On The Move

Jörg Albrecht, CEO von Albrecht & Kojima, leitet etliche Japan-Reisen im Jahr gleich selber. Bild: Gian Franco Dragoni

«Das Gefühl in Tokio zu stehen, musst du erleben»

Gregor Waser

Japanspezialist Albrecht & Kojima geht zusammen mit Diethelm Travel in einem Joint-Venture an den Start, das Japangeschäft neu aufzugleisen. Im Interview mit Travelnews schildert Jörg Albrecht die Hintergründe dazu und nennt gute Gründe, eine Japan-Reise anzutreten.

In Zusammenarbeit mit Diethelm Travel bietet Albrecht & Kojima 30 Zubuchertouren in Japan an. Gilt das schon für Abreisen in den nächsten Wochen?

Jörg Albrecht: Das geht schon bald los. Die erste Tour erfolgt mit Abflug am 14. Juli, diese Reise setzen wir für Berge & Meer um. Die erste Bonsai-Reise, eine Zubuchertour, beginnt am 29. Juli. Freundlicherweise hat Berge & Meer die Flugkontingente für dieses Jahr bei Emirates übernommen. Wir selber sind ja noch eine kleine Firma mit fünf Leuten in Köln und einigen handverlesenen Reiseleitern. Ich kenne das FIT-, das Kleingruppengeschäft sowohl auch den Incentive-Bereich. Und diese Zubuchertouren habe ich in meiner Zeit bei JF Tours gemacht. So kenne ich auch noch die Bus- und teilweise die Hotelpartner vor Ort. Wir müssen aber nun die entsprechenden Leute ausbilden, die das Geschäft übernehmen. Wir treten defensiv an und haben nicht alle Zubuchertouren, die JF Tours bisher durchgeführt hat, übernommen. Neben der kleinen Einstiegsreise, der Bonsai-Tour bieten wir noch die Ginseng-Tour an, eine Korea-Japan-Kombination.

JF Tours hat das Japan-Geschäft angeblich aufgegeben wegen fehlenden Reiseleitern.

Meines Wissens waren es nicht nur die fehlenden Reiseleiter, gleichzeitig soll es auch zu mehreren Kündigungen im Büro gekommen sein. Vielleicht waren 80 bis 90 Touren dann letztendlich doch zu viel.

Auf wie gross schätzen Sie das Volumen aus dem DACH-Raum?

2019 dürften es rund 250'000 Japan-Reisende aus Deutschland, Österreich und der Schweiz gewesen sein. Total hatte Japan in jenem Jahr 38 Millionen Gäste. Insofern verfügt Japan über genügend Kapazitäten. Aber die Anzahl deutschsprechender Reiseleiter – und JF Tours setzte fast ausschliesslich auf Japanologen – ist dann doch begrenzt.

Stellt sich Ihnen nicht dasselbe Problem?

Wir machen weniger Touren. Das Angebot dürfte sich verknappen. Aber natürlich müssen wir auch neue Leute finden. Und es gibt ja auch Reiseleiter, die nicht im JF-Universum gearbeitet haben und dies künftig für uns tun.

«Wir können das grosse Diethelm-Buchungsnetz nutzen und auf die sehr gute Absicherung von Diethelm zählen.»

Was ist die Eigenheit einer Zubucherreise?

Grundsätzlich kann man sagen, dass verschiedene Veranstalter die Buchungen beisteuern, der neue Name ist Seat-in-Coach. Als Veranstalter bucht man einen Sitzplatz im Bus und bleibt selbst immer noch Veranstalter und sichert mit dem Reisepreis-Sicherungsschein die Reise ab, hat aber eventuell nur zwei Leute mit dabei. Das bietet sich für alle Veranstalter an, die mal eine Japan-Anfrage haben, aber keinen ganzen Bus vollkriegen. Ein sehr gutes Konzept.

Wie wichtig ist für Sie, dass Sie nun mit Diethelm Travel mit einer grossen DMC zusammenarbeiten? Wie funktioniert das Zusammenspiel?

Wir freuen uns sehr, mit Diethelm Travel ab dem nächsten Jahr einen starken Partner vor Ort zu haben. Dann werden die Weichen auch auf Wachstum gestellt. Unser Ziel ist ja nicht, nur die Bonsai und Ginseng abzuarbeiten, sondern mit neuen Reisen und Terminen ins Rennen zu gehen. Auch um unser Risiko zu minimieren, hat Diethelm Travel gesagt, dass sie zusammen mit uns 30 Touren in diesem und im nächsten Jahr garantieren. Aufgestellt als Südostasien-DMC, fehlt Diethelm Travel noch ein Büro in Tokio. Diethelm hat für die jeweiligen Asien-Destinationen einzelne Experten eingestellt. In Japan wären das nun wir, der Partner für Diethelm. Wir können das grosse Diethelm-Buchungsnetz nutzen und auf die sehr gute Absicherung von Diethelm zählen. Mit dem Joint-Venture bringen wir beide Seiten ins Rennen. Das wird eine eigene Firma werden, wie sie genannt wird, ist noch offen. Die Planung dazu gibt’s schon länger, Tourasia ist ein Kunde von uns, Stephan Roemer kenne ich persönlich.

