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Gut geschützt, hübsch ausgestattet: Das Bett im Garten des Hotel Schloss Münchenwiler. Bilder: Der Internaut

Tested Mein Bett im Hotelgarten

Andreas Güntert

Übernachten mit einer Million Sternen: Das wird jetzt in Schweizer Hotelgärten angeboten. Da leg ich mich gleich mal hin.

Wenn es mal so richtig heiss wird in unseren Breiten und wenn wir aus Folge daraus Tropennächte erleben, dann regt sich oft ein grosser Traum beim Mittel- und Nordeuropäer. Ein Wunsch-Cocktail, gemixt aus Romantik, Abenteuerlust und Keckheit. Der Wunsch geht so: Einmal bei sich zu Hause draussen übernachten.

Dieser Wunsch ist in der Populärkultur stark verankert. Etwa im Open-Air-Loblied «Ein Bett im Kornfeld», das schon in den tiefen Siebzigerjahren den grossen Wunsch besang von der Outdoor-Nacht. Der Traum von der Draussen-Übernachtung im eigenen Heim lebt. Die meisten Leute lassen es dann aber lieber bleiben.

Weil die Nachbarn Einsicht haben könnten auf die Temporär-Open-Air-Bettstatt. Oder weil Füchse, Mücken und andere tierische Störenfriede befürchtet werden. Weil der Balkon zu klein ist. Oder weil sich ein meteorologisches Angstgefühl regt: Dass man verregnet werden oder frieren könnte. Oder beides. Oder alles.

Die Vereinigung Garten Hotels Schweiz hat den Wunsch erkannt. In ausgewählten Häusern dieser Gruppe werden Nächte im Freien angeboten. Eine wunderbare Idee, finde ich. Zumal das Angebot den zögerlichen Menschen genau dort abholt, wo er steht. Er möchte ja so gern. Und hat trotzdem ein wenig Schiss. Den freien Himmel will er – aber die Mühsal mit einem Zelt lieber nicht. Er will es einfach – und doch ein wenig luxuriös.

No room, but with a view: Aussicht aus der Schlafstatt im Kräutergarten.

Voilà: Die teilnehmenden Häuser der Garten Hotels Schweiz bieten die Übernachtung im Freien plus Viergang-Abendmenü, Schlummertrunk, Frühstück. Und am wichtigsten: Dies alles ergänzt mit der Option, bei schlechtem Wetter nach drinnen zu dislozieren. «Soft Adventure» sagen dem die Touristik-Soziologen: Ein Abenteuer mitmachen – aber am liebsten mit der Möglichkeit, sich jederzeit wieder in die persönliche Komfortzone zurückziehen zu können.

Weil der Internaut im Grunde auch so ein Soft-Adventuralist ist, musste er dieses Angebot gleich ausprobieren. Und erhielt die Chance, sich als erster Gast überhaupt – auf Einladung – im Aussenbereich des Hotel Schloss Münchenwiler im Kanton Bern zu betten. Die Location ist traumhaft: Das Doppelbett steht mitten im schlosseigenen Kräutergarten in einer Hainbuche-Pergola, gut geschützt vor allzu neugierigen Blicken. Kerzen weisen den Weg zum Schlafplatz Und dieser ist liebevoll ausgestattet mit Laternen und einem Open-Air-Nachttisch.

Stilvolle Ablage für die Nacht im Freien: Nachttisch im Kräutergarten.

Wie fühlt sich eine Nacht an in der geschützten Werkstatt des Open-Air-Sleeping im original gepflegten Swiss-Style? Wie kommt man zu einer so schönen Outdoor-Nacht? Folgendes kann ich dazu sagen:

  • Feeling: Es fühlt sich grossartig an. Beim Einschlafen horche ich hinaus und rieche in die Welt von Lavendel, Salbei und Estragon und stelle dabei fest, dass so ein Kräutergarten nie ganz zur Ruhe kommt. Da und dort raschelt es, mal fällt ein Blatt herunter, mal krächzt ein verschreckter Vogel. Aber alles auf der untersten Dezibel-Ebene. Ein angenehmer Soundtrack. Langsam wird man Teil eines grossen Ganzen. Friede herrscht.
  • Helden-Potenzial: Wenn man mit Begleitung zum Frühstück erscheint, ist der Helden-Status gewiss. Alle wissen, dass man da draussen war. Und alle bewundern einen dafür. Es gibt eine echte Story zu erzählen. Im stilvollen Frühstücksraum. Und zu Hause.
  • Aufbewahrung: Den Koffer und die Siebensachen kann man in einem Raum im Gästehaus – eine Gehminute entfernt vom Kräutergartenbett – unterbringen. Dort befinden sich auch Dusche und Toilette.
  • Mitbringen: Leichtes Schuhgerät wie etwa Flip-Flops gehört zwingend dazu. Wenn es mitten in der Nacht auf die Toilette geht, will man nicht eine Minute lang barfuss über Kies gehen. Wer leichten Schlaf hat, sollte Ohrenstöpsel mitbringen. Geweckt wird man zur frühen Morgenstunde zwar aufs Angenehmste von der Vogelwelt, danach aber macht sich der Strassenverkehr bemerkbar. Am Weekend ist es in der Regel ruhiger als während der Woche.
  • Kosten: Das ganze Paket mit Übernachtung, Begrüssungsdrink, 4-Gang-Abendmenü, Schlummerdrink und Frühstück kostet für zwei Personen 350 Franken. Für Schweizer Verhältnisse ein sehr fairer Preis.
  • Termine: Die Nacht im Freien wird im Hotel Schloss Münchenwiler vom 6. bis 12. August 2018 angeboten. Bei grosser Nachfrage und passendem Wetter auch in den Wochen darauf.
  • Andere Open-Air-Angebote der Garten Hotels: Jedes der teilnehmenden Hotels hat sein eigenes Angebot. Zur Übersicht.

Zum Morgenbad etwa empfiehlt sich der Pool des Hotels. Angelegt wie ein grosser Brunnen, aber absolut safe für eine erquickende Schwimm-Einheit. Und ja: es ist ausdrücklich erlaubt, sich hier ins Nass zu stürzen.

Ein Bad im Freien: Allez-y, mutiger Open-Air-Gast.

Ein grundsätzlicher Vorteil der Open-Air-Übernachtung darf übrigens nicht vergessen werden. Beziehungsweise deren drei: Man kannt wirklich total abschalten. Weil man nie einen Hotelschlüssel verlieren kann. Man hat gar keinen. Es ist unmöglich, die Zimmernummer zu vergessen. Weil es keine gibt. Und man kann sich nie selber aus dem Zimmer aussperren. Weil es keine Tür gibt.