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Unverbindliches Zusammenkunft von Chefinnen und Angestellten in Wädenswil, von links: Nicole Pfammatter (CEO Hotelplan Suisse), Cornelia Pfister-Lisibach, Reto Calonder, Laura Meyer (CEO Hotelplan Group) und Filialleiter Michael Jörg. Bild: TN

Wenn die Hotelplan-Chefinnen in den Filialen auf Tuchfühlung gehen

Reto Suter

Das dürfte es bei Unternehmen in dieser Grössenordnung ansonsten kaum geben: Die Hotelplan-Managerinnen Laura Meyer und Nicole Pfammatter platzen regelmässig in die Filialen herein – und kümmern sich auch einmal um eine defekte Beleuchtung.

Ein Reiseagent sitzt, vertieft in eine Buchung, am Computer und blickt kurz auf. Da steht die Chefin vor ihm. Nicht die Filialleiterin, sondern die Managerin aus der Zentrale. Unangemeldet. Beim Schweizer Reiseveranstalter Hotelplan kommt das immer wieder mal vor.

«In der Regel versuche ich, alle zwei Wochen für einen halben Tag unterwegs zu sein», erzählt Nicole Pfammatter, CEO von Hotelplan Suisse, bei einem Filial-Besuch. Heute ist zuerst Wädenswil am Zürichsee dran. Und Nicole Pfammatter kommt nicht allein. Laura Meyer, CEO der Hotelplan Group, ist ebenfalls dabei.

Diese – oftmals spontanen – Filialbesuche seien nicht etwa das Ergebnis einer Strategiesitzung gewesen, sagt Meyer. «Nicole und ich haben hier eine sehr ähnliche Haltung. Wir machen das beide gerne, um den Puls der Mitarbeitenden zu spüren.»

Die Hotelplan-Managerinnen legen grossen Wert darauf, dass es sich bei ihren Stippvisiten nicht um Kontrollbesuche handle. «Der Austausch in den Filialen bietet mir die Möglichkeit, über Themen zu sprechen, die sonst vielleicht gar nie zur Sprache kommen würden», erklärt Pfammatter.

Von unbequemen Stühlen und altmodischen Bildern

Für die Chefin von Hotelplan Suisse ist ganz wichtig: Sie will sich in den Filialen nicht als Akrobatin der Worthülsen präsentieren, sondern als Macherin. «Als ich letztes Mal hier in Wädenswil war, fiel mir auf, dass wir das Innenleben der Filiale mit neuen Bildern aufpeppen könnten. Und jetzt sind wir daran, das Ganze umzusetzen.»

Angeregte Gespräche in der Hotelplan-Filiale Wädenswil, von links: Cornelia Pfister-Lisibach, Laura Meyer, Reto Calonder, Michael Jörg und Nicole Pfammatter. Bild: TN

Auch unbequeme Stühle oder eine defekte Beleuchtung können durchaus zum Thema werden, wenn Pfammatter oder Meyer in den Filialen aufkreuzen. «Das sind Dinge, die du nur im Alltag mitbekommst, wenn du mit den Mitarbeitenden offene Gespräche führst», sagt Pfammatter. Sie könne gut damit leben, wenn bei einem spontanen Besuch auch mal niemand für sie Zeit habe, weil alle im Stress sind.

«Das ist eigentlich das Beste, was passieren kann», ergänzt Meyer. «Gut ausgelastete Angestellte bedeuten, dass das Geschäft brummt. Was will man mehr.» Dann warte sie noch so gerne, bis jemand aus der Filiale Zeit für ein kurzes Gespräch mit ihr finde.

Jetzt-erst-recht-Mentalität hält Einzug

Die Hotelplan-Managerinnen sind vom Mehrwert ihrer Stippvisiten also restlos überzeugt. Aber gilt das auch für die Angestellten, die vielleicht gar nicht immer so grosse Lust darauf haben, beim Besuch der Chefinnen aus dem Nähkästchen zu plaudern?

«Wenn man das erste oder zweite Mal einen Spontanbesuch erlebt, zuckt man vielleicht schon kurz zusammen, sagt Michael Jörg, Leiter der Filiale Wädenswil, zu Travelnews. «Man merkt aber schnell, dass es keine plumpen Kontrollbesuche sind, sondern dass ehrliches Interesse dahinter steckt.»

Reto Calonder, seit sechs Jahren bei Hotelplan Suisse beschäftigt, pflichtet ihm bei. Und nicht nur das. Er gerät richtiggehend ins Schwärmen. «Ich fühle mich ernst genommen. Wenn man ein Anliegen gut begründen kann, ist es am nächsten Tag umgesetzt», erzählt der Reiseprofi.

Ein wichtiges Thema beim Austausch zwischen Chefetage und Mitarbeitenden ist derzeit der geplante Hotelplan-Verkauf, den die Migros-Spitze Anfang Februar angekündigt hat. Sie schätze die Filialbesuche auch in normalen Zeiten sehr, sagt Cornelia Pfister-Lisibach, die seit neun Jahren in der Hotelplan-Filiale Wädenswil arbeitet. «Aber klar ist es dankbar, wenn man die Chefinnen im persönlichen Gespräch auf die neusten Entwicklungen ansprechen kann.»

Als starkes Zeichen wertete sie die Werbe-Offensive von Hotelplan am Wochenende nach der Verkaufsankündigung. «Das war ein Vertrauensbeweis für die Mitarbeitenden und hat Ruhe reingebracht», so Pfister-Lisibach.

Stoff für Gespräche bietet der geplante Hotelplan-Verkauf nicht nur beim Austausch zwischen Management und Angestellten. Auch die Kundinnen und Kunden wollen wissen, was ihnen durch einen neuen Eigentümer blühen könnte.

Hin und wieder frage jemand, was ein Verkauf bedeuten würde», sagt Filialleiter Michael Jörg. «Wir spüren aber keine generelle Verunsicherung. Im Gegenteil.» Es sei bei vielen Kundinnen und Kunden eine Jetzt-erst-recht-Mentalität zu spüren. «Sie versichern uns, dass sie ihre Ferien auch künftig bei uns buchen werden – egal was kommen mag.»

Dann herrscht bei den Hotelplan-Chefinnen Aufbruchstimmung – mit den neusten Informationen und Anliegen im Gepäck. Nicole Pfammatter bespricht mit Filialleiter Jörg noch ganz kurz die Aussenbeleuchtung. Dann geht's mit dem Firmenwagen via Hirzel nach Steinhausen im Kanton Zug.

Selbstbewusstes Team ohne Zukunftsängste

In der Filiale Steinhausen, die ins Einkaufszentrum Zugerland integriert ist, wartet auf Laura Meyer und Nicole Pfammatter ein Team mit geballtem Reise-Know-how und grosser Firmentreue. Mehrere Mitarbeitende sind schon seit Jahrzehnten für Hotelplan tätig.

Sie sehen die Filialbesuche ihrer obersten Chefinnen als Mehrwert. «Ich erinnere mich noch gut, als Laura kurz nach ihrem Jobantritt Toblerone vorbeibrachte und sich persönlich vorstellte», erzählt Filialleiterin Claudia Räber-Villiger. «Für mich war das nicht selbstverständlich.» Falls der Schuh drücke, sei sie froh, wenn sie ihre Anliegen oder Sorgen jederzeit mit den Vorgesetzten teilen könne.

Die zweite Station war das Einkaufszentrum Zugerland in Steinhausen, von links: Julia Romanque, Karin Bochsler, Nicole Pfammatter, Filialleiterin Claudia Villiger-Räber, Claudia Zimmermann, Ruth Arnet Akwamoa, Laura Meyer und Mark Hugentobler. Bild: TN

Von den Verkaufsplänen der Migros lässt sich das erfahrene Team in Steinhausen nicht verunsichern. «Natürlich gibt es Kundinnen und Kunden, die Zweifel säen, ob es unsere Filiale auch nächstes Jahr noch gibt», sagt Ruth Arnet Akwamoa, die seit über 40 Jahren bei Hotelplan arbeitet. Dann sei es besonders wichtig, selbstbewusst aufzutreten und jegliche Bedenken aus der Welt zu schaffen. «Wir alle sind überzeugt, dass wir auch in einem Jahr noch hier sind.»

Nach gut zwei Stunden endet die Filial-Tour – für diesen Tag. Schon bald dürften Laura Meyer und Nicole Pfammatter aber wieder unterwegs sein. Dann vielleicht für eine Charme-Offensive in Chur, Langenthal oder Fribourg. Oder in sonst einer der insgesamt 82 Hotelplan-Filialen.