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Zu den Highlights des Amauris Vienna zählt der Spa-Bereich mit Glasdach, der Schwimmen unter dem Sternenhimmel ermöglicht. Bild: The Amauris Vienna

Tested Eine Nacht in Wiens modernisiertem Kaiserpalais

Carsten K. Rath

Was ist eigentlich aus den vielen Prachtbauten des österreichischen Kaiserpaars Franz Joseph und Sisi geworden? Carsten K. Rath, ehemaliger Grandhotelier und Betreiber des Hotelrankings die-101-besten, checkt für Travelnews im Fünf-Sterne-Hotel The Amauris Vienna ein, um das herauszufinden.

Ich stehe am Kärntner Ring in Wien, wo die Vergangenheit noch immer greifbar scheint. Hier fuhren einst Franz Joseph und Sisi vorbei – auf dem Weg zwischen Opernball und Hofburg. Die Ringstrasse, samt Kärntner Ring, wurde ab 1857 angelegt – als grosse städtebauliche Bühne für das neue, imperiale Wien. Wer heute dort entlangspaziert, bewegt sich durch ein Stück lebendige Geschichte – nur mit deutlich modernerem Takt.

In Sichtweite zum Musikverein und zur Oper reihen sich die grossen Hotels der Stadt wie würdige Erben einer Epoche aneinander: das Imperial, das Bristol, das Ritz-Carlton. Und mittendrin auch The Amauris Vienna. Wo einst die Wiener Gesellschaft residierte, lädt heute ein Boutique-Grandhotel mit feinem Gespür für Tradition und Design ein. Das 1860 erbaute Stadtpalais war viele Jahre als Hotel namens The Ring bekannt, bevor es sich 2023 unter neuem Namen und neuem Konzept der Relais & Châteaux-Familie anschloss – eine gute Wahl.

Wie viel Geschichte verträgt die Gegenwart, und wie viel Gegenwart passt zu einem historischen Haus? Ich checke ein, um das herauszufinden.

Ein mutiger Mix aus Alt und Neu

The Amauris Vienna bietet 62 individuell gestaltete Zimmer und Suiten – durchdacht designt, technisch auf dem neuesten Stand und voller Charme und Persönlichkeit. Sanfte Farbwelten, edle Stoffe und zeitgenössisches Mobiliar schaffen ein Ambiente, das urbane Eleganz mit Art-Déco-Anklängen verbindet.

Sensor-gesteuerte Marmortüren stehen dabei sinnbildlich für das Zusammenspiel von traditioneller Handwerkskunst und moderner Technologie. Insgesamt wurden 160 Tonnen Marmor in unterschiedlichen Farben verbaut – ein zentrales Gestaltungselement, das dem Haus seine unverwechselbare Eleganz verleiht.

Das Palais von 1860 wurde aufwendig restauriert und renoviert – heute verbindet The Amauris Vienna historischen Charme mit zeitgemässem Luxus. Bild: The Amauris Vienna

Ich freue mich darüber, dass trotz all der Technik und Modernität auch noch etwas von der Geschichte geblieben ist: das original erhaltene Treppenhaus, der historische Aufzug, feine Stuckdetails. Und vor allem: Originalwerke österreichischer Künstler wie Carl Moll oder Olga Wisinger-Florian verleihen dem Haus eine persönliche, fast private Note.

Dass hier Vergangenheit und Zukunft Hand in Hand gehen, zeigt sich auch auf dem Dach: Eine moderne Solaranlage wandelt Sonnenlicht in Energie – ein sichtbares Bekenntnis zur Nachhaltigkeit. Tablets in den Zimmern, papierlose Kommunikation und smarte Technologien ermöglichen einen ressourcenschonenden Aufenthalt, ohne Verzicht auf Komfort.

Ein historisches Gebäude im Wandel

Das heutige The Amauris Vienna wurde im Jahr 1860 als eines der ersten Ringstrassenpalais Wiens errichtet – in einer Zeit, als Kaiser Franz Joseph die Stadt zur Weltmetropole umbauen liess. Ursprünglich als Wohnhaus für die wohlhabende Oberschicht konzipiert, war es mit seiner neoklassizistischen Fassade und den grosszügigen Proportionen ein typischer Vertreter jener Epoche, in der Architektur Repräsentation bedeutete.

