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Diese Woche auf dem Instagram-Feed aufgetaucht: eine Werbung von Aldi Suisse Tours. Bild: Screenshot/Adobe Stock

Ob von Hotelplan etwas abfällt?

Gregor Waser

Es liegt in der Natur der Sache: Wenn ein Mitbewerber vermeintliche Schwächen zeigt, blühen bei den Konkurrenten forsche Ideen auf.

Sollte Rafael Nadal im fünften Satz eines Grand-Slam-Finals plötzlich stark hinken, ist der Gegner dazu geneigt, vermehrt einen Stoppball einzustreuen. Vermeintliche Schwächen des Gegners auszunützen, ist im Sport üblich, in der Schweizer Wirtschaft aber weniger verbreitet – oder weniger publik zumindest.

Nachdem die Migros ihre Tochter Hotelplan Group zum Verkauf feilbietet, drehen sich die Gedanken bei den Mitbewerbern naturgemäss darüber, was dies nun für die aktuelle Marktsituation heissen könnte. Am Travelnews-Stand an der Fespo gab es zahlreiche Diskussionen mit Branchenprofis über diese jüngste Baustelle in der Reiseszene. Gut möglich, dass die eine oder andere Buchung nun uns zufällt, werweisste eine Hotelplan-Konkurrentin. Ein anderer Branchenprofi fand, es würde ihn nicht wundern, wenn in den nächsten Wochen der eine oder andere Hotelplan-Mitarbeitende eine neue Stelle in Betracht zöge.

Nur zwei Tage nach der Verkaufsankündigung gelang Hotelplan mit der Werbekampagne in der Sonntagspresse «Hotelplan schreibt man ohne M» eine gelungene PR-Offensive, und auch Hotelplan-intern herrscht offenbar die Devise, «jetzt erst recht». Der Goodwill bei Hotelplan-Kunden scheint jedenfalls gross.

Ein plumper Versuch

Nun wurden aber von einigen Mitbewerben in den letzten Tagen, um im Sport-Jargon zu bleiben, die Ellbogen ausgefahren. Im Fall von Aldi Suisse Tours eher ein plumper Versuch: «Hotel ohne Plan?» heisst es in der auf Instagram ausgespielten Werbung. Wobei schon noch frech: der originale Hotelplan-Markenschriftzug, wenn auch in zwei Wörtern aufgesplittet, wurde dazu verwendet.

Schaut man über die Grenze nach Deutschland oder in die USA, scheint es an der Tagesordnung zu sein, den Mitbewerber durch den Kakao zu ziehen oder zumindest auf die Schippe zu nehmen, siehe etwa Pepsi Cola vs. Coca Cola.

Solange keine Diffamierung vorliegt ...

Diese, sagen wir mal konfrontative Werbung kennt man in der Schweiz weniger. Und darf man das überhaupt? Wir fragen bei Werbeguru Herrmann Strittmatter nach, dem Inhaber der Agentur GGK.

Er sagt: «Im Rest der Welt war das schon immer üblich, ausser es ist gesetzlich verboten. Die Diskussion über vergleichende Werbung führen wir aber auch in der Schweiz schon lange. Wenn nun Detailhändler schreiben, wir sind 20 Prozent billiger, ist das ja auch vergleichend, zwar ohne, dass sie sagen, billiger als wer oder was zu sein. Aber solange keine Diffamierung vorliegt, gibt es keinen Grund, wieso ein Mitbewerber auf eine neue Situation nicht auch eingehen könnte. Migros hat ja selber ein Outing gemacht.»

Die juristischen Details habe er nicht vor sich, «aber in der Schweiz hatten wir schon immer Angst vor vergleichender Werbung, wenngleich wir in den letzten Jahren offener und aggressiver geworden sind. In der freien Marktwirtschaft gibt es aber keinen Grund, nicht sagen zu können, hey, ich bin billiger als du.»

Aber was sagt Herrmann Strittmatter dazu, dass Aldi den Hotelplan-Schriftzug verwendet? «Na gut, es gibt schon noch den Aspekt, dass keine Verwechslung vorliegen darf. Aber so wie Sie den Fall schildern, liegt ja keine Verwechslung vor.»

Dann fügt der langjährige Werber noch an: «Meine Mentalität ist anders, ich würde das so nicht vorschlagen. Es soll jeder seine eigenen Waffen verwenden, ohne auf den anderen zu spielen.» Schliesslich soll es dem Konsumenten offen sein, wie er die Situation beurteilt.

Die Reaktion bei Hotelplan Group fällt gelassen aus, Muriel Wolf Landau, Head of Communications, schreibt: «Wir freuen uns, dass unsere Kampagne so gut ankommt und sogar andere zu weiteren Aktionen inspiriert.»

Buhlen um Personal und Neukunden

Aldi Suisse Tours scheint aber nicht der einzige Hotelplan-Konkurrent zu sein, der in diesen Tagen forscher nach Kunden oder auch Reiseprofis fischt. Auffallend auf Jobportalen und auf LinkedIn: viele Jobs werden von Reiseunternehmen aktuell ausgeschrieben, was damit zusammenhängen dürfte, dass mit Personalabgängen bei Hotelplan gerechnet wird.

Und dann tauchte gestern im Gratis-Blatt «20 Minuten» eine ebenfalls ziemlich forsche Werbeseite auf. Mit dem Claim «Für alle, die mit Sicherheit in die Ferien wollen», wirbt Kuoni und offeriert dabei einen «Kennenlernrabatt» in der Höhe von 200 Franken für Neukunden, die in den letzten 48 Monaten keine Buchung bei DER Touristik Suisse getätigt haben.

Gut, eine solche Kampagne kann man immer machen – einzig Kuoni-Stammkunden finden die Aktion wohl weniger gelungen. Aber das Timing der Werbeaktion, gerade in diesen Tagen um Neukunden zu buhlen, ist zumindest auffällig. Aber wie gesagt, ein fieser Stoppball, um dem Gegner einen Punkt oder wie hier einen Kunden abzujagen, ist Part of the Game.