon und werfen etwa Zürich-Dubai-Zürich-Tickets für 390 Franken auf den Markt.

Steigende Kosten

Die vielen Weltkonflikte sorgen für höhere Ölpreise. Darunter dürften europäische Airlines mehr leiden als solche aus Ländern mit eigenem Ölvorkommen. Gleichzeitig gilt es mit Gewerkschaften Kompromisse einzugehen und höhere Löhne in der Kabine und am Boden zu zahlen – in Europa jedenfalls. Höhere Gebühren für die Wartung der Flotte kommen hinzu; künftig auch Umweltkosten für nachhaltigen Treibstoff. Das alles wirkt sich negativ auf die Gewinnmarge aus.

Geschäftsreisende fehlen

Den asiatischen und arabischen Langstrecken-Airlines mit Tiefpreisen die Stirn bieten, geht so lange gut, wie die eigene Business Class voll ist – und so die Economy Class quersubventioniert werden kann. Doch jetzt zeichnet sich ab: die Delle bei den Geschäftsreisen ist keine temporäre, sondern sie hält an. Die Swiss verzeichnet nur noch 65 bis 70 Prozent der Geschäftsreisenden im Vergleich zu 2019 – und das werde wohl so bleiben, befürchtet die Airline. Videokonferenzen und Umweltvorgaben haben die Reisevorgaben vieler Unternehmen neu definiert.

Weltlage bleibt instabil

Mit Konflikten auf der Welt lebt die Airline-Industrie seit jeher. Doch oft sorgten die Brandherde nur für temporäre Routenänderungen oder Annullationen. Bei den aktuellen Konflikten, ob in der Ukraine oder in Israel, scheint kein Ende in Sicht – mit anhaltend negativen Auswirkungen für die Airlines. «Die geopolitischen Entwicklungen beeinflussen unseren Flugbetrieb», lautet der Wortlaut bei der Swiss.

Extreme Wetterlagen

Die Klimaerwärmung sorgt für extremere Wetterlagen. Stürme nehmen zu und werden stärker. Airlines fliegen verspätet, auf Umwegen oder werden heftig durchgeschüttelt. Das hat Auswirkungen auf die Pünktlichkeit und die Flugplanung. In Zürich bereitet die häufige Bise den Airline-Managern zusätzliche Kopfschmerzen. Zürich sei der windanfälligste Hub Europas, der Feind komme von Osten, schreibt die «NZZ».

Pünktlichkeitsrate schmiert ab

Airlines wie die Swiss setzen im Buhlen um ausländische Gäste auf die Vorteile eines Hubs und das Plus der vielen Umsteigeverbindungen. Die zuletzt aber wieder schwache Pünklichkeitsrate wirft das Hub-Konzept über den Haufen. Passagiere bleiben stehen und müssen auf spätere Anschlussflüge umgebucht werden. Dass es an der Pünktlichkeit hapert im europäischen Flugverkehr hat neben dem Wetter auch mit dem nach wie vor fragmentieren European Sky und den unzähligen Luftsicherung-Unternehmen zu tun. Die Flugkorridore sind überlastet, die verfügbaren Slots rar.

Nachhaltigkeit gefordert

Das Image als CO2-Schleuder werden die Airlines nicht über Nacht los, wenngleich die Industrie nur für drei Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich gemacht werden kann. Nachhaltige Treibstoffe halten erst zögerlich und überteuert Einzug. Unternehmen beginnen ihre Geschäftsreisen zu reduzieren, Klimaproteste halten an.

Lieferengpässe

Noch mindestens zwei Jahre lang werden Airlines Flugzeuge und Ersatzteile fehlen. Airbus oder Boeing hinken ihren selbst gesteckten Produktionsplänen hinterher. Den Flugzeugbauern fehlt es nicht nur an Triebwerken, sondern auch an Rumpfteilen, Sitzen und Bordtoiletten.

(GWA)