On The Move

In sieben Minuten 30 Kilometer weit – mit dem Maglev. Bild: CC BY-SA 3.0 Saruno Hirobano

Die schnellsten Züge der Welt

Christian Haas

An- und Abreise zum Airport, Wartezeiten, Boarding? Das muss nicht sein. Züge können nicht nur mit ihren zentral gelegenen Bahnhöfen punkten, sondern erst recht, wenn sie auch sehr schnell unterwegs sind. Und das sind weltweit immer mehr.

Das Bahnfahren mit Fernzügen hat zweifelsohne Vorteile, vom geringeren CO2-Ausstoss bis zur komfortableren Ausstattung inklusive Wlan und Bordrestaurant. Laut einer grossen Untersuchung der Reisesuchmaschine Omio bröckelt auch der Zeitvorteil beim Fliegen immer mehr, zumindest auf der Mittelstrecke.

Der Grund sind schnellere Züge, insbesondere auf schnellen Trassen. So erreichen beispielsweise Passagiere, die in London einsteigen, mit dem bis zu 300 km/h schnellen Eurostar in zwei Stunden und 16 Minuten Brüssel. Mit dem Flugzeug bräuchten sie brutto doppelt so lang. Auch auf der Eurostar-Strecke nach Paris, hängt der Zug den Flieger locker ab.

Eigenes Schnellfahrnetz

Frankreich darf sich ohnehin zu den Pionieren der Hochgeschwindigkeitszüge zählen. 2007 erreichte der TGV – die Abkürzung steht für Train à grande vitesse – sogar das Weltrekordtempo von 574,8 Stundenkilometern. Im Regelfall rauschen die Züge immer noch mit bis zu 320 Stundenkilometern durchs Land – auf einem eigenen Schnellfahrnetz, das sich von Paris aus inzwischen rund 2700 Kilometer über das ganze Land spannt.

Bereits 1982 ging die erste kommerzielle Strecke Paris–Lyon in Betrieb. Für die 429 Kilometer lange Route halbierte sich die Fahrzeit auf zwei Stunden. Die 660 Kilometer von Paris nach Marseille schafft der TGV heutzutage in unter vier Stunden. Mittlerweile rast der TGV auch weit über die Grenzen hinweg und verbindet die Nachbarländer mit der französischen Hauptstadt, etwa Zürich, Köln, München, Brüssel (ein Knotenpunkt des ebenfalls recht flotten Thalys) und Barcelona.

Die 660 Kilometer von Paris nach Marseille schafft der TGV in weniger als vier Stunden. Bild: SNCF

Die TGV-Technik war übrigens auch der Beginn für Spaniens Hochgeschwindigkeitszüge ab 1992. Doch rasch wurden aus der importierten Technologie eigene Schnellzüge entwickelt, die AVE (Alta Velocidad Española, übersetzt: spanische Hochgeschwindigkeit). Mittlerweile erstreckt sich in Spanien Europas längstes Hochgeschwindigkeitsnetz, das von Madrid nach Sevilla, Malaga, Valencia, Galicien und Barcelona führt. Auf diesen Schienen fährt der AVE mit einer Betriebsgeschwindigkeit von 310 Kilometern pro Stunde, in der Spitze sind auch mal 350 km/h drin, der Rekord liegt bei 404 km/h.

Ein wahrer Senkrechtstarter ist Italien. Seit 2017 sind hier die Hochgeschwindigkeitszüge Frecciarossa unterwegs. Mit einer beeindruckenden Reisegeschwindigkeit von 300 Kilometern pro Stunde – mehr sind gesetzlich nicht erlaubt, wenngleich 400 km/h möglich wären – und ihrem pfeilähnlichen Design werden die Züge ihrem Namen «Roter Pfeil» gerecht.

Bis 400 km/h wären möglich mit dem italienischen Frecciarossa – 300 km/h sind erlaubt. Bild: HO

Mittlerweile werden 13 Städte in Italien angefahren, besonders beliebt ist die Strecke Mailand-Rom, die sich in drei Stunden und 12 Minuten bewältigen lässt. Übrigens soll der Frecciarossa spätestens 2026 auch deutsche Städte ansteuern. Die Fahrzeit auf der Strecke Mailand-München könnte sich so von derzeit über sieben auf dann knapp vier Stunden verkürzen.

Spürbare Fahrzeitverkürzung

Deutschlands Bahnen haben ja, um es schonend auszudrücken, nicht unbedingt den besten Ruf. Wobei die ICE3 in Sachen Tempo seit 1999 mit 330 Stundenkilometern durchaus ganz vorne mitmischen. Technische Verbesserungen führten auch zu spürbaren Fahrzeitverkürzungen etwa zwischen Köln und Frankfurt oder München und Berlin, jetzt unter vier Stunden schaffbar.

Das Besondere am Exportschlager ICE3 ist sein Antrieb. Beim Triebzug gibt es, ähnlich wie beim Shinkansen, keine Triebköpfe mehr. Vielmehr verteilen sich 16 elektrische Motoren – in diesem Fall – auf vier der insgesamt acht Zugwagen und bringen es insgesamt auf 11'000 PS. Damit lässt sich das Tempo auch bei Steigungen besser halten. Was dem ICE3 in Deutschland jedoch fehlt, ist eine eigene Trasse, auf der er hindernisfrei und pünktlich an seine Ziele gelangen könnte.

