Lifestyle

Wie an einem französichen Boulevard: friedliche Stimmung vor der Jugendherberge Interlaken, 200 Meter vom Bahnhof Interlaken Ost gelegen. Bild: TN

Tested Der neue Jugendherberge-Stil

Gregor Waser

Klare Formen und Linien, Parkettböden, hohe Räume, riesige Fenster: ein Besuch in der Jugendherberge Interlaken – ohne knarrige Böden, dafür mit coolem Lifestyle.

Wie war das schon wieder damals beim letzten Besuch einer Jugendherberge in den 1990er-Jahren? Knarrige Böden, verstaubte Wolldecken und der Duft von Wandersocken blieben in Erinnerung nach dem Aufenthalt in den Bündner Bergen. Ja, und günstig war es auch, um die 25 Franken.

30 Jahre später, ein neuerlicher Besuch in einer Schweizer Jugendherberge: das Staunen ist gross. Schon bei der Ankunft strahlt das Youthhostel, gleich beim Bahnhof Interlaken Ost gelegen, eine einladende Atmosphäre aus. Die Untere Bönigstrasse, gesäumt von Platanen, ist eine breite Allée mit einem langgezogenen, modernen Bau, wo die Jugendherberge neben der Raiffeisen Bank seit 10 Jahren domiziliert ist. Vor dem Eingang stehen ein Dutzend Tischchen: erledigte, aber strahlende Schweizer Wanderer geniessen den Apéro, englische Sprachfetzen von einer Gruppe Traveller sind daneben zu hören, auch Einheimische nehmen hier für ein Bierchen Platz.

Der Eingangsbereich ist offen und lang, zur rechten Seite mit einem Loungebereich zum Chillen, Mails checken, Poolbillard spielen oder um anhand aufliegender Infos den kommenden Ausflug zu planen, ein offenes Chéminée hat es auch. In der Mitte die Lobby und Bar, das Zimmerkärtchen liegt bereit, daneben Stehtischchen und der linke Bereich ist geprägt von langen, stylische Bänken und Tischen, wo man gemeinsam isst und plaudert und einen Blick in die offene Küche hat. Sehr einladend und kommunikativ gestaltet alles. An einem solchen Eingangsbereich dürften sich viele Hotels ein Beispiel nehmen, so die Platzverhältnisse ein solches Design erlauben.

Klare Linien, ohne Schnickschnack

Wir erhalten das Doppelzimmer 304. Vom früheren Jugendherberge-Stil ist nichts mehr auszumachen. Klare Formen, Linien, Parkettböden, hohe Räume, riesige Fenster bis zum Boden und eine Terrasse mit Blick zum Jungfraujoch prägen das luftige Zimmer; dazu gehört auch ein separates Badezimmer mit Dusche, alles ist sehr modern hier, ohne Schnickschnack.

Und was kostet der moderne Spass? Die Schweizer Jugendherbergen haben ein dynamisches Preissystem und die Übernachtungspreise variieren je nach Auslastung und Saison. Das Preisbeispiel für die Jugendherberge Interlaken sieht so aus: Doppelzimmer mit Dusche/WC ab CHF 77.- pro Person pro Nacht inkl. Frühstück. Mehrbettzimmer mit Lavabo ab CHF 49.- pro Person pro Nacht inkl. Frühstück.

Klar, die Preise der 90er-Jahre gehören der Vergangenheit an, doch das Preis-Leistungsverhältnis ist hier wirklich sehr gut. Das Frühstückbuffet ist reichaltig, steht einem gehobenen Hotel in Nichts nach und die Auswahl und Qualität des Abendessens ist ebenfalls gut: das Thai-Peanut-Curry mit Frutiger Bio Tofu kostet 19,50 Franken, die Penne Bolognese ebenso. Auch die Weinkarte lässt sich sehen, der Aigle les Murailles und Dieter Meiers Cabernet Sauvignon munden.

Gibt es Abstriche bei diesem Aufenthalt. Wir haben kein Haar in der Suppe gefunden. Einzig die E-Ladestation in der Tiefgarage fehlt vorerst noch, sie sei aber in Planung. Schweizer Jugendherbergen im Jahr 2023? Eine coole Sache.