On The Move

Ferienreisende haben sich an die Verfügbarkeit von Last-Minute-Angeboten gewöhnt. Das könnte sich in diesem Jahr rächen. Bild: Adobe Stock

«Die Leute denken, sie finden dann schon noch was»

Der Aufruf von Reiseveranstaltern und Reisebüros, doch frühzeitig zu buchen, verhallt oft, zeigt eine Travelnews-Umfrage. Wieso bloss?

Die Zeichen verdichten sich, dass es immer schwieriger wird, im Hochsommer noch ein freies Hotelbett am Meer zu finden. Der Nachholbedarf in die Ferien zu fliegen, ist weiterhin gross. Die Airlines operieren noch nicht mit den selben Kapazitäten wie vor der Pandemie. Veranstalter wie TUI registrieren bereits vereinzelt ausgebuchte Ferienorte und erachten die Chance auf Last-Minute-Angebot als klein.

Seit Jahren liegen Reiseveranstalter und Reisebüro der Kundschaft in den Ohren, bitte doch frühzeitig zu buchen, nur so liessen sich noch freie Plätze zu guten Konditionen finden. Doch kommt die Botschaft auch an?

An den Leuten vorbeigegangen

Wie eine Travelnews-Umfrage bei Schweizer Reisebüros zeigt, verhallt der Appell und Aufruf, doch früh zu buchen. Michael Mettler, Geschäftsführer von Helbling Reisen in Gossau SG sagt dazu: «Mein Eindruck ist, dass viele Reisende weiterhin überzeugt davon sind, auch kurzfristig noch passende Ferienangebote zu finden. Das erstaunt mich. Eigentlich sollte ja bekannt sein, dass bei einer frühen Buchung der Preis besser ausfällt. In diesem Jahr ist dies noch stärker der Fall als früher.» Dies sei aber offensichtlich an den Leuten vorbeigegangen, obwohl Helbling Reisen aktiv und regelmässig auf den Umstand hinweise.

Silvia Cornel von Cornels Reisebar in Kreuzlingen TG sagt zum Thema: «Wir haben uns schon überlegt, eigens einen Newsletter aufzusetzen, um auf die Wichtigkeit des frühen Buchens aufmerksam zu machen. Doch dann haben die Leute das Gefühl, man wolle nur Druck aufsetzen.» Nun seien sie und ihr Team aber die Geplagten: «Wir sind bei diesen kurzfristigen Anfragen gezwungen, trotz limitiertem Budget der Kunden noch etwas zu finden, was bei hohen Preisen und geringen Verfügbarkeiten dann aber schwierig und zeitaufwändig ist.» Da könne schon die Frage aufkommen, will man das überhaupt anbieten? Oder im vornherein schon sagen, ich nehme keine kurzfristigen Buchungen an? Was dann aber wiederum heissen könnte, man habe es nicht nötig. Eine schwierige Situation.

Mehrere Ursachen

Barbara Wohlfahrt, Reisecocktail Affoltern am Albis ZH, teilt den Eindruck, dass kaum ein Umdenken Richtung frühes Buchen stattfindet. Sie schildert in ihrer Antwort gleich mehrere mögliche Ursachen. «Während der Pandemie waren genügend kurzfristige Angebote zu finden. Das Reisen war günstig und wir hatten keine Probleme. Dazu hat die Reisebranche jahrelang die Kunden darauf getrimmt, Last Minute ist cool und es gibt auch am Flughafen noch Schnäppchen.» Ein Umdenken brauche seine Zeit. Gleichzeitig habe ein Teil der Kunden Mühe sich festzulegen und zu wissen, wohin sie in einem Jahr in die Ferien gehen. Es ändere sich stets so viel. «Risiken wie private Trennungen oder eine veränderte finanziellen Lage lassen sich nun mal nicht absichern. Da nützen auch die Flex-Optionen wenig.»

Sie ortet aber noch eine weiteres, technisches Problem und zwar bei den Schweizer Veranstaltern. «Flüge sind zwar super easy elf Monate im Voraus buchbar. Aber wehe, ich will im März oder April schon die Winterferien buchen, dann stosse ich gerade im CETS Powersearch auf einen Mangel an Angeboten. Ich kann dem Kunden aber schlecht erklären, hey Kunde, das Angebot ist online zwar buchbar, aber im Reisebüro noch nicht ... Das hat zur Folge, dass wir als Reisebüros zum Mikro-Touroperating gezwungen werden.»

Sie verfüge über Kunden, die aus den Ferien zurückkommen und gleich die Frühlingsferien 2024 buchen möchten. «Das ist nur vereinzelt bei den Veranstaltern möglich. Hier muss auch ein Umdenken von unseren Partnern stattfinden», findet Barbara Wohlfahrt, «wir brauchen klar kommunizierte Freigabetermine fürs nächste Jahr.»

(GWA)