On The Move

Ein gewaltiges Durcheinander am Flughafen von Antalya: Mangels Sitzgelegenheiten harren viele Reisende am Boden aus. Bild: TN

Einwurf Von himmlischen Ferien ins nackte Chaos

Reto Suter

Urlaub in der Südtürkei ist toll. Wenn da nur die Grenzerfahrung am Flughafen von Antalya nicht wäre. Dessen Abflugbereich ist in der Hochsaison eine Wiege des Wahnsinns.

Unsere Familienferien in Side waren ein Traum. Das Essen hervorragend, das Personal zuvorkommend und der Strand ein kleines Paradies am Mittelmeer – im Robinson Club Pamfilya an der türkischen Riviera blieben keine Wünsche offen.

Auch die Rückreise liess sich gut an. Der Limousinen-Transport zum Flughafen von Antalya hatte einen Hauch von Glamour, und die Gepäckaufgabe nach vorgängigem Web-Check-in ging ohne lange Warterei über die Bühne. Deutlich speditiver jedenfalls als in Zürich vor dem Hinflug.

Jetzt noch entspannt durch die Sicherheitskontrolle, in Ruhe etwas essen und dann mit Lesen und Musikhören die Zeit vertreiben, bis uns der Flieger zurück in die Schweiz bringt. So malten wir es uns aus. Leider kam alles anders.

Sitzgelegenheiten künstlich verknappt

Die Rolltreppe, die in die obere Etage des Flughafens führt, entpuppte sich als letzte kleine Oase auf unserem Weg ins Flugzeug. Denn: Rund um die Gates geht es zu wie im hölzernen Himmel.

Das beginnt bei der Sicherheitskontrolle. Nicht wegen der Wartezeit. Die war in unserem Fall durchaus erträglich. Alles andere hatte jedoch chaotische Züge. Zum Beispiel die lästigen Drängler hinter mir, die mich beim Metalldetektor um ein Haar rechts überholt hätten. Oder die Plastikkisten für das Handgepäck, die mir am Ende des Bands buchstäblich um die Ohren geflogen sind. Das war allerdings nur ein kleiner Vorgeschmack auf alles, was noch folgte.

Gerne hätten wir unsere Sandwiches sitzend gegessen. Diese Vorstellung stellte sich jedoch rasch als utopisch heraus. Ein kurzer Blick in die Abflughalle zeigte: Was sonst vor allem als beliebtes Spiel an Kindergeburtstagen bekannt ist, scheint am Flughafen in der Touristenhochburg Strategie zu sein: eine künstliche Verknappung von Sitzgelegenheiten.

Während für die tanzenden Kinder an der Party allerdings meist nur ein Stuhl zu wenig bereit steht, fehlen in Antalya rund um die Gates an die 100 Sitze, um allen Passagieren einen Platz zu bieten. Die Folge: Dutzende Reisende machen es sich auf dem Boden bequem, verstreut im ganzen Terminal.

Astronomische Preise in der Gastronomie

Wohlgemerkt: An Stühlen mangelt es nicht nur bei den Gates, sondern auch in der Gastronomie. Umso stolzer sind dort die Preise. Eine (nicht mehr ganz taufrische) Banane kostet drei Euro, für ein stilles Wasser in der PET-Flasche (3dl) werden fünf Euro fällig.

Auch andernorts kann es für die Passagiere teuer werden: Der Umrechnungskurs im Duty-Free-Shop ist miserabel, und WLAN-Zugang gibt's – im Gegensatz zu den meisten anderen Flughäfen – nur gegen Bezahlung.

Da macht sich bei vielen Fluggästen schlechte Laune breit. Dachten sich wohl auch die Verantwortlichen des Flughafens und engagierten prophylaktisch eine Pianospielerin, die mitten in der Abflughalle Klassiker wie den Beatles-Hit «Let it be» und den Charity-Song «We are the World» zum Besten gab. So fest sie auch in die Tasten haute: Die Minen der wartenden Passagiere hellten sich – wenn überhaupt – höchstens ein bisschen auf.

Nach fünf Stunden im wilden Durcheinander hatten wir es schliesslich geschafft. Mit rund zweistündiger Verspätung konnten wir dem Grauen entfliehen und uns den Weg ins Flugzeug bahnen.

Ich war überzeugt: Schlimmer konnte es nicht mehr werden. Da wusste ich allerdings noch nicht, dass mein fremder Sitznachbar im Flieger vorgängig etwas sehr Schlechtes gegessen haben musste. Aber das ist wieder eine ganz andere Geschichte...