Karriere
So kämpfen Schweizer Reisebüros um Personal
Der Fachkräftemangel in der Schweizer Reisebranche ist nach wie vor akut. Die Situation sei immer noch herausfordernd, sagte Christina Renevey, Chefin von Travel Job Market, in einem Interview mit Travelnews. «Wir haben während der Pandemie sehr viele Talente an andere Branchen verloren.»
Jetzt suchen die Betriebe neue Wege, um auf dem Arbeitsmarkt talentierte Mitarbeitende zu finden und bestehendes Personal längerfristig an sich zu binden. Von den grossen Reiseveranstaltern übernimmt die Twerenbold Reisen Gruppe eine Vorreiterrolle. Ab dem kommenden Jahr stehen all ihren Mitarbeitenden sechs Woche Ferien zu (Travelnews berichtete).
Vergebliche Suche seit anderthalb Jahren
«Einfach weitermachen wie vor der Pandemie, ist keine Option», sagt Iwan Berger. «Wer als Arbeitgeber attraktiv sein will, muss mehr tun als früher.» Berger ist Inhaber der rilex AG mit fünf Filialen in der Zentralschweiz. Seit vergangenem Frühling gehört auch die Traumreisen AG in Sursee zu seinem Unternehmen. In seinen sechs Büros arbeiten insgesamt 37 Mitarbeitende.
Derzeit sind bei der rilex und Traumreisen 400 Stellenprozente zu besetzen. «Für die Filiale in Luzern suche ich seit anderthalb Jahren vergebens nach neuem Personal. Dort finde ich schlicht niemanden», klagt Berger. Er könne sich selbst nicht erklären, weshalb es ausgerechnet in der Stadt derart schwierig ist, die ausgeschriebene Stelle zu besetzen.
Als Erfolgsmodell hat sich das einjährige Praktikum für Quereinsteiger entpuppt, dass die rilex AG seit rund 15 Jahren anbietet. «Angestellte aus dem Detailhandel, Maler, Floristinnen – da sind alle willkommen, die ein Flair fürs Reisen haben», sagt Berger.
Im Praktikumsjahr sind die Mitarbeitenden fünf Wochen auf Studienreisen und an Weiterbildungskursen. Zudem stehen ihnen regulär fünf Wochen Ferien zu. Über die Hälfte des aktuellen Teams hat Berger über das Praktikum rekrutiert. Zwei ehemalige Praktikantinnen haben es bis zur Filialleiterin gebracht.
Mit diesen Benefits locken rilex und Traumreisen
Um auf dem Arbeitsmarkt bessere Chancen zu haben, hat Berger die Löhne erhöht. «Anders geht es nicht», so der rilex-Chef. «Es muss das Ziel sein, dass kompetente Mitarbeitende einen anständigen Lohn erhalten.»
Neben dem Lohn ist Berger auch eine gute Work-Life-Balance wichtig. Bei der Traumreisen AG in Sursee arbeitet man bei 100 Prozent während viereinhalb Tagen. «Am Sonntag und Montag ist die Filiale geschlossen», erklärt der Inhaber. «Zudem ist um 17 Uhr Feierabend, und sobald wir wieder in Vollbesetzung sind, haben die Mitarbeitenden jeden zweiten Samstag frei.»
Auch in den rilex-Filialen ist Berger bei den Arbeitsbedingungen über die Bücher gegangen. «Die Reisebranche als Traumjob – dieses Argument allein zieht längst nicht mehr», sagt er. In den rilex-Reisebüros stehen den Angestellten insgesamt sechs Wochen für Ferien und Studienreisen zu, jedoch darf die Studienreise-Woche auch als Ferien bezogen werden.
Berger versucht auf verschiedenen Wegen, an neues Personal heranzukommen. Er ist auf Social Media präsent und schaltet klassische Stelleninserate im Internet. Zudem arbeite er mit Travel Job Market zusammen.
All das reiche aber nicht, um an geeignetes Personal heranzukommen. «Es braucht ein gutes Netzwerk, Vitamin B und positive Mund-zu-Mund-Propaganda», sagt Berger. «Und wir müssen mit allen Mitteln versuchen, jene Reisebüro-Profis zurückzuholen, die die Branche während Corona verlassen haben.» Jetzt hofft der rilex-Chef, dass sich die Situation auf dem Personalmarkt etwas entspannt, damit er die offenen Stellen möglichst bald besetzen kann.
Was unternimmt Ihr Reisebüro, um für Stellensuchende attraktiv zu sein? Auf welchen Kanälen suchen Sie nach neuem Personal? Schreiben Sie uns auf redaktion@travelnews.ch