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In einer Konfliktsituation muss man schon bereit sein, den Standpunkt des anderen überhaupt kennen zu lernen und zu verstehen. Bild: Fotolia

Konflikte müssen auf den Tisch

Felix Frei

Um einen Konflikt am Arbeitsplatz konstruktiv bearbeiten zu können, muss man sich klar werden, um was für einen Konflikt es eigentlich geht, schreibt Psychologe Felix Frei.

Friede, Freude, Eierkuchen – das ist manchmal schön. Doch auf Dauer gleicht es eher der Friedhofsruhe. Und normal wäre es ganz und gar nicht. Normal ist eher, dass man immer mal wieder Konflikte hat. Schlimm ist daran gar nichts. Schlimm wird es nur, wenn die Konflikte unter dem Deckel gehalten werden, statt auf den Tisch zu kommen, so dass man sie bearbeiten kann. Selbst wenn sie vielleicht schliesslich doch nicht gelöst werden können.

Den Konflikt ansprechen, das ist Sache dessen, der darunter leidet. Ob das der Stärkere oder der Schwächere, der Chef oder der Mitarbeiter ist, das ist egal. Mit dem Ansprechen ist der Konflikt natürlich noch nicht gelöst und aus der Welt. Ohne das Ansprechen jedoch wird er ein unkontrolliertes Eigenleben entwickeln, immer wieder stören, Energie kosten und Ärger – wenn nicht gar Wut – auslösen. Den Konflikt anzusprechen garantiert also noch keinen Erfolg, aber es steigert die Chancen dafür.

Geht es darum, wer das grössere Stück vom Kuchen bekommt?

Um einen Konflikt konstruktiv bearbeiten zu können, muss man sich klar werden, um was für einen Konflikt es eigentlich geht.

Ist es ein Verteilungskonflikt? Geht es darum, wer das grössere Stück vom Kuchen bekommt? Dann kann man Kompromisse machen. Oder man kann schauen, wie sich der Kuchen vergrößern lässt.

Ist es ein Bewertungskonflikt? Finden die Parteien nicht die gleichen Dinge oder Ziele wichtig? Dann braucht es zunächst eine Klärung der Werte und ihrer Hierarchie.

Ist es ein Beurteilungskonflikt? Streitet man über den Weg, obwohl man sich über das Ziel einig ist? Dann sollte man zunächst darüber reden, an welchen Kriterien man Lösungen oder Lösungswege beurteilen will und dann die strittigen Wege analysieren.

Ist es ein Beziehungskonflikt? Will ich einem anderen nur deshalb nicht entgegenkommen, weil der mein Erzfeind ist oder mich zumindest gekränkt oder übervorteilt hat, so dass ich mich nun revanchieren, also rächen, will? Dann sollte versucht werden, das persönliche Problem vom Sachproblem zu trennen.

Kompliziert wird diese Klärung der Art des Konflikts, wenn sich die Konfliktparteien selbst nicht im Klaren darüber sind, wie sie den Konflikt interpretieren, wenn sie zu unterschiedlichen Schlüssen kommen und dann noch dadurch, dass es vielleicht alle Beteiligten falsch einschätzen.

Wer nur auf (eigenen) Sieg und Niederlage (des anderen) aus ist, wird wenig zur Konfliktlösung beitragen. Man muss schon bereit sein, den Standpunkt des anderen überhaupt kennen zu lernen und zu verstehen. Man muss bereit sein, Hand zu bieten für Kompromisse. Man muss den Ehrgeiz haben, eine kreative Lösung zu finden, die allen etwas bringt.

Und manchmal muss man halt auch Hilfe holen. Einem Dritten ist es häufig leichter, mögliche Lösungen zu sehen. Hand dazu bieten müssen aber immer die Konfliktparteien selbst. Und zwar beide.