Lifestyle
«Laptop auf dem Schoss und Füsse im Pool ist nicht die Realität»
Reto SuterWas die Kombination von Arbeit und Ferien angeht, ist Andreas Troxler ein Schweizer Pionier. Der Luzerner Unternehmer, der unter anderem ein Co-Working-Space in Oberkirch betreibt, hat das Potenzial von Workation schon vor Jahren erkannt – zu einem Zeitpunkt, als die grosse Mehrheit der Bevölkerung und auch der Reisebranche noch nicht einmal wusste, was dieser Begriff überhaupt bedeutet. Troxler reservierte sich die Internetdomain «workation.ch» bereits im Jahr 2016.
Dann passierte lange nicht viel. Aber da handelte es sich auch noch um die Zeit vor Corona. Und: Die ältesten Jahrgänge der Generation Z waren noch in der Schule oder hatten erst gerade ihre Lehre abgeschlossen. Mit der Pandemie, die das Homeoffice salonfähig machte, und den veränderten Ansprüchen der Generation Z im Berufsleben wurde Workation in einer immer breiteren Bevölkerungsschicht zum Thema.
«Richtig Fahrt aufgenommen hat es vor rund einem Jahr», sagt Andreas Troxler. «Die Medien schreiben seither mehr darüber, und eine immer grössere Zahl von Arbeitgebern befasst sich ernsthaft damit.» Dadurch habe sich Workation vom Insider-Begriff zum gängigen Wort entwickelt.
Workation als Inspiration für neue Projekte
Troxler ist klar, dass es bei Workation nie den ganz grossen Boom geben wird. Zum einen, weil nach wie vor viele Berufe existieren, die nur an einem stationären Arbeitsplatz erledigt werden können. Zum anderen, weil längst nicht alle Arbeitnehmenden das Bedürfnis haben, Job und Ferien zu vermischen – und das auch noch weit weg vom gewohnten Umfeld.
«Workation eignet sich für sehr offene Menschen, die alte Muster aufbrechen wollen», so der Unternehmer. Der Austausch mit Gleichgesinnten könne dabei sehr befruchtend sein. «Man holt sich neue Ideen und bildet sich dadurch automatisch weiter.» Troxler selbst hat schon mehrere Workation-Aufenthalte im Ausland hinter sich. Er war unter anderem an Europas grösster Salzwasserlagune Mar Menor in der Nähe von Murcia und auf den Kanarischen Inseln.
Laut Troxler stecken die Workation-Angebote vielerorts noch in den Kinderschuhen. «Bei den Arbeitsplätzen in den Unterkünften wird häufig gespart – so zumindest meine Erfahrung», erklärt der Luzerner. Ein Co-Working-Platz an einem separaten Ort sei nur mit Aufpreis zu haben.
Er habe deshalb immer in seiner jeweiligen Unterkunft gearbeitet. «In diesem Bereich haben die Hotels sicherlich noch Nachholbedarf», sagt Troxler. «Es wäre wünschenswert, wenn die Unterkünfte, beispielsweise in der Lobby, passende Plätze zur Verfügung stellen oder eng mit lokalen Co-Working-Spaces zusammenarbeiten würden.»
Troxler nervt sich oft darüber, wie für Workation geworben wird. «Fotos von Menschen mit dem Laptop auf dem Schoss und den Füssen im Swimming Pool bilden nicht die Realität ab», sagt er. Solche Inszenierungen seien verwirrend. «Klar ist man in einer Ferienregion. Aber man braucht einen funktionstüchtigen Arbeitsplatz, an dem man seinen Job effizient erledigen kann», sagt der Workation-Pionier.
Destinationen springen auf den Workation-Zug auf
Andreas Troxler freut sich, dass immer mehr Ferienorte das Potenzial von Workation erkennen und entsprechende Angebote auf den Markt bringen. Eine Vorreiterrolle habe mit einem Pilotprojekt während Corona die portugiesische Insel Madeira übernommen. «Auch die Kanarischen Inseln werben sehr aktiv um Leute, die vorübergehend im Ausland arbeiten möchten», so der Experte.
In den Schweizer Ferienregionen gewinne Workation ebenfalls an Bedeutung. ««Die Tourismus-Organisation Graubünden Ferien legt aktuell einen Fokus auf New Work. Das betrifft unter anderem die Angebotsentwicklung im Bereich Workation», erklärt Troxler. «Auch die Destination Laax bewirbt ganz konkret Workation-Angebote.»
Insgesamt gebe es bei diesem Thema in der Schweiz aber noch viel zu tun – sowohl in touristischer Hinsicht als auch auf Arbeitgeber-Seite. «Deutschland ist hier schon deutlich weiter», betont der Experte. «Dort ist Workation nicht mehr nur ein Trend, sondern gelebte Realität.»