Here & There

Unterwegs in New York und Rom — wie die Einheimischen

Gregor Waser

Zwei Schweizer betreiben in New York einen ungewöhnlichen Reiseservice mit Erfolg. Localike steht für ein massgeschneidertes Reiseprogramm. Im Vorfeld gibt man seine Wünsche und Vorlieben ausführlich an, die Agentur liefert daraufhin einen Ideenkatalog für den Aufenthalt. Jetzt lancieren sie den Service auch in Rom.

Vor drei Jahren sind Simon Mingozzi aus Fahrwangen AG und Andreas Leuzinger aus Zürich zum wiederholten Mal als Touristen nach New York gereist — und entschieden sich, zu bleiben. Aus einer ersten vagen Idee, im Reisegeschäft Fuss zu fassen, wurde 2013 ein durchdachtes Konzept und ein professioneller Auftritt. Der Klick auf Localike New York verdeutlicht: Die beiden 30-Jährigen meinen es ernst, mit ihrem neuartigen Reiseservice ins Geschäft mit Touristen zu kommen.

Denn Localike — ein Wortspiel mit «like a local» — funktioniert so: Interessenten füllen in rund 20 Minuten online einen Fragebogen aus und geben ausführlich Auskunft über sich, ihre Interessen, Vorlieben und Sonderwünsche. Auszuwählen gilt es aus Kriterien wie Museen, Galerien, Architektur, Design, Theater, Tanz, Musik, Konzerte, Geschichte, Sport, Natur, Film-Schauplätze, TV-Shows, Kinderaktivitäten, Lesungen oder Schönheit. In Unterkategorien, zum Beispiel bei Musik, gilt es wiederum die Stilrichtung anzukreuzen — von Rock, Pop, Elektro, R&B, Jazz bis Gospel oder Klassik. Unter Essen und Trinken gibt man seine Präferenzen an — von Sushi bis peruanisch. Auch die Liste der Shopping-Wünsche ist umfangreich, ebenso die persönlichen Fragen — Schnäppchenjäger? Partylöwe?

"Je weniger jemand zahlt..."

Ein individueller für ein zweitägiges Programm kostet 129 Dollar. Nach wenigen Tagen liegt das ausführliche Reiseprogramm in der Mailbox vor. Und das lässt sich sehen: 42 Seiten umfasst der massgeschneiderte Vorschlag, ist fast so dick wie ein Reisehandbuch, nur eben genau auf einen persönlich ausgerichtet. Das Programm ist prall gefüllt mit Insider-Tipps, überraschenden Locations, Shops und Galerien, auf die man auf eigene Faust oder mit herkömmlichen Reiseführern nicht gestossen wäre — weil sie eben ganz neu oder nur in versteckten Gassen und Quartieren zu finden sind. 45 ausführliche «Hints» mit allen Infos und persönlichen Tipps sind es bei dieser Test-Anfrage für fünf Tage.

Im Programm klingt das dann so: Falls in der Zucker Bakery im East Village alle Tische besetzt sind, mit dem Eingekauften einfach ein paar Meter hinüber zum Tompinks Square Park. Im Antiquitäten-Shop The Upper Rust gibts stets frische Früchte. Hint 4 (Xenomania) und Hint 5 (Williamsburg Flea Market) kann gut kombiniert werden mit der Subway- Linie L ab 3rd Avenue bis Bedford Avenue. Im gleichen Gebäude des Spoonbill-Buchladens gibts das gemütliche Verb Cafe. Die Terrasse in der Ides Bar mit fantastischer Aussicht ist das ganze Jahr geöffnet. Im Noodle-Shop Ippudo ist der Klassiker zu empfehlen, Akamuru. Halten Sie im Union Square Greenmarket Ausschau nach dem Stand «Deep Mountain Maple Farm», der Ahorn-Sirup aus Vermont ist von so guter Qualität, dass selbst das «Four Seasons»-Hotel ihn zum Frühstück serviert.

