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Philipp Mäder (Leiter Internationale Personenverkehr SBB) äusserte sich ausführlich an der SRV-Fachtagung zum internationalen Reisen mit der Bahn und den Entwicklungen bis 2035. Bild: TN

SBB erwägt Direktzüge nach London

Reto Suter

Philipp Mäder, Leiter Internationaler Personenverkehr bei der SBB, skizzierte im Rahmen der SRV-Fachtagung in Parma, wie das Bahnnetz der Zukunft aussehen könnte. Zur Debatte stehen auch Zugverbindungen, die noch bis vor wenigen Jahren undenkbar schienen.

Zehn Länder und 120 Destinationen sind derzeit per Zug direkt an die Schweiz angeschlossen. Getrieben durch die Klima-Debatte steigt die Nachfrage nach zusätzlichen Angeboten rasant. Viele Menschen sind bereit, deutlich grössere Distanzen im Zug zurückzulegen, als das noch vor wenigen Jahren der Fall war. «Wenn wir den Zeitvergleich zwischen Flug und Bahn machen, sind wir auf den Strecken nach Frankfurt, Paris oder auch Mailand voll konkurrenzfähig», sagte Philipp Mäder, Leiter Internationaler Personenverkehr bei der SBB, im Rahmen seiner Präsentation an der SRV-Fachtagung in Parma.

Auch Zugreisen nach Hamburg oder Wien seien inzwischen breit akzeptiert. Entsprechend hat die SBB ihr grenzüberschreitendes Angebot zuletzt stark ausgebaut. «Zwischen der Schweiz und Frankreich bieten wir pro Tag bis zu 18'000 Sitzplätze an», so Mäder. In Italien seien in jüngerer Vergangenheit die Direktverbindungen nach Genua und Bologna neu hinzugekommen, Richtung Norden gebe es seit rund einem Jahr den direkten Nachtzug ab Zürich nach Amsterdam.

Ambitionierte Ziele für die nahe und fernere Zukunft

Die SBB fokussiert laut Mäder im internationalen Verkehr momentan auf drei Hauptziele. «Wir wollen unser Kernnetz ausbauen, bessere Umsteigeverbindungen schaffen und zusätzliche Verbindungen einführen», erklärt der Bahn-Experte. Hinsichtlich neuer Angebote gebe es auch regelmässige Tests. «Im vergangenen Sommer boten wir beispielsweise Direktverbindungen nach Sestri Levante an.» Dieser Versuch werde aktuell ausgewertet.

Schon sehr bald soll es ab Zürich direkte Nachtzüge nach Rom und Barcelona geben. Saisonal seien auch direkte Verbindungen in den Badeferien-Hotspot Rimini ein Thema. «Als Fernziel prüfen wir einen Direktzug aus der Schweiz nach London, die meist angeflogene Stadt in Europa», so Mäder. «Basel-London in rund fünf Stunden, das ist möglich.» Dieses Vorhaben umzusetzen, sei allerdings nicht ganz einfach. «Die Infrastruktur ist auf dieser Strecke – unter anderem wegen der Fahrt durch den Eurotunnel – teuer.»

Die Angebote auf der Schiene sind das eine, die technischen Lösungen für die Passagiere das andere. «Da sind wir noch nicht, wo wir sein wollen», gibt Mäder unumwunden zu. «Unser Ziel ist es, dass die Bahnreisenden im Lauf des kommenden Jahres via SBB-Mobile-App internationale Tickets kaufen und Plätze in den Zügen reservieren können.»

Auch einheitliche, internationale Buchungssysteme seien ein Thema. Bis 2025 sollen verschiedene Bereiche standardisiert werden. «Wir können momentan zwar Zugbillette für Reisen nach Spanien verkaufen, aber keine Tickets für Reisen innerhalb Spaniens. Das muss sich ändern.»

Die Aussichten für den internationalen Bahnverkehr sind rosig. Gemäss einer aktuellen Studie dürfte er sich bis 2050 verdoppeln. Jetzt ist laut Mäder die Branche gefordert, in Zusammenarbeit mit de Politik. «Wir brauchen Schienen, Züge und eine zeitgemässe Infrastruktur an den Bahnhöfen.»