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Ekel-Alarm bei Sprachaufenthalten von EF
Die 15-jährige Lénie aus dem Wallis wollte für zwei Wochen weg, um ihr Englisch zu vertiefen. Nach einigen Abklärungen entschied sie sich für einen Aufenthalt in Eastbourne, England. Die Mutter bezahlte 2700 Franken für das Schulgeld und den Aufenthalt bei einer Gastfamilie. Doch anstatt bei einer Gastfamilie landete Lénie in einem heruntergekommenen Hotel, inmitten von Dutzenden anderen Schülerinnen und Schülern.
Laut der Mutter sagte EF, dass das eine gute Lösung sei, da viele Gastfamilien im letzten Moment abgesagt hätten und deshalb viele Schülerinnen und Schüler in zwei Hotels untergebracht werden mussten. Franco V. Muff, Ombudsman der Schweizer Reisebranche, spricht im Konsumentenmagazin «Kassensturz» von einer eindeutigen Vertragsverletzung. «Wenn man eine Familie will, will man keine Massenunterkunft», sagt er.
EF schreibt dazu, dass die Bedingungen im Sommer 2022 in einigen «unserer Studentenwohnheime in Südengland leider nicht unseren üblichen Standards genügten, was wir sehr bedauern».
Als Grund für die sehr kurzfristige Umplatzierung in ein Studentenwohnheim nennt EF die Absage mehrerer dutzend Gastfamilien im Zusammenhang mit Covid. «Deshalb mussten unsere Teams vor Ort Ad-hoc-Lösungen finden, um die Studierenden mitten in der Hochsaison unterzubringen.»
Ärger auch auf Hawaii
Probleme gab es auch andernorts. Der Aufenthalt von Sprachschülerin Christelle auf Hawaii begann mit einer unhaltbaren Situation: Der alleinstehende Mann, der sie und weitere drei Sprachschülerinnen bei sich beherbergen sollte, war gar nicht da. Während einer Woche.
Das Haus machte auf Christelle zudem einen sehr unhygienischen Eindruck, auch nachdem der Mann auftauchte. «Das Spülbecken in der Küche war manchmal voller Würmer und neben dem Müll lagen nicht identifizierbare Dinge», erzählt sie.
Nach ein paar Wochen schaffte sich der Gastgeber Welpen an. Sie urinierten und koteten in die Zimmer, doch der Besitzer kümmerte das laut Christelle nicht: «Weil der Mann nichts machte, mussten wir Sprachschülerinnen die Exkremente entfernen und den Boden sauber machen.» Doch es kam noch schlimmer.
«An einem Freitagabend um 23.30 Uhr erhielten wir per SMS die Nachricht, dass wir das Haus verlassen müssten, sofort. Der Mann hatte bereits sechs Monate zuvor alle seine Schülerinnen hinausgeworfen, er war dafür bekannt.
Reise-Ombudsman Franco V. Muff wählt auch hier klare Worte: «Das ist skandalös, so etwas darf nicht passieren, aber es ist ein typisches Beispiel, dass offenbar gewisse Schulen keine Ahnung haben, was für Unterkünfte ihre Sprachschüler vor Ort antreffen.»
EF will nichts von systematischen Problemen wissen
EF schreibt zum Fall, dass die Gastgeber «streng überprüft» würden und ein entsprechendes Auswahlverfahren für Gastfamilien durchgeführt werde. «In Fällen, in denen sich die Bedingungen seit unserem letzten Besuch verschlechtert haben oder andere Bedenken von unseren Schülern vorgebracht werden, treffen wir die notwendigen Vorkehrungen, um das Problem zu lösen», so EF.
Die Unterkunft werde dann gegebenenfalls gewechselt oder dem betreffenden Gastgeber sogar die Mitgliedschaft entzogen, wenn es sich nachweislich um ein schwerwiegendes Problem handle.» Ob dies im vorliegenden Fall so war, beantwortet EF nicht.
Die Anzahl Gastfamilien ist ein Problem. In England etwa hat sie Vergleich zu vor der Corona-Pandemie um 70 Prozent abgenommen. Das sagt Claudio Cesarano, Geschäftsführer des Schweizer Anbieters Linguista Sprachaufenthalte. «Auch in Irland, Frankreich, Italien und Spanien gibt es in Städten oder Regionen bis zu 50 Prozent weniger Kapazitäten.»
Dieser dramatische Rückgang führt Claudio Cesarano unter anderem auf die Tendenz zu Homeoffice zurück und Airbnb, «da die Preise da nachfragen-getrieben sind und somit mehr Geld verlangt werden kann, als wenn eine Sprachschülerin kommt».