Nur Umtriebe mit der Minibar

Die Skype-Verbindung steht, Simon Mingozzi taucht am Bildschirm auf und erzählt: «Wir sind ins kalte Wasser ge- sprungen. Diesen Service gab es vorher nicht. Doch nach einem Jahr liegen wir über den Erwartungen – unser Angebot scheint einem Kundenbedürfnis zu entsprechen.» New York biete jede Woche so viel Neues, da könnten herkömmliche Reiseführer gar nicht mithalten.

Mingozzi nennt ein Stadtviertel in Brooklyn, Greenpoint, wo seit kurzem viel passiere, das sehr lebendig sei, viele neue Shops und Bars öffnen; doch im neuen «Lonely Planet», der vor drei Monaten erschienen ist, stehe kein Wort darüber. Und Andreas Leuzinger sagt: «Wir möchten das echte New York zugänglich machen, abseits von Empire State Buil- ding, Times Square und Central Park. Es gibt zahlreiche Stadtviertel, die am Aufblühen sind, wo neue Galerien öffnen und wo sich Touristen nicht auf den Füssen rumstehen.»

Bereits gehen über 20 Buchungen pro Woche aus der Schweiz, Deutschland und Österreich im Büro von Localike ein, das in Soho liegt. Der Service — vorerst nur in deutscher Sprache — scheint der wachsenden Online-Afffinität von Städtereisenden jedenfalls zu entsprechen.

Das Täterprofil

Buchte man vor einigen Jahren Städtearrangements beim Reisebüro, werden heute Flüge und Hotels in der Regel direkt bei Airlines und Hotelportalen online gekauft. Und mit einem Ser- vice, wie ihn Localike bietet, lassen sich dazu die passenden Ideen für den Aufenthalt finden. Klar: Ein Reisebüro kann ebenfalls Tipps abgeben, in Reisehand- büchern sind ebenfalls viele Vorschläge zu finden. Doch in pulsierenden Metro- polen in der Grösse von New York sind sie eben nie wirklich up to date.

Und wie schaffen es Mingozzi und Leuzinger, stets auf dem Laufenden zu sein? «Wir durchpflügen jeden Tag die Stadt beim Recherchieren und Zusammenstellen von Kundenprogrammen», sagt Andreas Leuzinger, dessen Mutter aus New York stammt, «wir wissen, wen zu kontaktieren, wo zu suchen.» Rausgehen und Erkunden sei das Tollste an ihrem Job. Magazine, Blogs, Tipps von Freunden kämen hinzu, um die jüngs- ten Trends und Locations zu kennen.

Neu auch in Rom

Dass «Customized Traveling» multiplizierbar auf andere Städte ist, beweisen Mingozzi und Leuzinger in diesen Tagen. Sie haben ihren ersten Franchise-Nehmer gefunden — und zwar in Rom. Für Localike Roma konnten die beiden Rom-Kennerinnen Monika Schwalm und Ursula Prügger gewonnen werden. Die gebürtige Schweizerin und die Publizistin aus Graz leben und arbeiten seit Jahrzehnten in Rom. "Sie verbinden so lokales Know- how mit der Touristenperspektive und sind ideale Ansprechpartner für alle, die das echte Rom erleben möchten", sagt Simon Mingozzi.

Pro Jahr besuchen rund 80 000 Personen Schweizer die Ewige Stadt. Entsprechend gross ist die Flut von Reiseführern, Websites und Blogs, und es bleibt dem Städtereisenden überlassen, sich darin zurechtzufinden. Hier setzt Localike Roma an. Das Start-up hat ein klares Ziel: Jedes Reiseangebot soll so einzigartig sein wie der Kunde. Wünsche, Interessen und Preisvorstellungen können in einem ausgeklügelten Online-Fragebogen erfasst werden, und Localike stellt die passenden und handverlesenen Reisebausteine zusammen. Im Preis inbegriffen (ab 100 Euro) sind umfangreiches Kartenmaterial sowie persönliche Beratung.