Die Nachfrage für Japanreisen ist aktuell sehr gross. Wieso kommt es gerade in diesem Jahr zu einem solchen Boom?

Corona ist vorbei … Und Japan ist ein Herzenswunsch für viele. Bei den Zubuchertouren gibt es Ausnahmen, aber grundsätzlich ist Japan eine hochpreisige Destination, auf die man lange spart. Und während Corona war die Gelegenheit gut, auf eine solche Reise hin zu sparen. Für viele gehört Japan nicht zu den ersten grossen Destinationen, die man sich im Leben gönnt, aber irgendwann kommt das dann. Jetzt scheint der Moment da zu sein.

Zusammen mit Diethelm Travel wird Jörg Albrecht das Japan-Geschäft ausbauen. Bild: René Müller

Welche must-sees muss man bei einer erstmaligen Japan-Reise gesehen haben?

Auf jeden Fall Tokio und Kyoto. Da muss man sich einen Eindruck verschaffen von diesen sehr unterschiedlichen und wichtigen Städten. Tokio ist gerade mal 400 Jahre alt und verändert sich halbjährlich, die Entwicklung ist enorm. Tokios Schnelligkeit ist unglaublich. Das Gefühl in dieser Stadt zu stehen, musst du erleben. Daran hast du auch noch Freude, wenn du ein zweites oder drittes Mal nach Tokio kommst. In Kyoto lässt sich eine fast 1100 Jahre alte Geschichte erleben, die zahlreichen, alten Tempel in den Bergen sind alle unterschiedlich. Gleichzeitig hat Kyoto auch eine Studentenstadt-Atmosphäre. Tokio und Kyoto sind bei unseren Reisen immer mit dabei.

Welches ist ein eher unbekannteres Highlights, das man erleben muss?

Mein persönliches Highlight ist die Insel Naoshima. Eine natürliche Insel, die von mehreren Museen geprägt ist, teilweise in den Berg hineingebaut, sowie mit zahlreichen Openair-Kunstwerken. Die Insel, die einmal nahezu entvölkert war, ist dadurch wieder zu Leben erwacht. Hier ein, zwei Nächte zu verbringen, ist ein eindrückliches Erlebnis.

«Wir hatten schon Gäste, die mit uns einzig wegen den Sterne-Restaurants nach Tokio gereist sind.»

Was macht Ihrer Meinung nach generell der Reiz einer Japan-Reise aus?

Viele Erstbesuchende haben traditionelle Vorstellungen von Japan und sind verwundert, dass dies nicht ganz so ist. Japan ist ein modernes Land, gleichzeitig trifft man auch noch auf Frauen im Kimono, die Geisha-Kultur lebt noch, das ist keine Folklore-Show. Japan hat nicht umsonst einen Unesco-Welterbestatus für das Essen. Während einer Japan-Reise, egal wie lange die dauert, lässt sich jeden Tag etwas Anderes essen und es wird immer gut sein, für 10 Franken oder 400 Franken, wir hatten alles schon auf unseren Reisen – gut war es immer. Wir hatten schon Gäste, die mit uns einzig wegen den Sterne-Restaurants nach Tokio gereist sind. Auch die gelebte Kultur ist eindrücklich, die Tempel sind nicht leer, wie hier in Köln die Kirchen, Religion wird gelebt, ist kurzweilig, in drei Minuten kannst du deine Bitte darbringen. Und die Menschen sind unglaublich freundlich, nur sprechen sie kaum Englisch – und das wiederum ist unser Geschäft.

Welche Dos und Don’ts gilt es für Japan-Reisende zu beachten?

Ein Don’t ist, wenn man vergisst, die Schuhe auszuziehen, in einem Tempel, in einem Schrein, bei einer privaten Einladung, aber auch beim Arzt oder Coiffeur. Zusätzliche Socken sollte dabeihaben, wer schnell kalte Füsse kriegt. Ansonsten sind Japaner sehr offen und tolerant, auch uns ausländischen Touristen gegenüber. Man kann nicht wirklich sehr viel falsch machen. Die Kleinigkeiten, etwa die Etikette beim Essen, die erfährt man dann durch die Reiseleiter. Bei den Dos gilt es, so viel verschiedenes Essen zu probieren wie möglich, dafür offen zu sein. Und ein Do muss sein, eine Japan-Reise zu machen (lacht).

Welches ist Ihr Japan-Background? Was hat Sie in den Bann Japans gezogen?

Mit 30 Jahren habe ich beim Radio, beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland gearbeitet, war dann mit meinem Job nicht mehr glücklich und entschied mich für ein Sprachstudium. Die Wahl auf Japanisch fiel eher zufällig aus dem Bauch heraus. Ich studierte dann acht Jahre lang mit voller Freude bis zum Magister, inklusive zwei Jahren Japan-Aufenthalt und arbeitete nebenbei weiterhin als freier Mitarbeiter für den Rundfunk, unter anderem konnte ich fürs Radio auch Japan-Beiträge umsetzen. Dann kamen eine japanische Frau hinzu, bald hatten wir Kinder. So begann meine Liebe zu Japan bei Null bis sich nun fast mein ganzes Leben um Japan dreht.