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Das Eingangstor zur Rue Montorgueile Paris. Bild: Aude François

Dein roter Faden im Quartier du Sentier

Andreas Güntert

Grosses Kino im kleinsten Arrondissement von Paris: An der Rue Montorgueil tauchen wir ins Stadtleben von Sentier ein. Bobos, Macarons und Schnecken inklusive.

In Paris kommen wir einfach nicht los von den Bobos. Schon im Marais, an der Rue de Bretagne, sind wir diesem Menschenschlag begegnet. Ein Bobo (Bourgeoise Bohemien) ist zwar ein Wohlstandsbürger, gefällt sich in der Freizeit aber als Nonkomformist und führt ein Leben zwischen Reichtum und Rebellion.

Für uns hier fast noch wichtiger: Bobos bewegen sich gerne in den schönsten Ecken von Paris, kennen sich aus mit Essen, Trinken und all dem, was das Flair der Stadt ausmacht. Was so auch und ganz besonders für das Quartier Sentier und die Rue Montorgueil gilt.

Das Sentier-Quartier war lange die Hochburg der Textilhändler und wurde in letzter Zeit auch als Standort für Tech-Startups entdeckt, was zum Übernahme «Silicon Sentier» führte.

Aber genug geplaudert jetzt, Vorhang auf für Sentier, Bühne frei für die Rue Montorgueil Paris, die unser roter Faden sein wird. Oder: La place to be.

Entrez, s’il vous plaît!

Durch die Rue Montorgueil führt uns Aude François. Die junge Dame lebt in Paris, wo sie aktuell ihren MBA in Mode, Luxus, Marketing & Innovation pausiert, um ihre künstlerischen Fähigkeiten im Zeichnen und Malen zu vertiefen. Aude reist fürs Leben gerne und lässt uns über ihren Instagram-Account an ihren Entdeckungen teilnehmen.

Aude mag das Quartier du Sentier sehr. Nicht nur wegen der zahlreichen traditionellen Bistros, Restaurants und Cafés, sondern auch wegen der vielen Läden. Fischgeschäfte, Käseläden, Bäckereien, Weinhandlungen, Schuhreparaturen, Eisenwarengeschäfte. Kleine Läden, die von Generation zu Generation weitergegeben werden.

Heute gilt die Rue Montorgueil in Paris als eine mondäne und vornehme Straße. Kein Wunder also, dass die Pariser Bobos sie lieben. Aber nicht nur sie. Mittags kommen die Arbeiter von nebenan hierher, um eine Mahlzeit einzunehmen.

Daneben teilen sich tagsüber Touristen und Stammgäste die Trottoirs. Und das, sagt Aude, laufe in der Regel «in aller Höflichkeit» ab. Très bien.

Aude François: Gut verdrahtet in Paris. Bild: Selfie

Sentier Paris: Ein Drink an der Rue Montorgueil

In der Mitte der Strasse findet sich die typische französische Brasserie, La Grille Montorgueil, mit Tischen zur Pflaster. Ideal für ein Glas Weisswein am späten Nachmittag oder nach der Arbeit für den Apéro.

Und manchmal auch für einen Besuch, der beim Apéro startet und sich über Stunden weiter ziehen kann. Ah, Paris!

Wo man in Paris gerne ewig sitzen möchte: Brasserie La Grille. Bild: Aude François

Ob allein oder in guter Gesellschaft, in dieser Brasserie an der Rue Montorgueil geniesst man in aller Ruhe sein Getränk und lässt die Blicke über die Strasse schweifen.

Und natürlich über die Passanten: Haltung und Stil, Chic, Charme und Art des Ganges: Auf dem Catwalk des Sentier gehen die Sujets in Paris nie zur Neige.

Ein Kaffeestopp im Quartier Sentier

Das Lokal fällt sofort durch seine raffinierte Aussendekoration auf, die manchmal als «Neo-Renaissance» bezeichnet wird. Dieses Café versetzt Dich zurück in die Geschichte. 1805 galt dieses Lokal als der beste Ort, um Austern zu essen.

Wer einen Ort sucht, um guten Kaffee zu geniessen und in den lokalen Zeitungen zu blättern, sitzt im Au Rocher de Cancale an der Rue Montorgueil genau richtig.

Viele Persönlichkeiten waren hier zu Gast, insbesondere Balzac. Er liess sich dort zu den Figuren der «Menschlichen Komödie» inspirieren. Das Lokal ging 1847 in Konkurs und wurde einige Jahre später auf der anderen Strassenseite, an der Rue Montorgueil 78 wieder eröffnet.

Die alte, von Künstler Paul Gavarni geschaffene Fassade, ist bis auf den heutigen Tag noch zu sehen.

Paris Rue Montorgueil: Eine Mahlzeit

Es ist allgemein bekannt, dass die Franzosen gerne Schnecken essen. Du willst wissen, wie das schmeckt? Nun, damit kannst Du im L’Escargot Montorgueil eine unvergessliche Zeit in verbringen.

Dabei handelt es sich um ein sehr bekanntes Pariser Restaurant, das treue Stammgäste wie Sarah Bernhardt, Marcel Proust oder Salvator Dali hatte. Das Rezept für die «Escargots de Bourgogne» ist seit 1832 das gleiche geblieben.

Ganz oben im Bild: Das Wappentier des Restaurants. Die Schnecke. Womit aber nicht der Speed des Service gemeint ist. Bild: Aude François

Die grosse goldene Schnecke an der Fassade zieht die Neugierigen an. Das L’Escargot Montorgueil ist ein typisches französisches Restaurant: traditionelle Pariser Tische auf der Terrasse, gut gekleidete Kellner und eine schöne Auswahl an französischen Weinen.

