On The Move

50 bis 100 der total 350 Nilkreuzfahrtschiffe sind wieder auf dem Nil unterwegs. Bilder: Fotolia

Das Revival der Nilkreuzfahrt

Nach einer langen Krise nimmt der Reiseklassiker wieder Fahrt auf. Ägypten-Spezialist Amin Travel verzeichnet eine Verdreifachung der Buchungen in diesem Jahr.

1899 liess der britische Reisepionier Thomas Cook das Old Cateract Hotel in Assuan bauen. Er witterte dicke Geschäfte – dank der orientalischen Landschaft, den Felukken auf dem Nil, dem endlosen grünen Band, das sich durch die Wüste zieht.

Damals wie heute ist Assuan der aufregende Anfang oder das idyllische Ende dieser Sehnsucht. Denn zwischen hier und dem rund 200 Kilometer entfernten Luxor im Norden verläuft die populärste Nilroute gespickt mit Höhepunkten, die fast jeder vom Hörensagen kennt. Die vier 20 Meter hohen Ramses-Statuen von Abu Simbel, die drei Terrassen des Tempels der Hatschepsut und das Tal der Könige - wer hat nicht schon einmal ein Foto davon gesehen?

Doch Bilder können die Proportionen und die Aura der Tempel nicht vermitteln. Der Grössenwahn der Pharaonen beeindruckt immer noch. Und wenn fein gemeisselte Reliefs mit den Geschichten von Isis und Osiris, von Tod und Sonnenkult erzählen, dann erwecken sie die meterdicken Tempelmauern zu Leben.

Immer schon war die Nilfahrt dabei die bequemste Art, die Kultstätten der Pharaonen zu besuchen. Zuerst waren es Raddampfer und Felukken, die prominente Gäste wie Agatha Christie nahmen. Sie verbrachte in den 1930er Jahren ein paar Monate im Old Cataract Hotel und schrieb dort ihren Bestseller «Tod auf dem Nil».

Erst ans Rote Meer

Mittlerweile kreuzen exklusive Hausboote und komfortable Hotelschiffe auf dem Strom. Damals wie heute zog das rustikale Leben am Ufer im Zeitlupentempo vorbei. Doch der Klassiker Nilkreuzfahrt kennt wie der gesamte Ägypten-Tourismus grosse Krisen. Kurz nach dem Arabischen Frühling 2011 stürzte das Land ins Chaos. Teilreisewarnungen für Kairo und Alexandria wurden ausgesprochen.

Seit geraumer Zeit kommen die Touristen zurück. Die Badeziele rund um Hurghada wie etwa El Gouna haben als erste wieder vom Sonnenhunger Europas profitiert. Obwohl Ägypten noch weit entfernt vom Rekordjahr 2010 ist, als rund 15 Millionen Touristen ins Land am Nil reisten, ist die Hoffnung zurückgekehrt. 2017 reisten wieder gegen acht Millionen Touristen nach Ägypten.

Auch die Nilkreuzfahrt spürt den Aufwind deutlich. Von den über 300 Schiffen gehen immer mehr wieder in Betrieb. Viele wurden während der Saure-Gurken-Zeit renoviert und modernisiert. Waren noch vor zwei, drei Jahren maximal 30 bis 40 Schiffe unterwegs, verkehren derzeit gegen 100 Hotelboote auf dem Nil.

Asiaten haben Tourismus über Wasser gehalten

Die Tempel sind also nicht mehr ganz so menschenleer wie noch vor einem Jahr, aber von Warteschlangen oder Gedränge kann nicht die Rede sein. Nur die vielen asiatischen Reisegruppen, insbesondere aus China, fallen auf. Sie haben Ägyptens Tourismus über Wasser gehalten.

Hani und viele seiner Kollegen setzen jedoch auf Deutsche, Schweizer und Österreicher. Und das nicht nur, weil sie Deutsch gelernt haben und oft ausgebildete Ägyptologen sind. Nilreisen fordern sie mehr heraus, als immer nur Gäste vom Flughafen abzuholen und mit allen Koffern heil im Badehotel abzuliefern. «Paris, Brüssel, Berlin – Terror gibt es doch überall», sagt Hani und versteht nicht, warum viele immer noch Vorbehalte haben, nach Ägypten zu reisen.

Die politische Lage hat sich am Nil seit 2013 stabilisiert, Sisi regiert mit eiserner Hand. Metalldetektoren an den Hoteleingängen, Autokontrollen, Straßenschwellen und bewaffnete Sicherheitskräfte an Brücken, Checkpoints, in Wachtürmen und eine zeitraubende Flughafenkontrolle – Ägypten geht auf Nummer sicher. Aber rüstet in diesen Zeiten nicht auch Europa auf?

Hani blickt trotzdem zuversichtlich in die Zukunft. Alle Veranstalter haben ihre Flugkapazitäten nach Ägypten aufgestockt. Der ägyptische Staat hilft mit Subventionen ein wenig nach und fördert vor allem Flüge nach Assuan und Luxor, um das Geschäft mit den Nilreisen wieder anzukurbeln. Zugleich sind die Hotels günstig wie lange nicht und die Abwertung des ägyptischen Pfunds macht das Leben für Eurobesitzer sehr erschwinglich. Nicht nur Reisepionier Thomas Cook rechnete vor über 100 Jahren mit dicken Geschäften am Nil, auch die Reisebranche von heute setzt wieder auf Ägypten und den Klassiker Nilkreuzfahrt.

Der Nil und die den Strom umgebende Landschaft fasziniert jeden Besucher.

(tho/gwa)