Lifestyle

Eine von 17 Zimmervarianten in Wiens Superbude. Bilder: zVg

Für eine Nacht in die Superbude

Sarah Sidler

Von glitzernen Discozimmern, Flora und Henriette und Pflanzen à gogo: Wiens Hotellerie überrascht einmal mehr.

Das Superbude Hotel & Hostel & Home Wien Prater definiert Hotellerie neu. Die Gewohnheiten werden bereits beim Betreten der Lobby redefiniert. Dient diese für einmal nicht als Ankunftshalle, sondern als Veranstaltungsraum und Begegnungsraum voller skurriler Objekte. Besprechungszimmer sind dort auch Karaokeräume.

Die Stockwerke könnten nicht unterschiedlicher sein. 178 Zimmer – in diesem Hotel Buden genannt – präsentieren sich in 17 Varianten. Diese passen sich den Gästen an – und nicht umgekehrt, wie sonst überall.

Wohnwägen, Schlafkojen, Baumhäuser

So findet der Reisende stockweise gestapelte Campingplätze mit Wohnwägen, Schlafkojen, Baumhäusern und Themenbuden. Für die Buden mit Glamping-Charakter wurde ein Stahlrohrbett im Wohnwagenlook entwickelt, das die Leichtigkeit des Unterwegsseins vermitteln soll.

Das Superbude Hotel Wien Prater definiert Hotellerie neu.

In der Kinobude findet sich ein fünf Meter breites Bett mit einer Mega-Leinwand sowie einer breite Sammlung österreichischer Filme. Ganz im Sinne des Ungewohnten findet man in der Superbude eine «Artist in Residence»-Bude, die nur gebucht werden kann, wenn sie nicht gerade von Künstlern bewohnt wird.

Hier können Kunstschaffende auf 60 Quadratmeter wohnen, wobei ihnen ein integriertes Atelier zur Verfügung gestellt wird. Seine Spuren zu hinterlassen und das Residence-Zimmer selbst zu einem Kunstwerk werden zu lassen, ist ausdrücklich erwünscht. In eine komplett andere Welt taucht man im Disco-Zimmer ein, das mit Spiegelkugeln und einem Bett für fünf Personen seinen Zweck offen lässt.

Lieber national oder international?

Ganz klar der Musik verschrieben hat sich das Hotel Jaz in the City Vienna. Das neue Lifestyle-Hotel begrüsst Gäste und Musikbegeisterte zwischen Mariahilferstrasse und Naschmarkt. Musik ist elementarer Bestandteil des Hotelkonzepts: Die Rezeption fungiert als Record Store, alle 163 Zimmer und Suiten verfügen über einen Plattenspieler.

Die Gäste erwartet täglich Live-Musik, Konzerte und spontane Sessions. «Jaz in the City Vienna ist gelebter Zeitgeist, spiegelt das Lebensgefühl der Stadt wider. Wir leben für und mit der lokalen Musik- und Kulturszene und holen die Künstler auf unsere Bühnen im Hotel», erklärt Michael Dorfer, General Manager a.k.a. The Band Leader, das Konzept.

Sehr international hingegen präsentiert sich das «Zola Palais de Boheme». Das Hotel im zweiten Bezirk möchte die Lücke zwischen Wien und Metropolen wie Paris und London schliessen. Im Herzen des Stadtpalais befinden sich vier Suiten, deren Design von den Werken des weltberühmten französischen Schriftstellers Emile Zola inspiriert sind.

Das Hotel Zola Palais de Boheme schliesst die Lücke zwischen Wien und Metropolen wie Paris und London.

Der Raum La Terre beispielsweise zeichnet sich durch seine erdige Farbgebung aus. Die Wände wurden harmonisch mit Lehm gestaltet und in sieben verschiedenen Tönen pigmentiert sowie mit Stirnhölzer und eine Schilfmatte vollständig in das Mauerwerk integriert. Im gesamten Raum schmücken zudem Steine und Äste die Suite und werden als tonangebende Elemente verwendet. Alle Zimmerkategorien im Hotel Zola wurden mit Bedacht auf dem charakterbildenden Merkmal, eines avantgardistischen, von der Natur geprägten Erscheinungsbildes designt.

Grün, grüner, Gilbert und Flora

Auch das Hotel Gilbert und Flora mit seinen 57 Zimmern in der breiten Gasse macht mit natürlichen Elementen auf sich aufmerksam. Die begrünte Aussenfassade dient als Leuchtturmprojekt für Wien. Lärmreduktion, saubere Luft und ein kühlender Effekt für den Innenbereich sind positive und klimafreundliche Aspekte nicht nur für das Hotel Gilbert, sondern für die ganze Nachbarschaft.