Die Zeichen stehen gut, dass der Lauf der Zeit an diesem Lokal im Schneckentempo vorbeigehen wird. Der Innenbereich steht nämlich unter Denkmalschutz. Vive la France!

Ein Shop an der Rue Montorgueil Paris

Für die Historiker: Vor Euch liegt die älteste Konditorei von Paris, die seit 1730 Süssigkeiten herstellt. Die Legende besagt, dass der Konditor Nicolas Stohrer hier das berühmte Dessert Baba au rhum erfunden hat.

Dabei handelt es sich um eine traditionelle polnische Brioche, die in Malaga-Wein (und später in Rum) getränkt wird. Stohrer war zunächst Lehrling in der Küche des polnischen Königs Stanislaus I. Als Prinzessin Marie Leszczyńska 1725 König Ludwig XV. heiratete, folgte der Konditor ihr nach Versailles, wo er mit seiner Baba au rhum erfolgreich wurde.

Schon ewig in Paris. Und schmeckt immer noch frisch: Patissier Stohrer. Bild: Aude François

Fünf Jahre später verliess er Versailles und eröffnete seinen Laden in der Rue Montorgueil. Die Patisserie Parisienne Stohrer, die gleichermassen von Einheimischen und neugierigen Touristen besucht wird, hat ihren traditionellen Stil beibehalten.

Ihre köstlichen Spezialitäten ebenso. Zum Glück.

Noch ein Laden

Ein weiterer Grund, der mich an die Rue Montorgueil führte: Ich hatte den Auftrag, meine Bestellung bei Too Good To Go in einer Joghurt-Boutique namens Chacun Ses Goûts. abzuholen.

Das Ergebnis war, dass ich drei leckere Frozen Yogurts für vier Euro statt für zwölf Euro mit nach Hause nehmen konnte. Persönlicher Gewinn, gepaart mit Genuss.

Sentier Paris: Ein Mitbringsel

Schleckmäuler werden bestimmt riesige Freude haben an einer Schachtel mit Macarones von Ladurée, eingetütet natürlich direkt an der Rue Montorgueil.

Vorgeschlagene Sorte: Fleurs de Soleil. Preis fürs Coffret mit sieben Stück: 21.50 Euro. Das ist es Dir für Deine Freunde doch wert, oder?

Rue Montorgueil Paris: Die Anreise

Ab Gare de l’Est, wo Schweizer Bahnfahrerinnen und – fahrer in der Regel in Paris ankommen, geht es am besten mit Metro-Linie 4, Richtung Mairie de Montrouge. Aussteigen bei der Haltestelle Étienne Marcel. Zu Fuss sind es etwas mehr als 20 Minuten.

Sehenswürdigkeiten in der Nähe der Rue Montorgueil

Vom Quartier Sentier aus sind einige der Pariser Highlights ganz bequem zu erreichen. Etwa das Centre Georges Pompidou im 4. Arrondissement von Paris.

Das Kunst- und Kulturzentrum, von den Einheimischen auch Beaubourg genannt, ist ein Muss für Liebhaber moderner Kunst in Paris.

Wuchtige Fassade des Centre Georges Pompidou: Bist Du im Pro- oder im Kontra-Lager? Bild: Pixabay

Das Centre Georges Pompidou ist ein ungewöhnliches Wahrzeichen mit einer herausragenden ständigen Sammlung und einer Bibliothek. Die Fassade ist nach wie vor ein kontroverses Thema. Einige in Paris lieben es, andere un peu weniger.

Am besten schaut man es sich selber an, um sich eine Meinung zu bilden.

In der Vergangenheit war Les Halles als zentraler Lebensmittelmarkt der Hauptstadt bekannt, bevor dieser durch ein grosses Einkaufszentrum ersetzt wurde. Eine sehr urbane, eklektische Gegend voller Vintage-Läden, ethnischer Läden und leckerem Essen. Es lohnt sich ganz bestimmt, von der Rue Montorgueil her einen Abstecher zu Les Halles zu machen.

Ebenfalls in der Nähe des Sentier-Quartiers befindet sich die Handelsbörse Bourse de Commerce. Ein wahrhaft einzigartiges Denkmal, das mit einer Sammlung des Unternehmers und Kunstsammlers und eine Sammlung von François Pinault besticht.

Louvre mit Nike-Statue. Nein, nicht der Schuh, sondern die Siegesgöttin. Bild: Pixabay

Das Louvre-Museum muss hier wohl nicht genauer vorgestellt werden. Nur schon die dort gut abgehangene Mona Lisa ist ein Magnet allererster Güte. Gut zu wissen aber: Das Musée du Louvre liegt keine 15 Gehminuten entfernt von unserer Straße Rue Montorgueil im Viertel Sentier.

Auch gut zu wissen: Im Louvre kann es je nach Gruppengröße schnell mal ziemlich eng werden. Man ist gut beraten, sich vor der Reise über den voraussichtlichen Andrang schlau zu machen und Möglichkeiten zu prüfen, vorab Tickets und Touren zu buchen.

Damit noch nicht genug der Touren und Ausflüge. Ebenfalls nicht weit weg von der Rue Montorgueil liegt eine weitere besuchenswerte Straße: Die Starke Strecke Marais Rue de Bretagne, gelegen im Pariser Trendquartier Haut Marais. Was nicht nur Bobos mit Hama abkürzen.

Nicht weit weg von Seine und Louvre: Rue Montorgueil Paris im Viertel Sentier. Quelle: Google Maps