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Das sagen Management-Profis zur CEO-Suche der Swiss
Reto Suter«Die Swiss ist die beste Airline in Europa und ein äusserst attraktiver Arbeitgeber», sagt Dr. Bjørn Johansson auf Anfrage. Der Headhunter mit jahrzehntelanger Erfahrung rekrutierte in den 90er-Jahren Manager für die Konzernleitung der damaligen SAir Group. Er holte unter anderem den US-Amerikaner Jeff Katz als ersten ausländischen CEO zur Swissair.
Die Swiss sei ein Vorbild für alle anderen Airlines und mache einen ausgezeichneten Job, so Johansson. Entsprechend sei auch die Position an der Spitze der Konzernleitung sehr reizvoll.
Swiss-Spitzenjob dürfte begehrt sein
Seit Februar ist bekannt, dass CEO Dieter Vranckx die Swiss per Ende Juni verlässt. Seither dreht sich das Kandidatenkarussell. Besetzt ist die Stelle bis heute aber noch nicht. Das liege kaum am fehlenden Interesse von Kandidatinnen und Kandidaten, meint Johansson. «Der CEO-Job bei der Swiss war zuletzt immer ein Sprungbrett innerhalb der Lufthansa Group», sagt der Headhunter. «Das haben unter anderem die Karrieren von Christoph Franz und Harry Hohmeister gezeigt.»
Die Kandidatenliste für die Neubesetzung des CEO-Postens bei der Swiss dürfte nicht ellenlang sein. Einige Airline-Profis, die das Rüstzeug für den Job mitbringen, gibt es aber durchaus. Heiss gehandelt wird etwa der Deutsch-Amerikaner Max Kownatzki. Er ist seit rund vier Jahren CEO der Fluggesellschaft Sunexpress, ein Joint Venture von Lufthansa und Turkish Airlines. Dort lieferte er im vergangenen Jahr ein Rekordergebnis ab.
Ein Kandidat bei der Swiss könnte auch Bernd Bauer sein – seit zehn Jahren CEO des Schweizer Ferienfliegers Edelweiss und parallel dazu seit gut anderthalb Jahren Geschäftsführer von Discover Airlines. Wer sich mit Branchenkennern unterhält, hört auch die Namen von Eurowings-CEO Jens Bischof, Annette Mann (CEO von Austrian Airlines) und Dorothea von Boxberg (Chefin von Brussels Airlines), die für die offene Stelle in Frage kämen.
Für Bjørn Johansson ist klar: «Die Lufthansa Group wählt für die Nachfolge von Dieter Vranckx eine interne Lösung.» Das würde auf alle genannten Kandidatinnen und Kandidaten zutreffen. Auf einen Namen mag sich der Headhunter nicht festlegen.
Er findet, der bisherige Finanzchef Markus Binkert hätte es verdient gehabt, zum CEO aufzusteigen. «Offenbar bekam er aber Signale, dass er nicht in der Pole Position ist», so Johansson. Deshalb sei er wohl abgesprungen. Binkert verlässt die Swiss Ende Mai und wird CEO der SV Group, die in verschiedenen Geschäftsfeldern der Gastronomie und des Hotelmanagements tätig ist.
Einen anderen Schweizer, der für die Chefposition bei der Swiss in Frage kommt, sieht der Branchenkenner momentan nicht. Dass es zum fünften Mal in Folge auf einen Ausländer als Swiss-CEO hinausläuft, findet Johansson nicht weiter schlimm. «Viele Schweizer Konzerne, die international tätig sind, werden von ausländischen Managern geführt», sagt er.
Gleichzeitig unterstreicht er aber, dass die Schweiz in der Konzernleitung und im Verwaltungsrat eine «gute Vertretung» haben müsse. «Verständnis für die Deutschschweizer Kultur ist im Management der Swiss unabdingbar», erklärt der Headhunter.
Wunsch nach einer Frau an der Spitze
Eine angemessene Schweizer Vertretung in Verwaltungsrat und Konzernleitung erachtet auch Dr. Sonja A. Buholzer als wichtig. Sie betont, dass sie keine Airline-Expertin sei. Dennoch hat ihre Stimme Gewicht, zählt sie doch zu den profiliertesten international tätigen Unternehmensberaterinnen und Referentinnen, auch in der Schweiz.
«Wenn unsere nationale Airline ohne adäquate Schweizer Vertretung im Management mit Swissness punkten möchte, ist das unglaubwürdig», sagt Buholzer. Sie sei sicher, dass die Airline bei den Kundinnen und Kunden zusätzliche Sympathiepunkte und Glaubwürdigkeit sammle, wenn die Unternehmensspitze einheimisches Schaffen verkörpert.
Fest steht derzeit, dass mit dem neu berufenen Chief Operating Officer Oliver Buchhofer zumindest ein Schweizer in der Konzernleitung der Swiss sitzt. Nachfolger von CFO Markus Binkert wird der Deutsche Dennis Weber. Seit Anfang Jahr ist Heike Birlenbach – ebenfalls aus Deutschland – Chief Commercial Officer. Sie dürfte nicht chancenlos sein, wenn es um die Neubesetzung des CEO-Postens geht. Ein etablierter Airline-Manager sagte auf Anfrage, er würde ihr den Job zutrauen. Birlenbach liefere bei der Swiss ausgezeichnete Arbeit ab.
Sonja A. Buholzer fände es sehr begrüssenswert, wenn sich die Swiss für eine Frau an der Spitze entscheiden würde. «Das wäre ein zeitgemässes und innovatives Zeichen gegen aussen», so die Autorin zahlreicher erfolgreicher Managementbücher. Ihr sei bewusst, dass nicht allzu viele Frauen für den CEO-Posten bei der Swiss in Frage kommen. Es gebe aber durchaus aussichtsreiche Kandidatinnen.
«Ohne deren Karriereziele zu kennen: Annette Mann und Dorothea von Boxberg müssten bei der Swiss diskutiert werden», sagt Buholzer. «Carolyn McCall war während sieben Jahren CEO von Easyjet und hat eindrücklich bewiesen, dass auch Frauen im harten Airline-Business über längere Zeit bestehen können.»
Ob Frau oder Mann, Schweizer oder Ausländer – für Headhunter Bjørn Johansson ist klar: «Der künftige CEO muss neben Airline-spezifischen Fähigkeiten auch ein Kommunikationstalent mitbringen.» Es sei wichtig, eine Brücke zum Konzern-Hauptsitz in Frankfurt zu schlagen. «Lufthansa-Chef Carsten Spohr ist eine starke Persönlichkeit. Aber solange die Swiss liefert, lässt er sie in Ruhe», fasst der Headhunter zusammen. Die Swiss dürfte in Kürze bekannt geben, wer Nachfolger von Dieter Vranckx wird.