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Auf Rab, südlich von Krk, warten verträumte Buchten. Der gesamte Südwesten ist ein unbebauter Naturpark. Bilder: SRT

Die Inselschönheiten in der zweiten Reihe

Christian Haas

Sardinien, Mykonos, Krk und Malta sind schön – und schön voll. Zum Glück gibt es attraktive Alternativen in der Nähe: auf nach Maddalena, Amorgos, Rab und Gozo.

Treten Touristen in allzu grossen Massen auf, kommt es zu Hektik am Hotelbüfett, Stau an der Eisdiele, Warteschlangen an der Stranddusche. Wer also nicht gerade explizit darauf aus ist, ein Bad in der (Party-)Menge zu nehmen, der wird schnell erkennen, dass eine derartige Überfüllung nicht nur den schönen Eindruck des Ferienziels trübt, sondern obendrein auch den Erholungswert. Gerade in den Hauptsaisonmonaten Juli und August sollten sich Touristen überlegen, ob sie statt an der quirligen Costa Smeralda auf Sardinien, auf der überfüllten Kykladeninsel Mykonos, dem kroatischen Krk oder Malta nicht eine ruhigere Alternative wählen – denn die wartet in allen vier Fällen gleich nebenan.

Maddalena

Die sich im Norden Sardiniens befindende Costa Smeralda mit seinem, beim internationalen Jetset beliebten Zentrum Porto Cervo, dürfte jedem Italienkenner ein Begriff sein. Eine deutlich geringere Bekanntheit geniesst hingegen der Maddalena-Archipel, der zwar gerade einmal ein paar Kilometer weiter nordwestlich liegt, aber dennoch eine andere Welt darstellt. Hier die Smaragde, dort das smaragdgrüne Meer.

In Porto Cervo die Edeldiskotheken und Gelage liebenden Berlusconis und Briatores dieser Welt, in den Maddalenen die Wind und Wasser liebenden Abenteurer. Hier der Rummel, dort die Ruhe. Was allein daran liegt, dass die meisten Maddalena-Eilande zu schroff und zu winzig sind, um überhaupt bewohnt zu werden. Gerade einmal sieben kommen dafür in Frage; auf ihnen leben rund 11000 Einwohner – vor allem auf der Insel Maddalena, deren gleichnamige Hauptstadt von korsischen Schafhirten gegründet wurde und wo noch heute ein spezieller Dialekt aus Korsisch und Gallurisch gesprochen wird. Dazu mischte sich bis 2008 das breite Amerikanisch etlicher US-Soldaten, die hier einen Militärstützpunkt unterhielten.

Auch wenn mit dem Abzug das Wirtschaftsgefüge der Hauptinsel Maddalena arg durcheinander geriet, eröffnete diese Entwicklung andererseits neue Möglichkeiten. Nicht zuletzt für Touristen. Zwar erfuhren einige Inselchen ein Upgrade zur höchsten Schutzzone des 1994 gegründeten Nationalparks La-Maddalena-Archipel, doch andere ehemals gesperrte Gebiete können nun öffentlich genutzt werden. Und die allermeisten Strände, von denen einige mit ihren rundgeschliffenen Granitsteinen ein wenig an La Digue auf den Seychellen erinnern, dürfen betreten werden.

Der Trip mit dem Segelboot ist ohnehin die beste Art, die Maddalenen kennenzulernen, denn die schönsten Plätze mit einem teils unglaublich sauberem Wasser sind nur per Boot erreichbar. Gut zu wissen: Wer nicht selbst segeln kann oder einen segelnden Freund oder Kollegen kennt, der kann sich einen Skipper mieten, der dann die selbst zusammengestellte Bootsgruppe nach Lust und Laune umherchauffiert. Weitere Infos: www.sardegnaturismo.it, www.lamaddalenapark.it

Amorgos

Eine attraktive Insel im Schatten der grossen Touristenströme stellt auch das griechische Amorgos dar. Während auf den Kykladen-Nachbarn Naxos, Paros und vor allem Mykonos die Besucherströme insbesondere im Juli und Augst mitunter bedenklich anschwellen, herrscht auf der etwas abseits gelegenen, immerhin 33 Kilometer langen östlichsten Kykladen-Insel angenehme Gelassenheit.

Amorgos ist aber auch die Kulisse eines Erwachsenen-Filmklassikers, wurde hier doch der Apnoe-Tauch-Kultfilm «The Big Blue» gedreht. Und das merken Feriengäste an allen Ecken: Hier die Villa «Le Grand Bleu», dort eine Pension gleichen Namens. Etwas weiter Appartements, ein Internetcafé, eine Bar, Tauchkurse und abgedrehte Eisspezialitäten, die alle «Big Blue» heissen.

