Here & There

Seit über 130 Jahren am Platz. Und hoffentlich noch viele Jahre mehr: Traditionsreicher Laden von Perruquet an der Via Giuseppe Barbaroux. Bilder: Der Internaut

Flanieren, shoppen und staunen: an der Via Giuseppe Barbaroux

Andreas Güntert

Auf zur klassischen Schönheit Norditaliens: Wir schlängeln uns durch eine schmale Turiner Strasse, die viel Freude macht. Vor allem dem Gaumen.

Turin, Torino. Das bedeutet: Caffè schlürfen unter Arkaden. Das Stadion von Juventus Turin besichtigen, das Turiner Grabtuch bestaunen und das Ägyptische Museum durchstreifen. Und, als Sehenswürdigkeiten nicht zu vergessen: Wallfahrten in die allererste Zelle von Eataly. Sowie ein Sonnenuntergang im geschützen Rahmen, jeden Abend garantiert im gleichen Rot.

Sonnenuntergang, Torino-Style: Cafe Torino unter den Arkaden an der Piazza San Carlo.

Flanieren und Einkehren an einer Strasse, die lokal und regional geprägt ist? Shoppen und Staunen an einer Strasse, die typisch ist für Turin? Eine starke Strada, die nicht globalisiert ist? Ich hab da einen Geheimtipp entdeckt, den man typischerweise nicht so eben auf den ersten Blick findet: die Via Giuseppe Barbaroux.

Blauer Himmel über unserer Starken Strecke: Via Giuseppe Barbaroux, Turin.

Sie führt durch das historische Stadtviertel Quadrilatero Romano und ist vom touristischen Zentrum her in wenigen Gehminuten zu erreichen. Die Barbaroux ist eher tag- als nachtaktiv und lebt auch stark von vielen Quersträsschen.

Da und dort begegnen wir auch mal einem blinden Schaufenster oder ein paar verbarrikadierten Türen. Aber stets taucht auch wieder Neues auf in dieser Strasse. Wer handgezogene Grissini mag, Trüffel, Pasta und Polenta, der ist hier richtig. Wer gerne mal in eine Nebenstrasse guckt oder sich in einen Hinterhof wagt, ebenfalls.

Bummeln, Tratschen, Degustieren. Und sempre Handyfonieren: Strassenszene in der Via Giuseppe Barbaroux.

Die Via Giuseppe Barbaroux ist zwar eine Open-Air-Strecke. Aber ein paar Meter Arkadengang, das bietet sie. Erste Adresse hier ist die Bar Perotti. Nein, es ist keine der opulenten klassischen Bars. Aber die Bar Perotti hat definitiv den Bogen raus. Sie ist schon Jahrzehnte im Business, macht einen soliden Job und serviert einen guten Caffè.

Cremiger Bicerin, wie hier serviert in der Bar Perotti, weckt die Geister. Und besänftigt die Seele.

Natürlich will ich in Sachen Caffè, Kafi und Käffchen nicht dreinreden. Trink, was dir gut tut. Aber einen schönen Bicerin sollte man im Piemont schon mal probieren. Diese Turiner Spezialität vermählt in einem Glas Espresso, Vollmilch und Kakao. Ich hab die Kalorien nie gezählt. Aber ich denke, es reicht für ein ganzes Frühstück aus. Also für ein erstes und ein zweites. Unverschämt gut!

Shoppingtüte auf

Brot und Käse, Grissini und Salami, Eier und Butter: So einfach kann das piemontesische Leben sein. Und so hübsch eingerichtet. Bei Peruquet ist das seit 1882 Programm. Leider gibt es Gründe, die ein weiteres Fortbestehen gefährden: Die Krise nagt, der Konsument deckt sich lieber beim Discounter ein. Grund genug, einem solch charmanten Dinosaurier des Einzelhandels Sorge zu tragen. Wie man das am besten und effektivsten tut? Ganz einfach: Indem man dort einkauft.

Ein paar Meter weiter heisst es Hut und Boot. Ja genau, so lässt sich das Angebot von La Staffa auf eine Kürzestformel bringen. Hüte und Stiefel, das kann und lebt man hier.

Ja natürlich, Turin liegt im Piemont. Aber an der Via Giuseppe Barbaroux gibt es auch eine ligurische Enklave. In Form des kleinen Ladens Maniman. Dort haben wir uns eine Portion Nuss-Sauce geschnappt. Schmeckt herrlich zu Pasta jeder Art, mit etwas Butter veredelt sogar noch besser. Eingetütet für 5,50 Euro.

Mit dem VW-Bus durch die schmale Via Giuseppe Barbaroux navigieren – das ist nur etwas für hartgesottene Automobilisti.

Frech geparkt und schon mit Schreibwerkzeug betankt: Ein Mitbringsel aus der Via Giuseppe Barbaroux.

Ganz anders verhält es sich mit unserem Mitbringsel: Ein VW-Bulli aus Karton, der sich zum Büro-Organisator zusammenbauen lässt. Ist es ein Frevel, aus der Fiat-Stadt Turin einen VW-Bus heimzubringen? ich finde, das geht. Vor allem auch, weil der Wagen gar kein Volkswagen-Logo trägt. Sondern das Piece-Zeichen. Mitgefahren für 15 Euro bei Pop Heart.

Ins Museum

Das Museum an der Via Giuseppe Barbaroux ist gleich doppelt interessant: Erstens einmal hätte man ein Wirtschaftsmuseum (gesponsert von einer lokal verankerten Grossbank) kaum erwartet an dieser Adresse. Doch so ist es. Das Museo del Risparmio liegt just an unserer Starken Strecke.

Zweite Überraschung: Es ist viel grösser, als man denkt. Hier drin wird man an vielen Stationen spielerisch ins Geschehen der Wirtschaft eingeweiht. Einen Spartipp – also ein echtes Risparmio – kann ich hier gleich weitergeben: Der Eintritt kostet in der Regel acht Euro. Aber am ersten Samstag im Monat kommt man umsonst rein. Schon wieder acht Euro gespart! Wo man die ganz gut ausgeben kann?

Rund ein halbes Dutzend Ristoranti sind an der Via Giuseppe Barbaroux placiert. Wer auf solide regionale Kost setzt, wird in der Cantine Barbaroux gut bedient. Man kennt und schätzt hier vor allem auch den Umgang mit dem piemontesischen Gold, den Trüffeln.

Etwas verrückter und experimenteller gehts im Santa Polenta zu und her. Der Name verrät es: Hier wird das einstige Armeleute-Essen aus den Bergen, die Polenta, neu interpretiert. Und zwar auf sehr schmackhafte Art und Weise. Ein Restaurantbesuch, der Freude macht. Und dazu ermuntert, sich auch zu Hause wieder einmal an eine Polenta zu wagen.

Für einen Drink empfehle ich eine der Nebenstrassen. Eine gute Idee ist, in die Via Stampatori einzubiegen und sich dort einen Drink im munteren Bazaaar zu genehmigen.

Und wo Sie zu finden ist die Via Giuseppe Barbaroux?

Die Via Giuseppe Barbaroux ist nur wenige Gehminuten entfernt vom berühmten Ägyptischen Museum (angezeigt im rechten unteren Quader der Karte).

Mit Tram Nummer 4 oder den Buslinien 11, 19, 27, 51, 57 oder 92 zur Station Monte di Pietà. Ein paar Schritte von der Haltestelle entfernt liegt das Museo die Risparmio. Was für Dich bedeutet: Du bist jetzt mittendrin in der Action.