Here & There
Mail aus... Aït Bouguemez, wo die herzlichen Menschen leben
Béatrice BuschorAlles begann mit einem schönen Hintergrundbild auf dem PC meiner Arbeitskollegin, einem Bild vom Vallée de Draa im Süden von Marokko. Es löste etwas in mir aus, Reiselust, Sehnsucht, vielleicht eine Vorahnung. Meine Kollegin schwärmte von den tollen Landschaften, den intensiven Farben, von den herzlichen Menschen und von der schmackhaften Lamm-Tajine. Dieses Schmorgericht aus Lammfleisch und Quitten an einer gewürzten Honigsauce ist wahrlich ein Gedicht! Ihre Schilderungen trafen meinen Geschmack und bald schon zogen wir zusammen los Richtung südliches Marokko.
Auf diese erste Begegnung mit Afrika folgten viele weitere Reisen in Marokko. Es war um mich geschehen, ich verliebte mich in dieses Land mit seinen hilfsbereiten Bewohnern. Insbesondere die Menschen auf dem Land besitzen nicht viel, sie sind meistens Kleinbauern und Selbstversorger. Dennoch wird jeden Tag viel gelacht, und die Herzen sind offen für jeden Gast, unabhängig davon, wie lange er oder sie bleibt.
Dann bekam diese ohnehin schon grosse Liebesgeschichte eine zusätzliche Dimension, ich lernte Lahoucine Oulkadi kennen und schätzen, meinen heutigen Ehemann. Er ist ein grosser Kenner seines Landes und begleitet Gäste auf individuellen Reisen auch in abgelegene Gebiete. Er führt sie auf den Spuren des traditionellen Marokkos mit seinen Sitten und Gebräuchen ins wahre Herz dieses wunderschönen Landes.
2001 entschloss ich mich zur Auswanderung in meine Wahlheimat, um dort zusammen mit Lahoucine die Gäste zu betreuen. In seinem Heimatdorf Agouti, im fruchtbaren Hochtal Aït Bouguemez auf 1800 Metern über Meer im Hohen Zentralatlas, erbauten wir unser kleines Berghotel ‚Flilou – La maison berbère‘.
Es ist ein beliebter Ausgangspunkt für gemütliche Spaziergänge durch Felder und entlang kleiner Wasserkanäle sowie für vielseitige Trekkings ins Atlasgebirge. Besonders beliebt sind etwa die Nord-Süd-Traversierung von unserem Dorf Agouti aus durch die M’Goun-Schlucht ins Rosental (Strasse der Kasbahs) oder die Besteigung des 4071 Meter hohen M’Goun, Marokkos zweithöchster Berg.
Mein Leben gestaltet sich sehr abwechslungsreich. Die Arbeiten rund ums Reisen und unser Hotel haben wir uns aufgeteilt. Mein Mann ist diplomierter marokkanischer Bergführer, er begleitet die Gäste und organisiert das Equipment vor Ort. Ich betreue den Schriftverkehr und die Reservationen. Manchmal begleite ich auch Reisegruppen auf der gesamten Reise, insbesondere Gruppen aus meiner alten Heimat Schweiz. Diese schätzen es natürlich, dass ich den marokkanischen Alltag aus erster Hand kenne und vieles erklären kann – auch aus Sicht einer Frau. Flexibilität ist immer gefragt, und aus vielen Gästen sind Stammgäste und Freunde geworden, die immer wieder in unser schönes Land zurückkehren.
Neben unserer gemeinsamen Arbeit haben wir eine sehr grosse Familie in Agouti im Atlasgebirge. Zudem schätze ich auch meinen Freundeskreis von deutschsprechenden Frauen in Marrakesch, mit denen ich mich regelmässig treffe und austausche. So haben wir zwei Lebensmittelpunkte und leben wie moderne Nomaden mal in der Stadt Marrakesch und dann wieder im Hohen Zentralatlas. Eines ist ganz sicher, Langeweile kommt nicht auf!
