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Der Nachholbedarf bei Reisenden hält weiterhin an. Bild: TN

Kommentar Die Preise gehen hoch – und niemanden kümmert's

Gregor Waser

Im Sommer mit einem Schnäppchenpreis ans Mittelmeer zu reisen, das war einmal. Die Sommerferien 2023 werden teurer. Doch die Nachfrage ist weiterhin gross. Erstaunlich.

Ferien am Mittelmeerstrand werden in diesem Sommer einiges teurer als in den Vor-Pandemie-Jahren. Denn es braut sich einiges zusammen.

Die Airlines sind gezwungen ein höheres Preislevel anzuschlagen, alle Elemente sind teurer geworden. Seit dem Ukraine-Krieg sind die Kerosinpreise in die Höhe gegangen. Flughäfen und Bodenabfertigungsgesellschaften haben ihre Preise erhöht, auch Zulieferer, etwa fürs Catering, verlangen mehr. Gleichzeitig sind die Kapazitäten eingeschränkt, alleine die Lufthansa hat auf den Sommer hin 34'000 Flüge annulliert, wegen eigenem Personalmangel und der Befürchtung, dass die Flughäfen die ursprünglich geplanten Flüge nicht stemmen können, wegen dem Personalmangel ihrerseits.

Auch vor Ort in den Badeferienhotels ist das Preisniveau wegen höherer Energiepreise und der Inflation angestiegen. Stand jetzt, ist unter dem Strich mit 10 bis 20 Prozent höheren Badeferien-Preisen zu rechnen im Vergleich zu 2018 oder 2019.

Langjährige Schnäppchenjäger lehnen sich wohl nun zurück. Sie erachten die aktuellen Preise als Alarmismus in der Vorsaison und gehen davon aus, dass die Preise auf die Abflugdaten hin dann schon noch deutlich sinken. Doch in diesem Jahr dürfte die Last-Minute-Kundschaft falsch liegen. Wer mit Günstigangeboten in letzter Minute rechnet, kann solche zwar im Mai oder September finden, doch die Hauptsaison in den Monaten Juli und August ist schon gut gebucht.

Das Reisebudget kaum angefasst

Dass trotz hoher Preise gereist wird, als ob es kein Morgen gäbe, konnten die Schweizer Reiseveranstalter schon im letzten Herbst feststellen – mit einer gewissen Verblüffung. Obwohl sie an der Preisschraube nach oben drehten, die Buchungen kamen und kamen rein. Schnell war das Argument gefunden: ein riesiger Nachholeffekt nach zweieinhalb Jahren pandemiebedingter Reisezurückhaltung. Dass dieser Effekt nun aber auch im Folgejahr ungebremst anhält, ist erstaunlich.

Was dafür spricht? Die Leute haben während der Pandemie das Reisebudget kaum angefasst und entsprechend prall scheinen nun die Reserven zu sein. Man gönnt sich was, auch mal längere Ferien und höhere Hotelkategorien. Zudem bringt der starke Schweizer Franken mit sich: die Inflation vor Ort wird dank dem für Schweizer günstigen Wechselkurs abgefedert, die spontanen Ausgaben, sei es in Restaurants oder bei Ausflügen, halten sich in Grenzen.

Dass ein höheres, vernünftigeres Preisniveau sich im Markt durchsetzen lässt, ist zu begrüssen. Denn die 2010er-Jahre haben das Bewusstsein bei Flugpassagieren, was ein Flugticket kosten müsste, erodieren lassen – Ryanair und Easyjet und deren 29- oder 39-Euro-Tarife sei dank.

Die Frage bleibt nun, wie lange dieser Effekt von knappem Flugangebot und grosser Nachfrage anhält. Sollten die Airlines ihre Personalengpässe überwinden und ihre früheren Flugfrequenzen wieder auflegen, dürfte es theoretisch nicht lange gehen, bis wieder Überkapazitäten im Markt sind – und sich die Preise nach unten bewegen. Hier gilt es aber zu bedenken: alle Fluggesellschaften sind nach den Coronajahren massiv verschuldet, die Schätzungen belaufen sich auf 200 Milliarden Dollar weltweit. Der Versuch, diese Schulden abzutragen, dürfte die Airlines davon abhalten, frühzeitig die Preise zu senken.