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Hier schlafen Bücherwürmer und Leseratten

Bücherhotel ist nicht Bücherhotel: Fünf Konzepte, die zeigen, wie unterschiedlich Hotels mit dem Thema Literatur umgehen.

Wohnen wie eine Literaturnobelpreisträgerin, auf Tuchfühlung gehen mit Bestseller-Literat Ian McEwan oder einfach nur Bücherstöbern nach Herzenslust – Hoteliers setzen die Idee vom Bücherhotel ziemlich unterschiedlich um. Einig sind sie sich dabei nur bei einer Sache: Statt Kindle, Tolino, IPad und Tablet spielt das gute alte Buch in ihren Herbergen die Hauptrolle.

Das erste: Gross-Breesen

Bücher, wohin der Gast auch blickt: Rund 300'000 stapeln sich Regal für Regal entlang den Wänden und in Kisten. Lobby, Flure, Scheune, Keller und das Restaurant sind vollgepackt mit Gedrucktem. Wer gerne stöbert, quartiert sich auf Gut Breesen in Mecklenburg-Vorpommern ein. Konsalik neben Kafka, Märchen neben Lexika. Bereits 1998 hat Conny Brock – inspiriert vom bekannten Bücherdorf Hay-on-Wye in Wales – den ehemaligen Gutshof in Deutschlands erstes Bücherhotel verwandelt. "Es sind nicht die großen Namen, die hier wichtig sind, sondern die Begegnungen und Gespräche", erklärt Brock, und das bezieht sich nicht nur auf ihren Bücherschatz, sondern auch auf die Lesungen. Den Buchgrundstock legte Brock mit in der Nachwendezeit aufgelösten Büchereien sowie Nachlässen. Seitdem sorgt ein Tauschsystem für den ständigen Wechsel. Wer zwei Bücher bringt, darf sich ein anderes aussuchen und wieder mitnehmen. www.buecherhotel.de

Das elegante: Friedenau

Die Kategorie Bücherhotel für das Hotel Friedenau in einem der schönsten Villenviertel von Berlin klingt sehr profan. Literaturhotel hört sich schon viel besser an. Der Stadtteil war und ist unter Schriftstellern beliebt und kann auf berühmte Namen verweisen: Erich Kästner, Günter Grass, Herta Müller. Diesem Erbe hat sich das Hotel mit Fotos, Schriften und Veranstaltungen verschrieben. Die Besitzerin des Hauses, Christa Moog, ist selbst Autorin und hat der Herberge ihren unverkennbaren Stempel aufgedrückt. Jedes Zimmer ist anders eingerichtet. Was sie vereint, sind die schlichten Biedermeiermöbel. Diesem Charme können sich auch Literaturnobelpreisträger wie Swetlana Alexijewitsch nicht entziehen, die lieber hier als in der viel nobleren Luxushotellerie absteigen.

Das bunte: Wedina

Kooperation ist eine andere Möglichkeit, sich als Buchhotel einen Namen zu machen. Das Hotel Wedina in Hamburgs Ausgehviertel St. Georg arbeitet aus diesem Grund seit 1999 eng mit dem nur zehn Minuten zu Fuß entfernten Literaturhaus zusammen. Wer im unaufdringlich modern gestylten Wedina wohnt, nimmt gratis an den Lesungen teil. Das Hotel besteht aus fünf knallbunten Gebäuden, jede Farbe vertritt ein Thema. Das blaue Haus ist den Autoren gewidmet, die auch gerne kommen. Amos Oz, Martin Walser, um nur zwei zu nennen. Zu den Besonderheiten der Herberge gehört eine stetig wachsende Bibliothek von handsignierten Werken der Gäste, die sich jeder borgen kann. www.hotelwedina.de

Das weltläufige: Schloss Elmau

In einem stillen Seitental am Rande der Garmischer Berge bietet Schloss Elmau seit 1916 zivilisationsgestressten Bildungsbürgern ein Refugium mit Kulturprogramm. Überregional bekannt ist das Haus seitdem für seine Konzerte, international seit US-Präsident Obama zum G7-Gipfel hier weilte. Aber auch Literaturfreunde pilgern ins Hotel, und zwar aus einem Grund: Dort führt seit 2007 Ingeborg Prager einen Buchladen, der sieben Tage die Woche die Gäste mit "food for thought" (Eigenwerbung) versorgt. "Bestseller sind nicht unbedingt unsere Stärke, eher das besondere Buch", sagt die Literaturkennerin, die für ihre Empfehlungen weithin geschätzt wird und die Lesungen mit Größen wie Ian McEwan oder Michael Ondaatje organisiert. Für Hotelier Dieter Müller-Elmau ergänzen sich Musik und Literatur. Mit dem renommierten Buchladen sowie den Lesungen unterstreicht das Haus auch seinen Anspruch als Literaturherberge. www.schloss-elmau.de

Das vielfache: Bibliotel

Die Erkenntnis, dass viele Hotelgäste lesen, macht sich Sebastian Mettler zunutze, um inhabergeführten Herbergen ein Verkaufsargument mehr zu bieten. Der österreichische Touristiker hat dafür ein schlüsselfertiges Vertriebskonzept entwickelt und sammelt unter dem einleuchtenden Markennamen Bibliotel seit Ende der Nullerjahre Mitglieder. Bis dato haben sich über 50 Hotels in Österreich, Deutschland, der Schweiz und Italien angeschlossen. Um sich als Buchhotel zu profilieren, müssen Hoteliers beispielsweise eine Bibliothek mit mindestens 300 Büchern sowie aktuelle Zeitschriften und Zeitungen vorhalten. Hörbücher, Abspielgeräte, Lesebrillen zum Ausleihen sind erwünscht, genauso wie Lesungen oder Schreibkurse. Vorausgesetzt werden auch geeignete Leseecken, bequeme Lesemöbel wie etwa Lesesäcke, Lesesofas oder Leseliegen. Und wer als Bibliotel-Gast auscheckt, bekommt ein persönliches Wunschbuch als Geschenk. www.bibliotels.com

(THO/SRT)