Die historische Fassade des Amauris Vienna erinnert an kaiserzeitlichen Charme. Bild: The Amauris Vienna

Im Jahr 2021 unterzog die neue Eigentümerfamilie das Gebäude einer umfassenden Transformation. In enger Zusammenarbeit mit dem Wiener Architekturbüro Hoppe + Partner und dem kroatischen Interior Designer Nikola Arambašić wurde das Haus von Grund auf neugestaltet. Dabei blieb die Fassade bewusst unangetastet, als Hommage an die historische Substanz, während das Innere mit einer klaren Linienführung und modernster Technik neu gedacht wurde.

Ein Konzept, das sich ausgezahlt hat: In diesem Jahr erhielt das Haus die Auszeichnung «Luxury Design & Lifestyle Resort of the Year» im Ranking der «101 besten Hotels» – und ich könnte mir kaum einen würdigeren Vertreter vorstellen. General Manager Mike Faber freut sich sehr über diese Auszeichnung: «Als Luxus-Boutique-Hotel legen wir grössten Wert auf Ästhetik, Individualität und Service. Wir sind stolz darauf, mit dieser Auszeichnung zu den 101 besten Hotels in der DACH-Region zu gehören.»

Moderne Beleuchtungselemente im Flur setzen zeitgemässe, skulpturale Akzente. Bild: The Amauris Vienna

Kreative, nachhaltige Spitzenküche aus Wien

Auch kulinarisch geht The Amauris einen mutigen Weg: Im Glasswing Restaurant unter der Leitung von Executive Chef Alexandru Simon trifft Wiener Küche auf französische Präzision und mediterrane Aromen. Mit drei Gault&Millau-Hauben und vier Falstaff-Gabeln ist die Küche längst in der Spitzengastronomie angekommen – und das mit einer klaren, nachhaltigen Philosophie.

Die Glasswing Bar & Bistro im Erdgeschoss ist die lässige Alternative zur Fine-Dining-Welt, mit vielseitigen Gerichten wie Jakobsmuscheln in grünem Curry, Miso-Käsespätzle oder Tandoori-Hendl und einer entspannten Atmosphäre, in der sich Hotelgäste und Wiener gleichermassen zum stilvollen Aperitif treffen. Ein gewisses Mass an Eleganz ist allerdings dennoch erwünscht: T-Shirts und Shorts etwa bleiben besser im Koffer. Man schätzt hier eine gepflegte Erscheinung.

Unter Originalgemälden dinieren: Im Glasswing Restaurant sind viele Originalgemälde von Alexander Rothaug ausgestellt. Bild: The Amauris Vienna

Was mir gut gefällt, ist der nachhaltige Ansatz des Hauses. Statt verschwenderischer Buffets setzt das Haus auf ein à-la-carte-Frühstück – das spart Lebensmittel und gibt den Gästen das Gefühl von Individualität. Das Küchenteam arbeitet nach dem Zero-Waste-Prinzip: Produkte werden möglichst vollständig verwertet, regionale Lieferanten bevorzugt. Bald wird sogar ein eigener Dachgarten entstehen, auf dem Kräuter und Gemüse für Küche und Bar angebaut werden. Ein weiterer Beweis dafür, dass sich dieses Haus stetig weiterentwickelt.

Was bleibt also von Franz Joseph und Sisi? Ihre Bauten, ja – aber vor allem ihre Haltung: ein feines Gespür für Stil, für Ästhetik, für das Besondere. The Amauris Vienna trägt diesen Geist weiter – als moderne Interpretation. Dass das Haus nach der Schmetterlingsgattung Amauris benannt ist, zu der auch der Grosse Monarch gehört, ist mehr als ein hübsches Bild. Es symbolisiert Verwandlung, Leichtigkeit und die Fähigkeit, sich neu zu erfinden, ohne seine Herkunft zu verlieren. So bleibt das Erbe lebendig – nicht im Rückblick, sondern im Fortschritt.

Raths Reise-Rating

  • Ganz grosses Kino
  • Wenn’s nur immer so wäre
  • Hohes Niveau, mit ein paar wenigen Schwächen
  • So lala, nicht oh, là là
  • Besser als in einem Hostel
  • Ausdrückliche Reisewarnung

Zum Autor

Als früherer Grandhotelier und Betreiber des relevantesten Hotel Rankings im deutschsprachigen die-101-besten.com ist Carsten K. Rath Globetrotter von Berufs wegen. Sämtliche Hotels, über die er für Travelnews schreibt, bereist er auf eigene Rechnung.

Rath ist zudem Autor des Buches «Iconic Hotels of the World», das hier bestellt werden kann: