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Roms Piazza del Popolo: ein guter Ausgangspunkt für eine Citytour mit der Vespa. Bilder: SRT

Mit der Vespa auf den Spuren der Filmklassiker

Sandra Ehegartner

Grosses Kino in Rom: Wenn im August die Römer geschlossen ihre Stadt verlassen und die Strassen leergefegt sind, dann ist die beste Zeit für eine filmreife Sightseeing-Tour mit dem Motorroller.

Audrey Hepburn und Cary Grant brausen in «Vacanze Romane» als Prinzessin und Journalist durch das Rom der 1950er-Jahre – wer kennt die Szene nicht. Und weil die Kulisse der Ewigen Stadt so besonders malerisch ist und sich dort schon seit ewigen Zeiten Herzensdramen abspielen, ist eine cineastische Vespatour im Sommer genau die richtige Art, die Schönheiten der Stadt zu entdecken.

Also Helm auf und hinein ins Vergnügen. Gestartet wird an einem der schönsten Brunnen hoch über Rom, dem Fontanone del Gianicolo wie die imposante Fontana Paola über der Stadt auch genannt wird. Auf die sonnengewärmte Brüstung aufgestützt, mit dem unaufhörlichen Wassergeplätscher im Ohr und dem Duft von Piniennadeln in der Nase gleitet der Blick versonnen über die vor einem ausgebreitete Stadt. Diesem Zauber sind auch die Regisseure von «La Grande Bellezza» erlegen und haben ihre Helden dort lieben und leiden lassen.

Von den Anhöhen des Gianicolo hinunter können Vespakünstler ihr Geschick in den malerischen Gassen von Trastevere unter Beweis stellen. In dem urigen Viertel, das voller kleiner Geschäfte, Restaurants und Bars ist, wurden Filme wie «Nur für Dich» oder «Nurse Betty» gedreht. Und auch sonst ist die Kulisse wahrhaft filmreif. Warum nicht einen eigenen kleinen Film drehen für die Freunde zuhause? Die Sonne lässt die warmen Farben der Hausfassaden richtig leuchten und gibt ihnen den perfekten Kontrast zum dunkelgrauen Kopfsteinpflaster. Schade, dass der Espressoduft aus der Bar nebenan nicht festgehalten werden kann.

Jetzt aber weiter zum einem eher unscheinbar wirkenden Tor, der Porta Portese, wo 1948 einige Szenen zum Gesellschaftsporträt «Ladri di biciclette» gedreht wurden. Während dort am Sonntag auf dem gleichnamigen Flohmarkt antike Möbel, Kleidung und die neuesten technischen Spielereien im Vordergrund stehen, werden auf der Via di Porta Portese unter der Woche Autofelgen, Motorradhelme und sogar Schneeketten verkauft. Wer also Lust am Vespafahren bekommen hat und noch einen schicken Helm für zuhause braucht, wird garantiert fündig. 

Über der Brücke geht die Fahrt weiter entlang des Tibers in Richtung Bocca della Verità. Rechterhand liegt Testaccio, das Heimatviertel der AS Roma, einem der beiden grossen Fußballvereine der Stadt. Ganze Häuserfronten sind mit der «Lupa», der römischen Wölfin und zugleich Wahrzeichen der AS Roma bemalt. Ein Abstecher in dieses angeblich römischste aller Viertel lohnt auch für Nicht-Fussballfans und es ist geradezu rührend zu sehen, wie auch Roms Ausnahmekicker Francesco Totti dort zum Beispiel mit einem nach ihm benannten Platz verehrt wird.

Wer bei der Bocca della Verità nun glaubt, dass er wie einst Audrey Hepburn einfach in die Vorhalle der Kirche Santa Maria in Cosmedin marschiert und seine Hand in den berühmten Steinmund legt, hat die Rechnung ohne die vielen wartenden Touristen gemacht. Seit «Vacanze Romane» in den 1950er-Jahren dort gedreht wurde, ist das Marmorrelief weltberühmt und das Handeinlegen gilt als Glücksgeste. Immerhin lohnt beim Warten ein Blick gegenüber auf den Tempel des Hercules Victor und des Portunus.