Helle, grüne, coole Ambiente im Gilbert und Flora.

Eine Grünfassade in dieser Dimension hat verschiedene Funktionen. Schädliche Luftinhaltsstoffe und Staub werden vom dichten Laub festgehalten. Zusammen mit ihrer Verdunstungsleistung stellen Grünfassaden eine natürliche Luftreinigungsanlage mit sehr geringem Platzbedarf dar. Sie produzieren dazu Sauerstoff und binden Kohlendioxid. Dauergrüne Rankpflanzen besitzen im Winter einen Isolationseffekt und sparen Heizkosten.

Gleichzeitig kühlen Wandbegrünungen im Sommer, indem sie die begrünten Wandbereiche vor starkem Aufheizen bewahren. Begrünte Wände schlucken Schallwellen. Damit trägt die Wandbegrünung zum Lärmschutz bei. Weiters bietet die begrünte Fassade nicht zuletzt Lebensräume für Tiere in der Stadt. Alle öffentlichen Bereiche in Hotel und Restaurant sind dicht mit Pflanzen besiedelt.

Die grüne Fassade dämmt den Lärm, Schadstoffe werden vom Laub festgehalten.

Von Frauen dominiert

Für das Kulinarische zeichnen im «Gilbert und Flora» fast ausschliesslich Frauen verantwortlich. In der – bereits mehrfach ausgezeichneten – &flora-Küche werkt seit der Eröffnung Küchenchefin Parvin Razavi mit ihrem jungen, vornehmlich weiblichen Team. Im November 2022 wurde die Köchin mit drei Gault Millau Hauben und als Gault-Millau-Newcomerin des Jahres ausgezeichnet. Ihre Küchen beschreibt sie folgendermassen: «Wir haben einen leichten Zugang zu den Gerichten. Die Produkte stehen im Vordergrund. Und natürlich ist die Präsentation wichtig, aber sie soll keine Wissenschaft sein.»

In der &flora-Küche werkt seit der Eröffnung Küchenchefin Parvin Razavi mit ihrem jungen, vornehmlich weiblichen Team. Bild: Michael Koenigshofer

Unter den Sharing-Plates finden sich Mangalitzaschulter mit Szechuan-Pfeffer und Zwetschgen-BBQ-Sauce, eine Rübenvariation auf geröstetem Karottenpüree oder ein Miso-Sellerie. Generell ist ihre Karte sehr gemüselastig.

Ebenfalls von Frauen dominiert – mindesten im Namen – ist das «Wir sind Henriette Stadthotel». Das Haus der Gastgeber Verena Brandtner Pastuszyn und Georg Pastuszyn schreibt sich als das erste in Wien, dass sich den Prinzipien der Gemeinwohl-Ökonomie verschrieben hat und nach denselbigen auch bilanziert. Dahinter verbirgt sich ein Wirtschaftsmodell mit ethischen Ansprüchen, bei dem das Wohl von Mensch und Umwelt oberstes Ziel jeglichen Wirtschaftens ist. So steckt das Hotel voller Achtsamkeit und gegenseitiger Wertschätzung, denn für die Gastgeber stehen Menschlichkeit und Nachhaltigkeit an erster Stelle. Ganz selbstverständlich bezeichnet Verena Brandtner-Pastuszyn ihre Mitarbeiterinnen als «meine Heldinnen».

Ein familiengeführtes Hotel in Wien, das mehr zu bieten hat als ein bequemes Bett oder einen Balkon: Das Henriette Stadthotel ist ein Zuhause. Bild: hotelhenriette.at

Einen besonderen Charakter erhält das Wiener Stadthotel zudem durch seine illustrierte Gastgeberin Henriette, welche die Gäste durch das Haus und die ganze Stadt begleitet. Henriette zeigt sich nicht nur in einer Person, sondern in vielen verschiedenen. Sie repräsentiert die Rolle einer starken, modernen und emanzipierten Frau. So erscheint sie einmal klein, dann gross, mit langen oder kurzen Haaren oder im Business-Look.

Die E-Bikes stehen im Hotel Henriette bereit. Bild: hotelhenriette.at

Natürlich heisst sie nicht zufällig Henriette. Ihr Name geht zurück auf Henriette Strauss-Treffz, die erste Frau von Walzerkönig Johann Strauss Sohn. Sie wurde für den erfolgreichen Komponisten zur Managerin. Das Paar lebte ganz in der Nähe des Hotels. Womit wir wieder bei der Musik angekommen sind. Wen wunderts in Wien?