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Auf holpriger Fahrt im offenen Oldtimer durch Havanna, dem Geheimnis von Kuba auf der Spur. Bilder: TN

Oldtimer, heisse Rhythmen und viel Mojito

Yves Eberli

Fünf Tage in Havanna, in Hemingways Lieblingsbar, ausserhalb am feinen Strand – und ein Gespräch mit Reto Rüfenacht und Max E. Katz: Was macht den Charme der Karibikinsel aus?

Weisse Strände, Oldtimer in allen Farben, eine greifbare Geschichte, heisse Rhythmen und stets Sonnenschein... Eine Reise durch Kuba zieht einem permanent in den Bann. Knapp eine Woche ist vergangen, da haben sich 61 Schweizer Reiseprofis anlässlich eines Treasure-Hunts das faszinierende Reiseziel näherbringen lassen.

Wer schon mal in der Dominikanischen Republik oder in Mexiko war und meint, den karibischen Raum nun abhaken zu können, irrt sich. Kuba sollte man gesehen haben. Havanna lässt erahnen, wie schön es hier einmal gewesen sein muss. Es scheint, als wäre in dieser Stadt die Zeit stehen geblieben. Mit den US-Oldtimern aus den 50er- und 60er-Jahren durch die holprigen Strassen tuckern, Buena Vista Social Club im Ohr und die Lebensfreude der Kubaner hautnah spüren, was gibt es Schöneres? Hier schildern wir einige Eindrücke, Vorschläge und Reisetipps.

Eine Fahrt durch Havanna im Oldtimer gehört zu Kuba wie die Minze in den Mojito.

Havana oh nana

Wir fahren entlang dem Malecon und den historischen Fassaden und hören «Havana», einen Song der US-Kubanerin Camila Cabello. Dieser wurde 2017 erstmals veröffentlicht und erobert seitdem die Charts. Mit den Worten «Half of my heart is in Havana» verkörpert sie sich noch bis heute mit Kubas Hauptstadt und trauert der damaligen Liebe Jeffrey nach. So stark getroffen hat es mich zwar nicht. Aber ich muss sagen, dass ich von Havanna doch positiv überrascht worden bin.

Wie heisst es so schön? Eine Fahrt durch Havanna im Oldtimer gehört zu Kuba wie die Minze in den Mojito. Wer Kuba authentisch erleben will, der sollte sich auf eine Rundfahrt mit einem knallbunt aufpolierten Strassenkreuzer aus den 50er-Jahren begeben. Diese Fahrzeuge sind ein fester und bestens gepflegter Bestandteil kubanischer Lebensart. Es gibt keine genauen Zahlen, doch dürften bis heute noch zwischen 40‘000 und 60‘000 US-Oldtimer auf Kuba rumfahren.

Man sollte sich allerdings gleich einmal an den intensiven Geruch der Abgase, die aus dem Auspuff kommen, gewöhnen. Ein Katalysator? Que? Die alten US-Schlitten haben sowas nicht. Es ist ein reines Wunder und dem Werkel-Talent der Kubaner zu verdanken, dass die Kisten überhaupt noch fahren.

Sind die Taxifahrer in der Schweiz eher maulfaul und sprechen nur ungern mit Touristen, sieht das in Kuba ganz anders aus. Orlando, so hiess unser Oldtimer-Fahrer, war stets gesprächig und gestaltete die Fahrt in eine nette Unterhaltung mit vielen Anekdoten über Kuba und über die wichtigsten Sehenswürdigkeiten. Ich war überrascht, wie gut sein Englisch war. Problemlos konnten wir mit ihm über Themen wie Lohnverhältnisse, Lebensfreude und Infrastruktur sprechen.

Auf du und du mit Orlando und anderen Taxifahrern Havannas.

Die 2,3 Millionen-Einwohner-Metropole am Golf von Mexiko ist faszinierend. In Havanna erkundeten wir die Altstadt, vergnügten uns in Hemingways Lieblingsbars in luftiger Höhe, schlenderten über den Malécon und besuchten den Plaza de la Revolución.

Das kubanische Herz, wie Havanna auch genannt wird, ist rein optisch gesehen vielleicht nicht gerade die schönste Stadt. Es gibt aber durchaus auch Plätze, die für die Touristen hübsch herausgeputzt wurden. Ich denke da an Orte in der historischen Altstadt, wie zum Beispiel der «Plaza Vieja» oder der «Plaza de San Francisco». Manchmal bedarf es einfach eines zweiten, etwas genaueren Blickes, um die eher versteckte Schönheit der Stadt zu erkennen. Wer dafür bereit ist, wird von Havanna positiv überrascht sein.

Mitten auf der «Plaza de San Francisco».

Durch die generelle Ressourcen-Knappheit in Kuba sind die Mahlzeiten eher einfach gehalten. Es ist nicht unbedingt ein kulinarisches Paradies wie man es beispielsweise aus Thailand kennt. Dennoch gibt es gerade in Havannas Altstadt viele kleine Restaurants, welche sich ideal für ein gemütliches Mittagessen eignen.