Das Kolosseum steht als nächstes auf dem Programm, jedoch wäre es geradezu frevelhaft, die Vorlage für ein oscargekröntes Monumentalwerk wie «Ben Hur» links liegen zu lassen. Der Circus Maximus, im Film Schauplatz des berühmten Wagenrennens ist auch heute noch ein imposanter Anblick und in jedem Fall einen Zwischenstopp wert. Die Filmszenen selbst wurden zwar in der römischen Filmstadt Cinecittà in einem Nachbau des Circus Maximus gedreht, aber das tut der Phantasie keinen Abbruch. 

Wie Feldherr Maximus Decimus Meridius

Auf dem Weg zum eigentlichen Wahrzeichen Roms, dem Kolosseum, fühlen sich Vespa-Gladiatoren vermutlich selbst wie heimkehrende Helden. Recht viel holpriger als hier auf dem Kopfsteinpflaster kann es auch auf einem Streitwagen nicht gewesen sein, wenn man auf den reich verzierten Konstantinsbogen zubrettert. Und dann steht sie einfach da, die Leidensstätte von Russell Crowe als tapferen Feldherrn Maximus Decimus Meridius alias der «Gladiator». Manchmal fast ein wenig zu realistisch wird im Film gezeigt, wie prachtvoll die römische Kampf- und Vergnügungsarena einst ausgesehen hat und wie blutig die Kämpfe waren. Heute, geplündert von Adel und Barbaren, legt das nach der riesigen Statue (Koloss) davor benannte Kolosseum immer noch eindrucksvoll Zeugnis seiner bewegten Vergangenheit ab. Die Bronzestatue zeigte übrigens Kaiser Nero und war mit 35 Metern Höhe einzigartig in der Antike. Wer eine kurze Verkehrs- und Kulturpause einlegen möchte, macht einen Spaziergang durch die Ränge und unterirdischen Ställe und Verliese des Bauwerks.


Was fehlt noch an filmreifen Orten? Natürlich der wohl berühmteste Brunnen der italienischen Hauptstadt, die Fontana di Trevi. Dort nahm Hollywood-Diva Anita Ekberg ihr legendäres Bad unter dem Wasserfall. Dass Marcello Mastroianni auch Teil der Szene war, wissen die meisten nur wegen seiner wahrhaft filmreifen Worte über sie als Wiedergeburt von Botticellis «Venus». Bei aller Begeisterung und trotz der römischen Hitze sollten Filmfreunde die Szene auf keinen Fall – auch nicht bei Nacht – nachstellen. Die Stadt hat drakonische Strafen von bis zu 450 Euro dafür in Aussicht gestellt.

Da ist es besser, sich den Fahrtwind zur Abkühlung um die Nase wehen zu lassen und oben auf der Trinità dei Monti, dem Gipfel der Spanischen Treppe anzuhalten. Gregory Peck und Audrey Hepburn haben bei ihrer Vespatour zwar am Fuss der Treppe gerastet, aber der Platz ist inzwischen für den Verkehr gesperrt. Wer sich nicht von diesem Spektakel losreissen kann oder möchte, macht eine Pause im Café Ciampini oder schaut einfach den Malern beim Einfangen der Stimmung zu. Die Spanische Treppe mit ihren 135 Stufen war übrigens auch Schauplatz des Psychokrimis «Der talentierte Mr. Ripley» mit Matt Damon.

An den duftenden Gärten der Villa Borghese vorbei führt die Strasse dann um ein paar Kurven direkt zur Piazza del Popolo und damit zur Chigi-Kapelle in der Kirche Santa Maria del Popolo. Einige der dramatischen Szenen von Dan Browns «Illuminati» wurden dort gedreht. Und wer seine Tour wahrhaft filmreif beenden möchte, setzt sich ins Café Canova, bestellt einen Aperitif und fühlt sich selbst wie ein Star.