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Im Tiroler Juffing Hotel & Spa ist Literatur omnipräsent. Bild: juffing.at

Hotels für Literatur-Liebhaber: Erlesene Unterkünfte

Christian Haas

Die Tage werden kürzer, Zeit für das ungehemmte Verschlingen möglichst vieler Bücher! Literaturhotels bieten nicht nur XL-Bibliotheken, sondern auch Lesefrühstücke und Kontakt mit Autoren. Eine Auswahl.

Im «Juffing Hotel & Spa» dreht sich alles um Literatur. Neben einer gut sortierten, gemütlichen Bibliothek in der Lounge sowie verschiedenen Autoren gewidmeten und mit deren wichtigsten Werken bestückten Zimmern finden sich grossflächige literarische Zitate auf Teppichen und an Flurwänden.

Damit nicht genug: Selbst im Spa-Bereich des in den Tiroler Bergen bei Kufstein gelegenen Viersterneplus-Hotels ist das Thema Literatur omnipräsent – in Gestalt prall gefüllter Bücherregale. An einigen Liegestühlen hängen sogar Tabletcomputer mit elektronischem Lesefutter.

«Wir wollen dem Hotel eine warme Farbe geben, Literatur eignet sich dazu wunderbar», erklärt Sonja Juffinger-Konzett das Konzept des Literaturhotels. Und weiter: «Wir möchten neue Wege beschreiten und den Wellnessbegriff auf unsere Art und Weise umsetzen.» Eben mit Literatur, einer Art «Wellness im Kopf».

Auf dem «Behandlungsplan» stehen dann unter anderem die Interaktion mit «Austauschstipendiaten», die je 14 Tage im Hotel leben und anderen Gästen Einblicke in ihr schriftstellerisches Schaffen vermitteln, sowie regelmässigen Lesungen namhafter Literaten. Am 19. September etwa hat sich die bekannte Autorin Monika Helfer angekündigt, am 17. Oktober folgt die mit zahlreichen Preisen und Stipendien ausgezeichnete Carolina Schutti.

Entspannung in der Faulenzer-Bibliothek

Die Veranstaltungsreihe «Literatur am Kirchturm» kommt gut an, sowohl bei den Gästen als auch bei der Gastgeberin. «Einem Literaten zuzuhören, ganz ohne Sinn und Druck, geistig in eine andere Welt abdriften – das tut mir gut, regt mich an, regt mich auf – und entspannt mich», bekennt Juffinger-Konzett.

Entspannungsmöglichkeiten bietet sie ihren Gästen auch an anderer Stelle an, etwa in Gestalt der «Faulenzer-Bibliothek» – sprich: An der Rezeption lassen sich iPods mit Hörbüchern ausleihen – oder des «Zuende-Lesen-Services». Hierbei dürfen Besucher ein Buch, das sie während ihres Aufenthaltes nicht bis zum Schluss schaffen, nach Rücksprache mitheimnehmen und zurücksenden, wenn sie es ausgelesen haben. Juffinger-Konzetts Credo: «Unsere Literaturschwerpunkt ist nichts, womit ich das Haus verkaufe, aber es gibt ihm Charakter!»

11 Meter hohe Bibliothek

Eine Charakterprofilierung mit Hilfe der Literatur unternehmen auch andere Hotels. Mit meist guter bis sehr guter Resonanz, was – aller Digitalisierung und der vermeintlichen Leseverdrossenheit zum Trotz – vermutlich auch daran liegt, dass im Urlaub in der Regel eben genug Zeit ist für Lesefreuden aller Art. Und da lassen sich viele Gäste gerne von einer entsprechenden Auswahl inspirieren.

Ein stattliches Sortiment bietet etwa das «B2 Boutique Hotel + Spa» in Zürich. Dessen bis zur elf Meter hohen Decke reichende, über 33'000 teils antiquarische Werke fassende Bibliothek befindet sich in einer ehemaligen Brauerei und ist gleichzeitig der Frühstücksraum des Hotels – eine sensationelle Lesekulisse unter XXL-Kronleuchtern aus grünen Original Hürlimann-Bierflaschen.

