On The Move
Kommentar Volle Kassen, dunkle Wolken
Gregor WaserViele Reiseunternehmen finalisieren in diesen Tagen das Budget 2024 – mit einigem Kopfzerbrechen. Die verschiedenen Zeichen sind nicht ganz einfach zu deuten.
In vielen Kassen sieht es aktuell so aus: der Umsatz in diesem Jahr beläuft sich auf das Niveau von 2019 oder übersteigt dieses um bis zu 10 Prozent – was unerwartet ist. Denn anfangs Jahr fielen die Schätzungen für dieses Jahr tiefer aus, viel eher im Bereich von 90 Prozent des 2019er-Umsatzes. Nun lief das Reisejahr, ob bei Badeferien im Mittelmeer und vor allem bei ausgiebigen Fernreisen, besser als erwartet. Diese positive Entwicklung bestätigen zahlreiche Reisebüros (Travelnews-Artikel hier und hier).
Die Swiss meldete gestern einen Rekordgewinn nach neun Monaten. Und das Hoch hält an, auch für die Winterbuchungen 2023/2024 sehen die Buchungseingänge bei den Reisebüros bisher gut aus.
Da müsste die Budgetierung für 2024 simpel sein: man nehme den Jahresumsatz 2023, pflastere 5 Prozent oben drauf – und fertig. Doch so einfach ist es aktuell eben nicht.
Delikate Ausgangslage
Es tauchen einige dunkle Wolken auf. Zunächst stellt sich die Frage bei den üppigen Fernreisebuchungen in diesem Jahr, ob diese im gleichen Ausmass im nächsten Jahr wiederkehren. Denn diese dürften in diesem Jahr noch immer von einem postpandemischen Nachholeffekt geprägt gewesen sein. Während zweieinhalb Jahren blieben viele Leute zuhause, die Reiselust und die Reisekasse wuchsen an, 2023 stand nun die richtig grosse Reise an. 2024 nochmals?
Die globalen Konflikte mehren sich. Die Welt blickt bestürzt nach Israel-Gaza, kein Ende und keine Lösung dieses Krieges ist absehbar. Auch der russische Angriffskrieg in der Ukraine hält unvermindert an. Und die Fronten zwischen den Weltmächten verhärten sich weiter. Die Reiseindustrie und gewisse Länder, die an Kriegszonen angrenzen, dürften die zunehmenden Konflikte im Jahr 2024 verstärkt zu spüren bekommen.
Die guten Umsätze täuschen darüber weg, dass unter dem Strich weniger Leute gereist sind. Die in diesem Jahr preislich deutlich höheren Reisearrangements und Flugtickets wurden von einer eher solventeren Klientel gebucht, in der Mittel- oder unteren Mittelschicht gab die Haushaltskasse schon in diesem Jahr weniger her. Diese Entwicklung verschärft sich im Jahr 2024 noch weiter: deutlich höhere Krankenkassenprämien und weiter ansteigende Mieten lassen die Kaufkraft schwinden. Der Kostendruck dürfte gerade bei Familien und somit bei den Badeferienbuchungen fürs Mittelmeer Auswirkungen haben. Hinzu kommt: der Mittelmeer-Sommer 2023 war geprägt von einer überaus grossen Hitze. Auch dies dürfte in die Überlegungen bei der Ferienplanung einfliessen.
Die Ausgangslage für das Reisejahr 2024 ist jedenfalls delikat, ein gutes Händchen bei der Budgetierung und somit auch bei der Personalplanung ist gefragt.