On The Move
Die fünfstelligen Business-Tarife sind zurück
Jean-Claude RaemyDass die Flugtarife zuletzt gestiegen sind, ist hinlänglich bekannt (Travelnews hat hierzu auch schon berichtet) - wobei dies eine generelle Feststellung ist, die punktuell nicht immer zutreffend ist. Der Fokus hierbei lag bislang vor allem auf den Leisure-Tarifen. Doch wie sieht es bei den Business-Tarifen aus? Die Vermutung lag im Raum, dass diese möglicherweise nicht gleich anziehen, weil der Commercial-Bereich sich ja nicht gleich schnell erholt wie der Leisure-Bereich.
Doch das scheint ein Irrtum zu sein. Die Business-Tarife sind in letzter Zeit ebenfalls stark erhöht worden. Die Global Business Travel Association geht davon aus, dass die Preise bis ins 2023 hinein auch im Premium-Bereich stark steigen werden (Travelnews berichtete). Doch sie ging davon aus, dass sich die Business-Preise immer noch unter dem prä-pandemischen Niveau bewegen würden.
Ein Augenschein zeigt aber: Dieses Niveau ist längst wieder erreicht und teilweise auch übertroffen. Einerseits bei klassischen Geschäftsreisestrecken im europäischen Städteflugverkehr, aber auch auf interkontinentalen Ferienstrecken. Dort werden für Business-Flüge inzwischen bereits wieder fünfstellige Summen verlangt, wie nachfolgendes Beispiel eines Edelweiss-Flugs nach Male im Februar 2023 in Business-Class zeigt:
Die YQ-Taxe stieg zuletzt stark an
Die wesentliche Frage ist: Wie ist das alles im Vergleich zu vor der Pandemie? Dazu einige Beispiele:
Mit Emirates ging es im November 2019 in O-Klasse (tiefste Business) für 2852 Franken nach Mauritius. Das gleiche Ticket kostete im Januar 2022 dann aber 3560.50 Franken. Nehmen wir den gleichen Flug, ausgestellt im August 2022: Da liegt man bei 5021.70 Franken. Zugenommen hat hierbei aber weniger der Tarif, sondern vor allem der Treibstoffzuschlag, welcher allein 1691.70 Franken ausmacht (im Janur noch 424 Franken).
Mit Qatar Airways nach nach Bangkok kostete im Dezember 2019 hin in I-Kl und zurück in R-Kl genau 3117 Franken. Derselbe Abflug im Dezember 2022, ausgestellt im Mai 2020, dann 3405 Franken. Das gleiche Szenario, mit Ausstellung Ende August 2022: 3975 Franken. Auch hier stieg vor allem der YQ-Zuschlag.
Mit Singapore Airlines nach Sydney kostete (Abflug Oktober 2019, ausgestellt im März 2019, in U-Klasse) 5349 Franken. In diesem Jahr liegt der Flug bei 5639 Franken. Die vermeintlich tiefe Differenz hat in diesem Fall aber damit zu tun, dass Singapore die Business schon vor Covid preislich sehr hoch ansetzte, und somit keine markanten Anpassungen vornehmen musste.
Noch ein USA-Beispiel gefällig? Mit Swiss nach Miami kostete zuvor (Abflug November 2019, ausgestellt im Februar 2019, in P-Klasse) 3368 Franken, wovon 621 Franken auf Taxen entfielen. In diesem Jahr, mit gleichem Szenario aber Ausstellung im Januar, war der Preis tiefer, nämlich bei 2937 Franken (622 Franken Taxen). Erfolgte die Ausstellung erst im August, sah es anders aus: Dann lag der Preis bei 3050 Franken; die Taxen lagen bei 719 Franken, wurden also auch in diesem Fall deutlich erhöht.
Noch ein Blick auf aktuelle Beispiele, sieht man, wie die Preise weiter steigen:
Ein simpler Business-Flug nach Dubai mit Emirates kostet für den Flugzeitraum 15.-22. Oktober satte 8507 Franken in Business (Stichprobendatum: 21. September). Zu denselben Daten mit Qatar Airways auf die Seychellen? Kostet in der tiefsten Business-Kategorie 4670 Franken, mit etwas mehr Flexibilität ist man bald bei 6000 Franken.
Was ist mit den kurzen Business-Flügen für Geschäftsreisende? Ein Flug mit Lufthansa nach Frankfurt am 28. September, mit Rückflug am Folgetag, kostet in der tiefsten Kategorie «Business Saver» schon mal 1727 Franken. An denselben Daten mit Air France nach Paris ist etwas günstiger: «Nur» 844 Franken in Business Flex.
Was sagt die Branche?
