On The Move
Kommentar Die Suche nach dem Hotelplan-Käufer
Gregor WaserMitten in die pulsierenden vier Tage an der Fespo Zürich platzt die überraschende Meldung, dass sich Migros von der Hotelplan Group trennen will und sich stärker aufs Kerngeschäft fokussieren möchte. Bye bye Kosmetik, bye bye TVs, bye bye Badeferien und Fernreisen.
Dass der neue Migros-Chef Mario Irminger schon nach neun Monaten in seinem Amt dermassen aufräumen will, überrascht und dürfte auch die Hotelplan-Belegschaft ziemlich durchrütteln, stehen doch insgesamt 1500 Arbeitsplätze bei der Migros zur Debatte. Dabei präsentierte die Hotelplan Group erst vorgestern einen um 20 Prozent gesteigerten Jahresumsatz auf 1,7 Milliarden Franken und gute Aussichten mit einem anhaltend guten Reisegeschäft.
Die Suche nach einem Käufer läuft. In einem bereits gut konsolidierten europäischen Reisegeschäft, fragt sich nun aber, wer nach der Schweizer Braut überhaupt greifen will? Und welche Summe auf den Tisch gelegt werden muss? 50 Millionen, 100 Millionen, 250 Millionen Franken?
Die möglichen Käufer
Nachdem zwei der drei in der Schweiz führenden Reiseunternehmen mit DER Touristik Suisse und TUI Suisse bereits in Deutschland verankert sind und auf immensen Einkaufspower zählen können, geht der erste Blick auf mögliche Käufer nach Deutschland.
Kommen TUI und DER Touristik/Rewe als Käufer überhaupt in Frage? Hier stellen sich wettbewerbsrechtliche Zweifel. Und bei Rewe hiess es auch schon mal, dass sich der Konzern von der Reisetochter möglicherweise trennen könnte. Wieso dann die Reisesparte ausbauen? Und überhaupt: was könnte Hotelplan Group einer DER Touristik bringen? Das Ferienhausgeschäft? Das Online-Business mit Vtours? Über gute Spezialisten wie sie Hotelplan mit Travelhouse hat, verfügt DER Touristik in der Schweiz bereits mit den Kuoni Specialists.
Noch nicht in der Schweiz tätig ist Alltours, in Deutschland stark im Badeferiengeschäft tätig. Schauinsland Reisen wäre ein weiterer Kandidat, zwar bereits mit einem Ableger in der Schweiz, aber wohl noch nicht in jenem Umfang, wie dies beim Einstieg vor knapp fünf Jahren angedacht war.
Vielleicht die FTI Group? Die Münchner haben bereits eine sehr solide Präsenz und stehen wohl ohnehin noch in postpandemischen Rückzahlungspflichten an den Staat. Auch in der Schweiz selber dürften die Nummern vier bis sechs, die Knecht Reisen Gruppe, die Globetrotter Group und die Twerenbold Reisen Gruppe alleine schon aus finanziellen Gründen nicht in Betracht gezogen werden. Möglicherweise macht sich auch ein branchenfremdes Unternehmen Gedanken über einen möglichen Einstieg ins Reisegeschäft, das sich jüngst als überaus solid und resilient erwiesen hat.
Duttis Erbe blieb unangetastet
Die ersten Übernahmegespräche stehen erst an. Die Suche nach einem Käufer könnte durchaus noch Monate dauern. Monate der Unsicherheit für das Unternehmen, für die Mitarbeitenden und womöglich auch für die Kunden.
Noch ist der Entscheid taufrisch. In diesen Minuten erfolgt die Migros-Pressekonferenz.
Und die Überraschung dürfte bei vielen Touristikern und Branchenbeobachtern gross sein. Klar, als Schweizer Reisegruppe im grossen Tourismusteich mitzuhalten, ist schwieriger geworden. Auch die von Hotelplan zugekaufte Einkaufsmacht dank dem Vtours-Zukauf konnte dies wohl nicht entscheidend mildern.
Dass der Migros-Konzern immer wieder mal Teile abstösst, überrascht nicht. Doch in der Regel blieben die von Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler ins Leben gerufenen Sparten unangetastet. Die DNA verkaufe man nicht, galt doch die unausgesprochene Regel. Das hat nun mit dem neuen Migros-Chef Mario Irminger geändert.