Karriere

Anschlussfähige Kommunikation heisst das Zauberwort, um Missverständnisse auszuräumen. Bild: Fotolia

«Kommunikation muss immer weitergehen»

Felix Frei

Am Arbeitsplatz sind Kommunikationsprobleme die Ursache vieler Missverständnisse. Was Chefs und Mitarbeitende besser machen müssen, darüber schreibt Psychologe Felix Frei.

Manchmal beschleicht einen das Gefühl, rund 99 Prozent aller Probleme zwischen Menschen seien Kommunikationsprobleme. Im Privaten genauso wie im Geschäft. Im Zusammenspiel zwischen Führungskräften und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gilt dies ganz besonders.

Vielleicht rührt das daher, dass die meisten Menschen ein verzerrtes Bild davon haben, wie die zwischenmenschliche Kommunikation überhaupt funktioniert. Sie bilden sich nämlich ein, klipp und klar gesagt zu haben, was sie meinten. Sie erwarten, dass ein normalintelligenter und nicht böswilliger Mensch, den sie damit angesprochen haben, glasklar verstehen müsste, was sie sagen wollten. Und sie sind überzeugt, dass sie sehr genau verstehen, was sie von diesem anderen Menschen gehört haben.

Dies sind krasse Fehleinschätzungen. Was immer an Worten aus unserem Mund kommt – gemeint haben wir viel, viel mehr. Nicht dass wir da irgendetwas zurückhalten oder verschweigen würden (dies manchmal zwar auch). Wir selbst sind uns gar nicht völlig bewusst, was wir alles meinen, wenn wir etwas sagen. Was das Verstehen angeht, spielt die gleiche Sache umgekehrt: Wir denken uns ganz Vieles zum Gehörten dazu und glauben, das hätte der andere so gemeint. Auch das ist unvermeidlich. In Wahrheit lesen wir alles, was uns andere kommunizieren, im Geiste unseres eigenen Denkens und auf dem Hintergrund unserer eigenen Erfahrungen. Das Denken und die Erfahrungen anderer – das deren Kommunikation ja prägt – bleiben uns ja weitgehend verschlossen.

Davon ausgehen, dass wir womöglich falsch verstanden wurden

Diese Schwierigkeiten sind nicht immer gleich gross. Wenn wir vereinbaren, in welchem Sitzungszimmer wir uns wann treffen, «verstehen» wir uns in der Regel recht gut. Wenn wir geschäftlich über Visionen und Strategien oder privat über unsere persönliche Philosophie und Glaubensüberzeugungen oder über Beziehungen reden, dann wird die Sache deutlich schwieriger. Missverständnisse sind die Regel, nicht die Ausnahme. Oft sogar dort, wo wir meinen, uns verstanden zu haben.

Wir sollten daher in der zwischenmenschlichen Kommunikation immer davon ausgehen, dass wir womöglich falsch verstanden wurden und dass wir womöglich falsch verstanden haben. Und daraus lässt sich nur eine Schlussfolgerung ziehen: Kommunikation muss einfach immer weitergehen. Der Ball muss im Spiel bleiben. Das bedeutet natürlich nicht, ewig zu reden und nie zu entscheiden und zu handeln. Sondern es heisst, auch nach einem Entscheid und während und nach einer Aktion die Kommunikation fortzusetzen, um sich stetig zu versichern, ob und wie man sich verstanden hat.

Und es bedeutet, mit anderen so zu kommunizieren, dass diese daran anschliessen können. Dass man also nicht mit einem letzten Wort oder mit grober Verletzung des anderen die Kommunikation abbricht. Anschlussfähige Kommunikation heisst das Zauberwort der Spezialisten. Es bringt zum Ausdruck, dass man sich weiterhin für den anderen öffnet und weiterhin an ihm interessiert ist.

Für Ihren Chef ist dies eine Pflicht Ihnen gegenüber. Für Sie ist es ebenso eine Pflicht Ihrem Chef gegenüber. Und auch mit allen anderen Menschen, die für Sie wichtig sind, sollten Sie es so halten.