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Die Führungsriege von car-tours.ch: Urs Tanner (rechts) zusammen mit Verena Bücheler und Patrick Gil. Bild Holiday Partner

«Hier müssen wir kompetenter werden, um die Nachfrage besser bedienen zu können»

Reto Suter

Urs Tanner, Co-Geschäftsführer von Holiday Partner, erklärt im Interview mit Travelnews, weshalb car-tours.ch verstärkt auf Flugreisen setzt und auf welchen Routen das Flugzeug eine gute Alternative zum Bus sein kann.

Der Reiseveranstalter car-tours.ch, bisher vor allem für Busreisen und Flusskreuzfahrten bekannt, steigt neu ins Flugreisegeschäft ein. Um diesen Bereich auf- und auszubauen, holt das Unternehmen Branchenprofi Remo Weidmann an Bord. Urs Tanner, Co-Geschäftsführer der Holiday Partner AG, die car-tours.ch betreibt, nimmt im Interview mit Travelnews Stellung zum Ausbau.

Herr Tanner, weshalb haben Sie sich entschieden, bei car-tours.ch ins Flugreisegeschäft zu investieren?

Wir führen schon länger Flugreisen in unserem Sortiment. Neben unserem Kerngeschäft, den Bus- und Flussreisen, machten sie bisher rund zehn Prozent des Angebots aus. Über die Jahre hat sich gezeigt, dass im Gruppenbereich Flugreisen wieder besser nachgefragt werden. Hier müssen wir kompetenter werden, um die Nachfrage besser bedienen zu können.

Wie hat car-tours.ch die Flugreisen bisher abgewickelt?

Bis anhin haben wir Flugreisen indirekt bei sogenannten Paketern eingekauft. Inzwischen hat das Volumen einen Umfang erreicht, bei dem die indirekte Lösung nicht mehr befriedigend ist. Wir möchten die Flüge künftig direkt einkaufen – genau so, wie wir es bei den Kreuzfahrten auch tun.

Warum ist Remo Weidmann der richtige Mann, um das Flugreisegeschäft auf- und auszubauen?

Er ist ein erfahrener und versierter Branchenprofi, der uns mit seinem Know-how und seinem Netzwerk helfen wird, das Flugreisegeschäft Schritt für Schritt weiter auszubauen. Das Angebot eines Direktanbieters ist stark davon getrieben, welche Möglichkeiten sich auf dem Markt ergeben. Wir sind darauf spezialisiert, diese Opportunitäten sehr rasch umzusetzen, ein attraktives Angebot zu erstellen und dieses schnell auf den Markt zu bringen. Dafür muss man aber die Nase laufend «im Wind haben» und natürlich über beste Kontakte verfügen, was Remo Weidmann im Flugbereich definitiv hat.

«Wir haben uns nie als reinen Busveranstalter gesehen»

Wie viel Potenzial sehen Sie in diesem Bereich?

Wir sind überzeugt, dass Flugreisen zu einem wichtigen Pfeiler in unserem Angebot werden können. Auch wenn Busreisen weiterhin den grössten Anteil innerhalb unseres Portfolios ausmachen werden: das Transportmittel einer Reise ist immer nur «Mittel zum Zweck». Kommt dazu, dass wir keine eigene Busflotte betreiben. Wir haben uns nie als reinen Busveranstalter gesehen. Busreisen haben ein sehr grosses Zielpublikum, das innerhalb der Branche oft unterschätzt wird. Aber lange An- und Rückreisen sind nicht jedermanns Sache, und so können Flugreisen beispielsweise in den hohen Norden, nach Griechenland, nach Süditalien oder auf die britischen Inseln auch bei Gruppenreisen eine attraktive Alternative sein. Diese Möglichkeiten möchten wir innerhalb unseres Angebots besser abbilden können. Was bei unseren Überlegungen ebenfalls mit rein spielt: Die bei Busreisen oft nötigen Fährüberfahrten sind aufgrund des eher knappen Angebots und der hohen Nachfrage teilweise exorbitant teurer geworden. Wenn wir hier eine zusätzliche Option mit Flügen haben, hilft uns das zweifellos weiter.

Car-tours.ch hat sich laut Urs Tanner nie ausschliesslich als Busreiseveranstalter gesehen. Bild: Holiday Partner

Bedeutet der Ausbau bei den Flugreisen, dass es in anderen Bereichen weniger gut läuft als erhofft?

Ganz und gar nicht. Wir sind erfolgreich unterwegs. Direkt nach Corona waren erdgebundene Reisen gegenüber Flugreisen aufgrund der Kapazitätsengpässe eher im Vorteil. Davon haben wir stark profitiert. Wir werden uns aber auch dieses Jahr nochmals deutlich steigern können, wobei es uns wie vielen anderen Veranstaltern geht: Die ersten Buchungsmonate des Jahres waren fantastisch, zuletzt hat sich die Nachfrage deutlich abgekühlt.

Welches sind die Topseller bei car-tours.ch?

Am meisten Gäste bewegen wir immer noch Richtung Süden – insbesondere nach Italien, wo die Nachfrage ungebrochen hoch ist. Aber auch der Norden zeigt sich auf gutem Niveau stabil. Lieblingskind ist gerade das Kreuzfahrtengeschäft, welches wir erst 2023 lanciert haben und sich 2024 deutlich über unseren Erwartungen entwickelt.

«Die verhaltene Nachfrage für Österreich und Kroatien dürfte mit den gestiegenen Preisen zu tun haben»

Gibt es auch Destinationen, die schwächeln?

Natürlich. Bei den Busreisen schwächeln vor allem Österreich und Kroatien, zwei für uns wichtige Zielgebiete. Die verhaltene Nachfrage dürfte hauptsächlich mit den gestiegenen Preisen zu tun haben, welche der Endkunde offenbar nicht bereit ist, hier zu zahlen. Ganz im Gegensatz zu Grossbritannien, das deutlich teurer geworden ist, aber bis jetzt keinen Rückgang bei den Buchungen erfährt.

Viele Reiseveranstalter frohlocken über die guten Buchungszahlen für den Herbst. Wie präsentiert sich die Situation bei Ihnen?

Ich denke, die ganze Branche erlebt seit vielen Jahren eine gewaltige Nachfrage für die Herbstsaison. Sie ist einfach dieses Jahr nochmals stärker, und vor allem wurden Herbstreisen mit grossem Vorlauf gebucht. Wenn wir könnten, würden wir gerne einen Teil dieser Nachfrage in eine andere Saison umleiten. Bereits jetzt finden wir aufgrund von Kapazitätsengpässen nicht mehr für alle Kundinnen und Kunden einen Platz. Und auch bei den eigenen Dienstleistungen kommen wir an den Anschlag. Im Herbst haben wir bis zu 60 bis 70 Busse gleichzeitig auf der Strasse. Mehr geht schlichtweg nicht. Bei den Reiseleiterinnen und Reiseleitern stossen wir bei einer derart hohen Nachfrage ebenfalls an unsere Grenzen, zumal wir diesbezüglich immer eine hohe Qualität gewährleisten wollen.