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Darf diese Airline ihren Slot langfristig behalten? Die EU will die Slotvergaberegelung nach den Pandemie-bedingten Lockerungen wieder verschärfen. Bild: AdobeStock

Die EU will die 80:20-Slotregel definitiv zurückbringen

Der Verkehr an den Flughäfen habe sich soweit erholt, dass wieder die alten Regeln hinsichtlich Slotvergabe zu Tragen kommen. Airlines sollen unter besonderen Umständen aber weiterhin von diesem Zwang befreit sein können.

Bekanntlich wurde infolge der Pandemie die «80:20-Slotregel» ausgesetzt - also jene Regel, die besagt, dass eine Fluggesellschaft einen jeweiligen Slot am Flughafen zu mindestens 80 Prozent nutzen muss, ansonsten der Slot ab der nächsten Flugplanperiode wieder in den freien Markt gehen muss (sogenanntes «use it or lose it»). Seitdem bemühen sich die Luftfahrtbehörden, die Regel wieder einzuführen, wogegen sich die Airlines, allen voran deren Dachverband IATA, mit Händen und Füssen wehren (Travelnews berichtete mehrfach). Deren Argument war bislang, dass man noch lange nicht zurück bei den präpandemischen Werten sei. Was bis zu diesem Sommer auch stimmte - doch die enorme Nachfrage in diesem Sommer und der aufgrund dieser Nachfrage exzellente Yield bei den Airlines hat die EU dazu geführt, nun ihre Forderung doch wieder geltend zu machen.

Zur Erinnerung: Für die Flugplanperioden Winter 2021/22 erhöhte Brüssel die Slot-Nutzungsrate bereits auf 50 Prozent und für den laufenden Sommer 2022 auf 64 Prozent. Filip Cornelis, Direktor für Luftfahrt bei der «Generaldirektion Mobilität und Verkehr» der EU-Kommission, erklärte aber neulich, dass die «gute Erholung des Luftverkehrs» und die positiven Aussichten eine Beendigung der vorübergehenden Befreiung der herkömmlichen Slot-Regeln spätestens ab der Winterflugplanperiode 2022/2023 rechtfertigen würden - also eine defnitive Rückkehr zur 80:20-Regel gewünscht sei. Der Flugverkehr liegt nämlich laut Eurocontrol seit April 2022 wieder durchgehend bei über 80 Prozent des Niveaus von 2019, im August gar bei 88 Prozent. Eurocontrol geht davon aus, dass das Verkehrsaufkommen zu Beginn der Winterflugplanperiode 2022/2023 bei 90 Prozent (gegenüber 2019) liegen wird.

Trotzdem werden auch die Sorgen der Airlines berücksichtigt. Die EU-Kommission räumt ein, dass für den Winter 2022/23 weiterhin ein hohes Mass an Unsicherheit bestehe, angesichts der Teuerungen, einer möglichen Rückkehr von Covid-Wellen und damit verbundenen Massnahmen, oder einer möglichen Ausweitung des Ukraine-Kriegs. Aus diesem Grund schlägt die EU-Kommission vor, dass Airlines weiterhin die «Ausnahmeregelung für die begründete Nichtnutzung von Slots» in Anspruch nehmen können. Dies aber nur, wenn Behörden gesundheitspolizeiliche Massnahmen anordnen, welche den Flugverkehr einschränken und/oder die Reisemöglichkeiten der Fluggäste erheblich beeinträchtigen. Darüber hinaus soll diese Ausnahmeregelung auf Massnahmen ausgedehnt werden, welche nicht nur im Zusammenhang mit Covid-19 stehen, sondern auch mit anderen grösseren Problemfällen im Bereich Gesundheit, Naturkatastrophen oder politische Unruhen. Die EU werde darüber wachen, dass es nicht zu einer willkürlichen Auslegung durch die nationalen Slotkoordinatoren kommt.

Cornelis erklärte in diesem Zusammenhang: «Die Slot-Regeln müssen allen Fluggesellschaften faire Chancen für den Zugang zu den begrenzten Flughafenkapazitäten bieten und sollten diejenigen belohnen, welche die Flughafenkapazitäten effizient nutzen.» Auch die europäischen Flughäfen plädieren für eine Rückkehr zur 80:20-Slotregel. «Es steht ausser Frage, dass die Ausnahmeregelungen für die Flughäfen mit einem Verlust an Konnektivität und Einnahmen verbunden waren», erklärte etwa Olivier Jankovec, Generaldirektor des Airports Council International Europe (ACI).

Die Airlines halten weiterhin dagegen

Wenig überraschend äusserte sich die International Air Transport Association (IATA) gegen die Wiedereinführung der 80:20-Regel. In einem Positionspapier schrieb der Verband zum wiederholten Mal: «Der Vorschlag steht im Widerspruch zu den Umweltzielen der Branche und den EU-Vorgaben, da er die Produktivität auf ein normales Niveau anhebt, bevor der Sektor oder die Nachfrage dazu bereit sind.» Die aktuellen 64% Slotauslastung sollten also laut IATA auch im kommenden Winter beibehalten werden. Darüber hinaus wird Angst davor geschürt, dass die von der EU angeregten Änderungen im System zum «Berechtigten Beantragen zur Nicht-Nutzung von Slots» zu Chaos und Bürokratie führen könnten.

Bei dem Vorschlag handelt es sich um eine Übergangsregelung, die für die folgenden drei Flugplanperioden gelten würde, während parallel dazu die generelle Slotverordnung überarbeitet wird. Der Vorschlag für eine vorübergehende Befreiung von den Regeln für die Slotnutzung innerhalb der EU bedarf der Zustimmung des Europäischen Parlaments und des Rates. Das Europaparlament wird voraussichtlich im Oktober, kurz vor Beginn der Winterflugsaison am 30. Oktober, darüber abstimmen.

(JCR)