Andreas Gantenbein, Geschäftsführer von Aerticket Suisse, erklärt gegenüber Travelnews: «Die Business-Tarife haben sich zuletzt nicht merklich erhöht, sie sind weiterhin teuer. Teils bewegt man sich jetzt in einer Range, die vorhin lediglich für Full-Fare-Tickets galt. Wir sehen ein generell recht hohes Tarifniveau in Business und rechnen aber damit, dass dies für Nordamerika nur mittelfristig so bleiben wird. Es hat natürlich damit zu tun, dass die Nachfrage für beliebte Ziele, die nonstop erreichbar sind, extrem hoch ist. Wir stellen also Preiserhöhungen fest bei den meisten gängigen Carriern.» Marc Zinniker, Direktor des FTI Ticketshop, stimmt ebenfalls zu, dass die Business-Tarife zuletzt deutlich gestiegen sind: «Abgesehen von der Steuerung, welche sicher strikter ist, gibt es auch viel weniger Business Specials und Aktionen wie 2-for1.»
Bianca Gähweiler (Sprecherin Hotelplan Suisse) ergänzt: «Von einer Explosion der Business-Tarife kann unserer Meinung nach nicht die Rede sein, eher von einer Normalisierung. Vor und während Covid wurden die Tarife massiv verbilligt. Dass die Preise nun wieder steigen, hat vor allem damit zu tun, dass Verfügbarkeiten fast ausgebucht sind und daher in höheren Klassen die Preise in die Höhe schnellen - je nach Airline unterschiedlich. Tendenziell sehen wir die grössten Erhöhungen in Richtung Afrika, Asien und Ozeanien; im Transatlantikgeschäft eher punktuell, dabei teilweise sogar schon ein Gegentrend. Unser vorläufiges Fazit ist: Vor allem Airlines, welche vor Covid die Preise in die Tiefe gezogen haben, korrigierten. Zu berücksichtigen ist zudem, dass das Flugangebot aktuell nicht mehr so hoch ist wie vor Covid. Aufgrund der hohen Nachfrage haben fast alle Langstreckenflüge nur noch in den höchsten Business-Klassen Verfügbarkeiten, was bedeutet, dass wer heute einen Flug sucht, doppelte bis dreifache Preise gegenüber den vorhin erwähnten Beispielen findet.»
Wir haben auch bei einer Airline nachgefragt. Swiss-Sprecher Michael Pelzer verneint gegenüber Travelnews, dass es in Business derzeit höhere Preissteigerungen gebe als bei Economy-Tarifen: «Wir verzeichnen aktuell über die verschiedenen Klassen hinweg vergleichbare Ertragssteigerungen – getrieben durch Angebot und Nachfrage. Es trifft zu, dass das Corporate-Segment im Vergleich zum Leisure-Segment verzögert zurückkommt. Dafür sehen wir gegenwärtig eine deutlich verstärkte Nachfrage nach Premium-Leisure.»
Wie entstehen Flugtarife?
Es ist in diesem Zusammenhang wichtig, sich zu vergegenwärtigen, wie Flugtarife entstehen. Grundsätzlich gilt: Die Verfügbarkeit bestimmt weitestgehend die Preisgestaltung. Sind viele Plätze frei, ist es günstiger, sind nur noch wenige Plätze frei, ist es teurer. Airlines verwenden ein System von Buchungsklassen, um diese Verfügbarkeit zu verwalten. Doch die effektive Nachfrage ist nur ein Teil - die Preise innerhalb der Buchungsklassen werden auf der Grundlage einer erwarteten Nachfrage, aufbauend auf Erfahrungswerten und ausgeklügelten Trendprognosen, festgelegt. Hierfür haben die Airlines ein komplexes Ertragsmanagement-System auf die Beine gestellt, das historische Daten, Algorithmen und künstliche Intelligenz einbezieht.
Wie sich das nun verändert hat, nachdem die Pandemie sämtliche Erfahrungen und Prognosen während zwei Jahren komplett über den Haufen warf, lässt sich schwerlich beantworten, und die Airlines lassen sich in der Preisgestaltung natürlich nicht in die Karten schauen.
Gleich geblieben sind jetzt, wo die Preise wieder auf normale Niveaus kommen und die Nachfrage besser einschätzbar ist, lediglich die ewiggleichen alten Tricks, mit denen man versuchen kann, zu günstigeren Tickets zu kommen. Sprich, man sollte versuchen, ausserhalb der Hauptreisetermine zu fliegen - wichtig ist hierbei, nicht die Vorgaben aus dem Heimatland (z.B. Schulferien) zu berücksichtigen, sondern auch solche im Zielland (z.B. nationale Feiertage). In der Regel sind auch Flüge zwischen Dienstag und Donnerstag günstiger - mit Ausnahme einiger wichtiger Geschäftsreisestrecken. Ebenso ist es günstiger, an diesen Tagen zu buchen.
Und um nochmals zu den Business-Tarifen zu kommen: Es gilt gut zu prüfen, was alles im Preis inbegriffen ist. Selbst in der Business Class schliessen einige Fluggesellschaften heutzutage Gepäck und Lounge-Zugang von den günstigsten Tarifen aus.