Von überall tönt Musik hervor. In Kuba wird ausschliesslich Reggeaton oder die Klassiker von Bueno Vista Social Club gespielt. In allen Ecken verkaufen die Kubaner selbstgemachte Kunstwerke. Ob gemalt, geschnitzt oder gehäkelt – man kann hier alles finden. Was eher schwieriger zu finden ist, sind riesige Einkaufszentren oder Shoppingmeilen. Wer auf der Suche nach den neusten High-Heels, den angesagtesten Sneakers oder den löchrigsten Jeans ist, wird in Havanna nicht fündig. Zwar finden wir hie und da einen Adidas- oder Mango-Store, von einem Shopping-Hotspot kann aber definitiv nicht die Rede sein.

Auf dem Weg durch die quirlige Altstadt «La Habana», wie sie von den Einheimischen auch genannt wird, spreche ich mit Reto Rüfenacht, Gründer von Latin American Tours, und Max. E Katz, Präsident des Schweizer Reiseverbands, unter anderem über das Thema Sicherheit. Rüfenacht, der Kuba praktisch in und auswendig kennt, bestätigt mir, dass Kuba ein sehr sicheres Reiseland ist. «An praktisch jedem Hausecken befinden sich Kameras. Von Kriminalität kann in diesem Land keine Rede sein.» Was für die Beiden sonst noch faszinierend an Kuba ist, zeigt das nachfolgende Video.

Das Land hat keine einfachen Monate hinter sich. Im September 2017 trafen die Hurrikans Maria und Irma die Karibikinsel und haben dabei starke Schäden verursacht. Obwohl Letzterer Kuba stärker getroffen hat, als die Meteorologen vorhersehen konnten, haben die Kubaner dank ihrem Warn- und Evakuierungssystem – einem der besten der Welt – die Situation gut gemeistert und auch die Nachversorgung sichergestellt. Eines ist klar: Beim Streifen durch die Strassen von Havanna oder beim Ausflug nach Varadero ist gut zu sehen, dass man zur Normalität zurückgefunden hat.

Sonne tanken in Varadero

Zum Abschluss des Treasure-Hunt-Events in Kuba fuhren wir mit unseren Touristen-Bussen in das rund drei Stunden entfernte Varadero. Die auf Touristen ausgerichtete Halbinsel gilt als das wohl beliebteste Badeziel der Insel. Kristallklares Wasser und feinster Sand sprechen für sich. Ich kann verstehen, weshalb viele Touristen hierher reisen, um zu entspannen. Karibik-Feeling pur.

Wer Erholung sucht, wird hier bestimmt fündig. Wer aber auf der Suche nach dem authentischen Kuba ist, für den ist Varadero die falsche Adresse. Ein All-Inclusive-Hotel reiht sich ans Nächste und abgesehen vom Personal in den Resorts, sind hier keine Kubaner zu sehen. Für die Treasure-Hunter standen an diesem Tag zahlreiche Hotelbesichtigungen auf dem Programm.

Der endlose Strand von Varadero, herausgeputzt für die westlichen Touristen.

Kulturelle Highlights, top Strände

Gründe, Kuba zu besuchen, gibt es viele. Kultur-Interessierte kommen hier genauso auf ihre Kosten wie Tauchfans, Kite-Begeisterte und Bike-Fanatiker. Die Menschen in Kuba sind aufgeschlossen, freundlich und haben immer ein Lächeln im Gesicht. Nach fünf Tagen verlassen wir die Karibikinsel wieder, voller farbiger Impressionen; beeindruckt von der Lebensfreude dieses Landes, gefangen von der kubanischen Geschichte, welche bis heute an allen Ecken und Enden zu sehen ist.

In einem vorangegangenen Bericht habe ich mich zu den Veränderungen der letzten paar Jahre schlau gemacht. Dabei stiess ich auf Themen wie Werbeplakate, Hotellerie und Smartphones. Nun habe ich mir vor Ort selbst ein Bild davon gemacht und neue Erkenntnisse gewinnen können. Klar bleiben viele Fragen bei einem so kurzen Aufenthalt noch unbeantwortet.

Fakt ist: Auf der Karibikinsel sind Veränderungen im Gang. Zwar ist die Stadt Havanna nach wie vor ein zwei Schritte von den Standards europäischer Grossstädte entfernt. Dennoch habe ich den Wandel selbst gesehen und würde Kuba nicht als eine Art Museum der 50er-Jahre bezeichnen. Von einer Herde «Smombies», die Kurzform für Smartphone-Zombies, wie sie in Mitteleuropa allgegenwärtig sind, muss man sich in Kuba noch nicht fürchten. Dennoch gibt es bereits erste Kubaner, welche im Besitz eines Smartphones sind. Auch in Sachen Werbeplakate zeichnet sich eine Entwicklung ab, die an die Wand gemalten Durchhalteparolen sind seltener zu sehen.

Kuba versprüht viel Charme und die Lebensfreude der Kubaner ist ansteckend. Obwohl das Land in der Vergangenheit zum Teil stark unten durch musste, steht Kuba eine spannende Zukunft bevor. Kuba ist einzigartig und wird es auch bleiben. Und ich bin mir sicher, dass wir in naher Zukunft noch viel von Kuba hören werden.