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Der SRV-Politverantwortliche André Lüthi sieht die Schweizer Reisebranche mittlerweile gut vernetzt in Bundesbern. Bild: PD

Knacknuss Pauschalreisegesetz – dank gutem Lobbying Schweizer Sonderweg?

Gregor Waser

Die Schweizer Reisebranche ist in einer verzwickten Lage, was ein neues Pauschalreisegesetz angeht. Travelnews hat mit André Lüthi, SRV Leiter Politik, über den politischen Prozess und das dazu nötige Lobbying gesprochen.

Das aktuelle Pauschalreisegesetz ist 30 Jahre alt und die Schweizer Reisebranche steht im Dilemma. Denn das Gesetz weist Lücken auf.

Das Problem: die von der EU entworfene neue Pauschalreise-Richtlinie kommt vor allem Konsumentinnen und Konsumenten entgegen und würde der Reisebranche etliche Nachteile und Erschwernisse bringen, sei es bei den Vorschriften und Fristen bei Erstattungen oder auch Anzahlungen.

In Deutschland hat der DRV bereits verschiedenste Stellungnahmen abgegeben und diverse Punkte des Entwurfes kritisiert – ja als kontraproduktiv bezeichnet. Während es für Deutschland als EU-Mitglied ein anspruchsvoller «Kampf» wird, sieht die Lage in der Schweiz anders aus. Doch die Meinungen, was zu tun ist, gehen auseinander, wie die SRV-GV in Parma im November gezeigt hat. Immerhin 63 Prozent der SRV-Mitglieder möchten einen Vorstoss für einen Schweizer Sonderweg wagen – zeigt die informelle Abstimmung in Parma.

André Lüthis Warnung

«Wenn wir nichts tun, laufen wir Gefahr, dass die Schweiz, wie in vielen anderen Bereichen, eins-zu-eins die überregulierte EU-Gesetzgebung übernimmt», warnt André Lüthi, CEO der Globetrotter Group und SRV-Politverantwortlicher mit guter Vernetzung in Bern.

So haben SRV-Präsident Martin Wittwer und André Lüthi im Oktober ein Schreiben an Bundesrätin und Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider verfasst und dabei diese offenen Fragen aufgeworfen:

  • Was geschieht mit der Motion Markwalder (Sanktionen gegen Reisebüros ohne Kundengeldabsicherung)?
  • Was gedenkt die Schweiz zu machen im Kontext der EU-Revision des Reiserechts?
  • Gibt es die Möglichkeit eines Sonderweges der Schweiz?
  • Wenn ja, wie?
  • Mit welchem juristischen Prozess?

Noch ist die Antwort des Justizministeriums ausstehend. Welches sind aber die nächsten Schritte? André Lüthi dazu: «Wenn eine Antwort vorliegt, geht es als SRV-Vorstand darum, je nach Antwort, Parlamentarierinnen und Parlamentarier für das Anliegen zu gewinnen, so dass diese zum Beispiel einen parlamentarischen Vorstoss einreichen.» Dann gelte es, dass der SRV und der Garantiefonds  einbezogen werden in Bern, um einzelne Punkte mitzugestalten, sei es Einzelleistungen oder das Rückzahlungsprozedere, das sich bei einem neuen EU-Reisegesetz negativ für die Reisebranche auswirken würde. Wenn es dann mal im Parlament zu einer Abstimmung kommen sollte, gehe es darum, die Parlamentarier zu sensibilisieren, führt Lüthi weiter aus.

Reisebranche durchaus gut vernetzt

Doch ist das so einfach? Lassen sich die Parlamentarier gewinnen für das Anliegen und die Sichtweise der Reisebranche? Lüthi findet schon, weist aber auf eine Knacknuss hin: «Die einen Politikerinnen und Politiker wollen den Konsumentenschutz weiter verstärken, auf der anderen Seite stehen jene Politiker, welche die seitenlangen EU-Regulatorien als unnütz bezeichnen.» Dies sei die Gratwanderung. Es gehe darum, den Politikern den Sinn und Unsinn einer neuen Gesetzgebung zu erklären – «es geht um eine vernünftige Gesetzgebung für die Schweiz, die den Konsumentenschutz wie die operationellen und wirtschaftlichen Herausforderungen der Reisebranche in gleichem Masse einbezieht».

Bei diesem Punkt reagiert der Globetrotter-Chef auf den immer wieder mal geäusserten Vorwurf, die Schweizer Reisebranche sei in Bundesbern nicht oder nicht gut vernetzt, heftig: «Sorry, wir kennen mittlerweile sehr viele Parlamentarier und auch Bundesräte!»

Klar sei dies bis zur Corona-Pandemie noch nicht in dem Mass der Fall gewesen, doch es habe auch an Themen gefehlt. Mittlerweile sei die Vernetzung sehr gut, unterstreicht Lüthi – und dies betreffe nicht nur ihn, auch weitere Branchenvertreterinnen und Vertreter hätten sehr gute Kontakte, etwa Roger Geissberger, Birgit Sleegers, Koni Koelbl, Sonja Laborde oder Stéphane Jayet. «Mit Corona sind wir in Bern wirklich angekommen.»

Auf den kommenden Fahrplan angesprochen, sagt Lüthi: «Hetzen müssen wir nicht. Zunächst kommt es nun darauf an, wie die Antwort aus dem Departement Baume-Schneider ausfällt. Dann können wir mit dem SRV-Vorstand und dem Garantiefonds in Ruhe überlegen, was wir nun mit dieser Antwort machen. Und dann gehen wir nach Bern und reden mit den Leuten».