Das B2 Boutique Hotel + Spa in Zürich wartet mit 33'000 Büchern auf: Bild: B2

Keinen Ausschank, aber süffige Lektüre bietet die attraktive Bibliothek im Florentiner «Hotel Il Salviatino», das in einer Villa aus dem 15. Jahrhundert untergebracht ist. Und noch ein Tipp: Das «Taj Falaknuma Palace» im indischen Hyderabad beherbergt 6000 seltene Exemplare englischsprachiger Handschriften und Bücher, die man sich in einen superedlen Leseraum bringen lassen kann.

«Book and Bed»-Hostels in Tokio, Kyoto und Fukuoka

Dass aber nicht nur Luxushotels ein Herz für Leseratten haben, beweisen die «Book and Bed»-Hostels in Tokio, Kyoto und Fukuoka, wo in jedem der kleinen Zimmer Regale mit jeder Menge Bücher (viele in Englisch) und japanischen Comics untergebracht sind. Ab vier Euro kann man sich sogar stundenweise einmieten, die ganze Nacht kommt dann auf etwa 40 Euro.

Literaturhotels sind also weltweite Bestseller, besonders gut kommen sie jedoch in Deutschland an. Ein ausgezeichnetes Standing geniesst etwa «Schloss Elmau» in den oberbayrischen Bergen – wegen der vom Philosophen und Bestseller-Autor Dr. Johannes Müller geschaffenen Bibliothek und wegen des einmaligen Buchladens, der die zum Teil eigens aus diesem Grund angereisten Gäste sieben Tage die Woche mit, wie es in der Eigenwerbung heisst, «food for thought» versorgt (berühmt geworden ist auch ein Foto vom G7-Gipfel 2015, als Angela Merkel und US-Präsident Barack Obama in jenem Buchladen Platz nahmen, beim 2022er-Gipfel standen andere Motive im Vordergrund).

«Bestseller sind nicht unbedingt unsere Stärke, eher das besondere Buch», meint die für den Buchladen verantwortliche Dr. Ingeborg Prager. Für ihre Empfehlungen wird sie weithin geschätzt – und dafür, Autorengrössen wie Michael Ondaatje und Ian McEwan für Lesungen im Hotel zu gewinnen.

Kostenlose Lesungen

Unter Literaturfreunden hat sich auch das «Hotel Wedina» in Hamburg einen Namen gemacht. Seit 1999 arbeitet das modern gestaltete Haus, das genau genommen aus fünf Häusern besteht, eng mit dem nah gelegenen Literaturhaus zusammen.

So können Gäste kostenlos an den dortigen Lesungen teilnehmen. Auch das Literaturhaus profitiert von der Kooperation, werden doch nahezu alle Dichter, die dort lesen, im «Wedina» untergebracht, darunter waren schon Stars wie Henning Mankell, Margaret Atwood und Martin Walser. Lebendig geht es auch bei den Eventreihen «Literaten im Hotel» und dem «Lesefrühstück» zu. Bei letzterem bereichern Autoren aus dem deutschsprachigen Raum die Morgenstunden, indem sie Mitfrühstückern aus ihren Werken vorlesen. Wer das lieber selbst tun will, findet in der hauseigenen Bibliothek üppiges Lesefutter.

Das Hamburger Hotel Wedina ist bei Literaturfreunden beliebt. Bild: Hotel Wedina

Das gilt auch für das «Gutshotel Gross Breesen» in Mecklenburg-Vorpommern, Beiname «Deutschlands 1. Bücher-Hotel». Inspiriert vom walisischen Bücherdorf Hay-on-Wye hat hier Conny Brock 1998 den Gutshof in Deutschlands erstes Bücherhotel verwandelt und mittlerweile rund 500'000 Bücher zusammengetragen. Diese stapeln sich an Wänden, in Regalen, in Kisten. Lobby, Flure, Scheune, Keller, ja selbst das Restaurant ist voller Papierwerke.

Den Buchgrundstock legte Brock mit in der Nachwendezeit aufgelösten Büchereien sowie Nachlässen. Seitdem sorgt ein Tauschsystem für ständigen Wechsel und permanentes Wachstum: Wer zwei Bücher bringt, darf sich ein anderes aussuchen und wieder mitnehmen. «Es sind aber nicht die grossen Namen, die hier wichtig sind, sondern die Begegnungen und Gespräche», erklärt Brock, und betont: «Wir sind keine öffentliche Begegnungsstätte, sondern ein kleines, feines Hotel – und die Bücher stehen ausschliesslich unseren Gästen zur Verfügung.»