Vollgepackt mit Hi-Tech

Solche Probleme kennt China – natürlich – nicht. Im Land der in Rekordgeschwindigkeit gebauten Hochgeschwindigkeitsstrecken rast folgerichtig auch der schnellste Zug der Welt. Die Magnetschwebebahn Shanghai Maglev, an deren Bau im Übrigen auch europäische Firmen wie Siemens beteiligt waren, befördert Passagiere in gerade einmal sieben Minuten und 18 Sekunden 30 Kilometer weit. Macht auf der Strecke zwischen dem Flughafen Shanghai Pudong und dem Bahnhof Longyang Road im Stadtzentrum beeindruckende 460 Kilometer pro Stunde.

Doch mit dem Shanghai Maglev Train hat sich die Volksrepublik erst warmgelaufen. Der Fuxing, Modell CR 400, ist eine komplett chinesische Entwicklung und zählt seit 2016 mit einer Höchstgeschwindigkeit von 350 Stundenkilometern im Regelbetrieb zu den schnellsten Personenzügen der Welt. Sein Rekord liegt bei 420 Stundenkilometern. Vollgepackt mit Hi-Tech bietet der Zug bis zu 1200 Passagieren in 16 Waggons Sitze mit individueller Bordunterhaltung, kabellose Aufladestationen und smarte Glasfenster, die je nach Sonneneinstrahlung die Scheibe tönen. Die 2230 Kilometer lange Strecke Peking–Shanghai–Hongkong schafft Fuxing in rund neun Stunden. Anfang der 1980er-Jahre dauerte diese Bahnreise noch zwei Tage.

In einem anderen asiatischen Land haben Hochgeschwindigkeitszüge indessen eine deutlich längere Tradition. Bereits seit 1964 betreibt Japan den Shinkansen. Der sogenannte Bullet Train ist ein Hochgeschwindigkeitszug, dessen Antriebe über die gesamte Länge des Zuges verteilt sind. Das garantiert gleichmässig verteilte Power und zugleich Bremskraft.

Ausländische Fahrgäste sind vom Komfort im japanischen Shinkansen fasziniert. Bild: ADIG

Auch wichtig: Der Shinkansen verfügt über ein eigenes Schienensystem. Da können die Züge auf den neun Linien, mit denen sich fast der ganze Inselstaat bereisen lässt, die Spitzengeschwindigkeit von 320 Stundenkilometern pro Stunde meist auch ausfahren. Vor allem ausländische Fahrgäste sind vom Komfort fasziniert, etwa von der individuell einstellbaren Klimaanlage, Toiletten mit beheizten Klobrillen und Essensautomaten. Und damit soll es noch nicht genug sein: Der sogenannte Shinkansen L0 soll bis zu 600 Stundenkilometer schaffen.

Der Clou: Erst rollt der Zug auf Gummirädern. Hat er eine Geschwindigkeit von 150 Kilometern pro Stunde erreicht, kann Magnetkraft den Zug anheben und die Reibung vermeiden. Die erste öffentliche Fahrt von Shinagawa nach Nagoya ist für 2027 geplant.

Auch Korea baut sein Schnellzugnetz kontinuierlich aus. Auf der Strecke Seoul–Busan düsen seit rund 20 Jahren KTX-Züge mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 305 Kilometern pro Stunde. Die Fahrzeit auf der Strecke konnte somit von vier Stunden auf zwei Stunden und 15 Minuten verkürzt werden. Für die Austragung der Olympischen Winterspiele 2018 in Pyeongchang wurde indessen eine weitere Strecke von Seoul nach Gangneung im Nordosten des Landes in Betrieb genommen.

Auch bei 50 Grad Celsius

Dass in Nordamerika lange Zeit auf Autos und Flugzeuge gesetzt wurde (und immer noch wird), ist kein Geheimnis. Zugverbindungen gibt es daher vergleichsweise wenige und wenn, sind die Bahnen dort nur mittelschnell. Immerhin auf 240 km/h im Regelbetrieb bringen es die Züge von Acela, die auf der Strecke Washington D.C.–New York City–Boston verkehren.

Schneller im Ausbauen und Befahren sind da Marokko – der Al Boraq zwischen Tanger und Kenitra gilt mit einer Reisegeschwindigkeit von ca. 320 km/h als schnellster Zug Afrikas.

Blick in die 1. Klasse des Al Boraq. Bild: ADIG

Sehr schnelle Zugreisen gibt es auch in Saudi-Arabien. Die Haramain High-Speed Railway (HHR) verbindet seit 2018 die heiligen Städte Mekka und Medina mit Geschwindigkeiten von bis zu 300 Kilometern pro Stunde. Die in Spanien gebauten Talgo-Züge wurden extra für den Betrieb in der Wüstenlandschaft konzipiert, damit sie auch bei 50 Grad Celsius noch unfallfrei über die Schienen rollen.

Und das klappt auch gut – und schnell. Die 453 Kilometer lange Neubaustrecke wird mit dem modern ausgestatteten Zug in gerade einmal zwei Stunden bewältigt. Auch auf dieser Strecke hat der Flieger also eindeutig das Nachsehen, das Auto mit rund zehn Stunden Fahrzeit erst recht.