Was man neben Baden, Sonnen und In-den-Tag-Hineinleben als Inselgast noch unbedingt tun sollte: sich ein Moped für ein paar Euro leihen (Tagesmiete: knapp zehn Euro!) und über die bergige Insel mit seinen tollen Ausblicken und einsamen Buchten knattern. Heisser Ausflugstipp: das am Steilabfall des Profitis-Ilias-Gipfels gelegene schneeweisse, förmlich in die 500 Meter hohe Steilwand gepappte Felsenkloster Panagia Chozoviotissa. Weitere Infos: www.amorgos.gr

Rab

Der kroatischen Insel Rab südlich von Krk verhalf König Edward VIII. von England zu einem gewissen Ruhm, hat er hier doch die FKK-Kultur mehr oder weniger «erfunden», indem er sich bei einem Besuch 1936 offiziell von den lokalen Behörden die Erlaubnis zum Nacktbaden holte. Anschliessend, so heisst es, habe er in Begleitung von Lady Simpson, seiner späteren Gattin, in der Kandarola-Bucht ein hüllenloses Bad genommen.

Seitdem gilt Rab als «Wiege der Freikörperkultur», strömten doch Nudisten im Laufe der Jahre in Scharen in die Kvarner Bucht. CNN zeichnete noch 2011 Rab als weltbestes FKK-Ziel aus und hob dabei einen Ort besonders hervor: den nördlich von Lopar gelegenen «Sahara»-Strand, an dem wirklich kein einziges Zeichen auf menschliche Zivilisation hinweist. Natur im Original. Und Textilfreiheit Pflicht, was sogar von Gemeindemitarbeitern überprüft wird!

Wer die rund 30 Wanderminuten von Lopar aus auf sich nimmt (oder ein Taxiboot ordert), darf sich auf ein echtes Stück Paradies freuen. Wäre der Name Paradiesstrand nicht schon für den öffentlichen Strand von Lopar vergeben, wäre er bei der Namensgebung sicher in die engere Wahl gekommen.

Auch andernorts warten verträumte Buchten. Der gesamte Südwesten ist ein unbebauter Naturpark. Ebenso wie auf der Halbinsel nördlich von Lopar, wo sich an die Sahara-Bucht noch mindestens ein halbes Dutzend zauberhafte Naturbuchten anschließen. Ideale Treffpunkte für Verliebte, die sich zum Beispiel bei einer der vielen angebotenen Delphinbeobachtungs- und Segeltouren kennengelernt haben. Oder in dem 5000-Einwohner-Ort Rab-Stadt, der umgeben von Stadtmauern auf einer Halbinsel liegt und mit seinen eindrucksvollen Glockentürmen aussieht wie ein segelndes Schiff mit vier Masten. Doch auch jenseits jeglicher Seglerpoesie zählt Rab-Stadt mit seinen verwinkelten Gassen zu den schönsten Städten an der kroatischen Küste. Kulturhistorisch interessant sind der Fürstenpalast und die Domkirche Sv. Marije, die im Jahr 1177 vom Papst persönlich geweiht wurde. Weitere Infos: www.rab-visit.com

Gozo

Wer Kultur eher in sprichwörtlicher Ruhe geniessen möchte, der ist schließlich auf Maltas Schwesterinsel Gozo richtig, insbesondere in Nadur. Die 4000-Einwohner-Gemeinde verfügt nicht nur über rund um den Ort angebaute Obstreichtümer, sondern auch über kulturelle Reichtümer, etwa die Basilika St. Peter & Paul und einige interessante Wachtürme, die auf die Hochphase der Malteserritter sowie der Briten Mitte des 19. Jahrhunderts hinweisen.

Noch interessantere Einblicke bekommt, wer quer über die rund 70 Quadratkilometer grosse Insel wandert, stösst er dabei doch nicht nur auf hübsche Strände, sondern auch auf Überreste neolithischer Ggantija-Tempelanlagen. Und auf einsame Landstriche. Generell ist Gozo deutlich weniger touristisch als die für seine Party- und Sprachurlaube bekannte Hauptinsel von Malta. Noch ruhiger geht es übrigens auf Comino zu, ist doch die 2,5 Quadratkilometer kleine Mini-Insel zwischen Gozo und Malta quasi unbewohnt.

Dass Ausflugsboote tagsüber dennoch gerne hierherkommen, liegt an der legendären Blauen Lagune, einem flachen, ruhigen Meeresarm zwischen Comino und dem vorgelagerten Felsen Cominotto, der nur mit Boot oder zu Fuss zu erreichen ist. Das wunderbare türkisfarbene Wasser sorgt für den inoffiziellen Titel «Maltas schönster Badeplatz». Das bedeutet wirklich eine Ehre, denn der Archipel beheimatet eine ganze Reihe attraktiver Strände. Weitere Infos: www.islandofgozo.org